Sitzen zwei Australier im Nachtbus

(Die Unterhaltung findet in einer LautstĂ€rke statt, als lĂ€gen die Weiten ihres Gesamtkontinents zwischen ihnen und einem potentiellen Zuhörer und darum kommen wir nun den Genuß dieser Höhepunkte:)

 

Sagt der eine: “Weißt du, was meine beiden Lieblingsdrogen sind?” [Pause, ausreichend lang fĂŒr ein KopfschĂŒtteln und einen fragenden Blick. Dann die AufklĂ€rung:] “Die erste ist Bier. Die zweite Alkohol.”

Und nun, der Schönheit wegen im O-Ton:

Sagt der andere: “Wanna know my favorite German word?” [Pause, Dauer wie oben.] “It’s nonshalance. Stands for sobriety.”

(Habe ihn in dem Glauben gelassen.)

La vida andalusia

Andalusien macht das Ankommen leicht: es ist schon warm, als mein Flieger um 09:00 Uhr frĂŒh aufschlĂ€gt, ĂŒber den Tag wird es heiß, meine Winterhautton wechselt umgehend von fischbauchbleich zu natĂŒrlich und mir ist wohl.

Karin wohnt eine knappe Autostunde von Jerez de la Frontera in einem einsamen HĂ€uschen hoch auf dem HĂŒgel ĂŒber Algodonales, inmitten von (Klischee, aber was will man machen?) Kakteen, SchĂ€flein und OlivenbĂ€umen, mit Bick auf einen See, der sich nicht zwischen tĂŒrkis- und azurblau entscheiden will und das wunderschöne weiße Bergdorf Zahara de la Sierra, das heute – nach der Siesta, denn die heimischen BrĂ€uche mĂŒssen geachtet werden – zur Besichtigung ansteht.

In Algodonales hingegen feiert man seit Freitag den “Dos de Mayo de 1810”, den Tag, an dem die mutige BĂŒrgerschaft des Fleckens im spanischen UnabhĂ€ngigkeitskrieg der Belagerung durch napoleonische Truppen fĂŒr ganze zwei Tage standhielt. Das ganze Dorf ist BĂŒhne, viele tragen historische KostĂŒme (was bei den MĂ€nnern auf die noch heute beliebte Kombi aus enger dunkler Hose und weitem weißen und ja, erst ca. ab Brustmitte geknöpftem Hemd und bei den Frauen auf lange Walleröcke, SchnĂŒrleiber, weiße Bluse und HĂ€kelnetzchen im Haar herauslĂ€uft) und jeden Tag in diesen Festtagen wird der Durchbruch der Franzosen und der tapfere Widerstand der BĂŒrger wenigstens zwei Mal tĂ€glich nachgestellt. Gestern Nacht waren wir dabei, als die die Musketen krachten, die Franzosendarsteller extra böse und grausam die Dorfbewohnerdarsteller vor sich hertrieben, bevor diese sich nach weiterem lauten Geschieße, sehr schön spektakulĂ€r sterbend in den Staub ihrer Gassen warfen. Die wenigen Überlebenden wurden an Ketten gefesselt abgefĂŒhrt, nur das historische Niederbrennen des Dorfes fiel aus.

Danach traf man sich in einer der vielen Ventas auf der Dorfstraße, auf un, dos, tres Becheros vino tinto und tapas* (merke: eine tapa reicht lĂ€ssig fĂŒr zwei, auf keinen Fall platas bestellen, wenn weniger als fĂŒnf Menschen richtig Hunger haben), spielte in der Lotteriebude oder probierte sich durch KĂ€se oder gebackene Leckereien, kam noch in den Genuß einer Flamencodarbietung – ohne Tanz, dafĂŒr sehr tragischer Gesang; wer “Asterix in Spanien” vor Augen hat, ist nah dran am leidvollen Ayyyayyyayayhhh – und dann packte eine Ă€ltere Dorfbewohnerin ihr halbwĂŒchsigen napoleonischen Soldaten und deren kleinere Schwester im Amy-Look und verbrachte sie nach Hause, wĂ€hrend auf der Plaza die Party erst so richtig losging. Weil Karins HĂ€uschen in der schalltragend korrekten Windrichtung liegt, nehmen wir an, dass die Fiesta gegen 5:00 Uhr heute frĂŒh etwas nachgelassen haben muß. Kann aber auch sein, dass die Musik vom Blöken der Schafe (entweder mehrere Mutterschafe in den Wehen oder Hammel mit schweren Verdauungsstörungen) oder dem “Ich-sehe-den-Sonnenaufgang-als-erster”-GeplĂ€rre der hiesigen MeldehĂ€hne ĂŒbertönt wurde. Wir werden nach der Siesta nachsehen gehen. Vielleicht. Ist es alles nicht so wichtig und das Leben eher langsam…

* Zur Feier des Tages gabs das historische Gericht “Omas Leber vom Grill” (Asadura de la Abuela); ich probiere ja immer alles, aber nach zwei Bissen wußte ich es sicher: dicke Brocken Leber einer nach einem langen fruchtbaren Leben an AlterschwĂ€che verendeten Kuh ungewĂŒrzt in reichlich Olivenöl gut durchgebraten wird nicht zu meinen Leibspeisen werden. Die beiden hiesigen Haushunde fanden das gut.

Nachtrag: Eben kam Nachbar Juan vorbei, um zu berichten, dass ein Mutterschaf heute Nacht von Zwillingen entbunden hat – da kann man das Geblöke verstehen. Zwilling 1 bleibt bei der Mutter, Zwilling 2 wird eine just abgestillt habende Ziege in der Nachbarschaft als Amme zugeteilt.

Bags packed, ready to go

Und bevor es irgendwann mal anders wird, singe ich noch ein schnelles Loblied auf Europa: KEINE FremdwĂ€hrung zusammensuchen (obwohl ich sogar bestimmt noch irgendwo ein paar sehr historische Pesetas hĂ€tte), KEINE gelben Sticker in die Einreisestempel- und die Visumseite im Reisepaß kleben, KEINE langen Wartezeiten an der Immigration einplanen, einfach nur noch mal nachschauen, ob der Personalausweis wie sonst auch immer im Geldbeutel liegt, fertig.

¥España, yo venga!

Lehrplan

azubi

Kinder unterrichten wir dann im 2. Lehrjahr, die Ausbildung fĂŒr Frauen im gebĂ€rfĂ€higen Alter ist erst in der gehobenen Laufbahn vorgesehen.

Oder wie?

(In dem Bild ist noch ein Schmankerl versteckt. Wer’s findet, darf’s behalten.)

Frag ein Klischee

Ach MĂŒnchen,

ich komme zurĂŒck auf deine Anfrage, ob du wie jedes auch dieses Jahr wieder eine Chance auf den ersten Platz hast? Sind wir bang, bloß weil Bayern einmal gegen Atletico verliert? Was ist denn das fĂŒr eine Frage?

Keine Sorge, wer sich einen örtlichen Fußballverein mit einem Fanclub namens “Schickeria Ultras” hĂ€lt, der die U-Bahn-Stationen mit Aufklebern vom Konterfei Che Guevaras in den Vereinsfarben und dem Claim “Ready for a Revolution” zupflastert, der ist schon allein damit konkurrenzlos.

Kannst dir das 2016er-Klischeeschleiferl bei Gelegenheit abholen, Preisverleihung machen wir keine mehr. Ist doch eh jedes Jahr dasselbe.

ZurĂŒckgezogene GrĂŒĂŸe.

Deutschwort

Altlandrat

Man sieht ihn förmlich vor sich, behÀbig und beleibt, mit Schnauzbart, Meerschaumpfeife und Trachtenjanker. Und Hut.

Ein Altlandrat trÀgt Hut.

Drauß’ vom Walde

Schwer gebeugt schnauft der Kollege aus dem Lager im mein BĂŒro und verkĂŒndet: “Frau F., ich habe einen Sack aus der Schweiz fĂŒr Sie” und ganz knapp bevor meine Innere Alice die Chance hat, sich zu einer Anti-Macho-Schimpftirade aufzuschwingen, lĂ€ĂŸt er ihn fallen, den Sack aus dickem unkaputtbaren Knisterkunststoff in AugenschmerzgrĂŒn.

Naja gut, Ă€h… HĂ€h? Ich stehe dazu, ich halte den Online-Welthandel mit hĂ€ufigen Bestellungen in Schwung und ich erinnere mich, gerade bei lĂ€ngeren Lieferzeiten, nicht immer gleich an jeden Kauf – aber wenn ich einen Baum bestellt hĂ€tte oder Leichenteile oder sowas, das wĂŒĂŸte ich. Was hat man mir da geschickt? Weil Curiosity nicht nur ein Mars-Rover und Katzentöter, sondern auch mein Mittelname ist, greife ich beherzt zur Schere und fange an, Kabelbinder und Plomben aufzusĂ€beln. Einen, zwei, drei, fĂŒr den besonders widerborstigen vierten brauche ich ernsthaft eine Zange und schon ist er offen, der fast fraushohe Sack aus dickem unkaputtbaren Knisterkunststoff in AugenschmerzgrĂŒn und enthĂ€lt – Tuschschmetterta-daah einen Pappkarton, ca. schuhkartongroß (GrĂ¶ĂŸe 47). Ich habe keinen großen Pappkarton bestellt. Nie im Leben! Hmmm. Und ganz bestimmt keinen, der mit einer Auswahl verschiedenster Klebestreifen in allen Farben und StĂ€rken zum Hochsicherheitstraktkarton geadelt wurde. Was ist das bloß?

Ticken tut das PĂ€ckchen nicht. Das ist doch schon mal gut, oder? Luftlöcher scheint es vor diesen Klebeexzessen auch nicht gehabt zu haben. Das? Das ist auf jeden Fall gut. Jetzt will ich es wirklich wissen, also auf sie mit… nein, GebrĂŒll ist nicht obligatorisch. Teppichmesser muß reichen. Ich ritsche, ich ratsche, ritsche mehr, ratsche noch ein wenig und lege eine Lage Packpapier frei. Seit ich seinerzeit beim Auspacken meines Hausstandes herausfinden mußte, dass die amerikanischen Packmen das Gewicht der Fracht um mindestens ein Drittel gesteigert hatten, nur mit lagenweise und noch mehr Packpapier, möchte ich jetzt lösen: der Karton kommt aus Amerika. Richtig?

Richtig. Und wie richtig! Aus den vielen Lagen berge ich ein Taschenbuch. Das Buch, dessentwegen sich ein Freund aus Kalifornien Anfang Februar ein wenig enttĂ€uscht erkundigt hatte, ob mir sein Ende November auf den Postweg gebrachtes Weihnachtsgeschenk vielleicht nicht gefallen habe und wegen dessen Nichtzustellung wir beide sehr sauer auf die Schlamper von USPS waren. Seitdem hat er einen Nachforschungsauftrag laufen. Schade, dass das BĂŒchlein nicht selbst erzĂ€hlen kann, wer aller es aus welchen GrĂŒnden immer mal durchgeblĂ€ttert und dann an irgendwen anderen weitergeschickt hat… Der Karton scheint in Alabama gestartet zu sein und war mindestens in Wisconsin und Illinois, der Sack trĂ€gt unter anderem Aufkleber aus ZĂŒrich, Augsburg und dann final destination GrĂ€felfing.

Ich kann nur vermuten, dass irgendwer Anna Wierzbickas Buch mit dem Titel “Imprisoned in English: The Hazards of English as a Default Language” fĂŒr potentiell subversive LektĂŒre gehalten und Entwarnung gegeben hat, als er herausfand, dass es nur um Linguistik geht.

Glaubt mir, Christen: Die Wege der Post sind viel viel unergrĂŒndlicher als alles, was ihr zu bieten habt.

Autocomplete? Autokomplott.

Frau bereitet sich auf ihren vier (4) Arbeitstage langen Urlaub vor und darum frage ich heute beim Kollegen an, wann ich denn das schon lÀnger zugesagt Dokument endlich bekomme. (Will ja mit meinem Zeug auch mal fertig werden.)

Die Antwort, offensichtlich mit zwei Daumen im Rennen getippt: “Msste ixc haben. Nach meiner Röckkehr schaurig nach.”

Weltnachrichten

War ja wirklich nett vom Kollegen, den Herrschaften bei Spiegel Online ein paar Souvenirs aus Oregon mitzubringen; wenn ich mir ihre heutigen Schlagzeilen so ansehe, muss es sehr guter Stoff gewesen sein.

Sie lassen aber auch nichts aus. Nach Drogenfund – Beck bekommt neuen Posten, wahrscheinlich als Drogenhund, allerdings mit der Auflage Wir schnĂŒffeln nicht beim Russen und wohl auch bei der russischen Raumfahrt, denn siehe, Putins Weltraumbahnhof hat ein Problem. Nebenher enthĂŒllen sie ihre Liebe zum Tier an sich, denn wo frĂŒher der Bock noch eine Karriere als GĂ€rtner vor sich hatte, soll heute der Hund die Fleischtheke bewachen und außerdem aufpassen, dass alles glatt geht, wenn Nacktschaf kriegt WolljĂ€ckchen und Schwule Geier brĂŒten Ei.

Wie meinen? Ja genau, heute war der Tag, wo der Begriff Er hat die Intelligenz eines Aschenbechers geprĂ€gt wurde. Wie man aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen hört, arbeitet Spon an einer Petition, den ‘Tag der Schwachsinnigsten Überschriften’ als Feiertag in den Kalender aufnehmen zu lassen. Den Kater möchte ich morgen nicht haben…