La vida andalusia

Andalusien macht das Ankommen leicht: es ist schon warm, als mein Flieger um 09:00 Uhr früh aufschlägt, über den Tag wird es heiß, meine Winterhautton wechselt umgehend von fischbauchbleich zu natürlich und mir ist wohl.

Karin wohnt eine knappe Autostunde von Jerez de la Frontera in einem einsamen Häuschen hoch auf dem Hügel über Algodonales, inmitten von (Klischee, aber was will man machen?) Kakteen, Schäflein und Olivenbäumen, mit Bick auf einen See, der sich nicht zwischen türkis- und azurblau entscheiden will und das wunderschöne weiße Bergdorf Zahara de la Sierra, das heute – nach der Siesta, denn die heimischen Bräuche müssen geachtet werden – zur Besichtigung ansteht.

In Algodonales hingegen feiert man seit Freitag den “Dos de Mayo de 1810”, den Tag, an dem die mutige Bürgerschaft des Fleckens im spanischen Unabhängigkeitskrieg der Belagerung durch napoleonische Truppen für ganze zwei Tage standhielt. Das ganze Dorf ist Bühne, viele tragen historische Kostüme (was bei den Männern auf die noch heute beliebte Kombi aus enger dunkler Hose und weitem weißen und ja, erst ca. ab Brustmitte geknöpftem Hemd und bei den Frauen auf lange Walleröcke, Schnürleiber, weiße Bluse und Häkelnetzchen im Haar herausläuft) und jeden Tag in diesen Festtagen wird der Durchbruch der Franzosen und der tapfere Widerstand der Bürger wenigstens zwei Mal täglich nachgestellt. Gestern Nacht waren wir dabei, als die die Musketen krachten, die Franzosendarsteller extra böse und grausam die Dorfbewohnerdarsteller vor sich hertrieben, bevor diese sich nach weiterem lauten Geschieße, sehr schön spektakulär sterbend in den Staub ihrer Gassen warfen. Die wenigen Überlebenden wurden an Ketten gefesselt abgeführt, nur das historische Niederbrennen des Dorfes fiel aus.

Danach traf man sich in einer der vielen Ventas auf der Dorfstraße, auf un, dos, tres Becheros vino tinto und tapas* (merke: eine tapa reicht lässig für zwei, auf keinen Fall platas bestellen, wenn weniger als fünf Menschen richtig Hunger haben), spielte in der Lotteriebude oder probierte sich durch Käse oder gebackene Leckereien, kam noch in den Genuß einer Flamencodarbietung – ohne Tanz, dafür sehr tragischer Gesang; wer “Asterix in Spanien” vor Augen hat, ist nah dran am leidvollen Ayyyayyyayayhhh – und dann packte eine ältere Dorfbewohnerin ihr halbwüchsigen napoleonischen Soldaten und deren kleinere Schwester im Amy-Look und verbrachte sie nach Hause, während auf der Plaza die Party erst so richtig losging. Weil Karins Häuschen in der schalltragend korrekten Windrichtung liegt, nehmen wir an, dass die Fiesta gegen 5:00 Uhr heute früh etwas nachgelassen haben muß. Kann aber auch sein, dass die Musik vom Blöken der Schafe (entweder mehrere Mutterschafe in den Wehen oder Hammel mit schweren Verdauungsstörungen) oder dem “Ich-sehe-den-Sonnenaufgang-als-erster”-Geplärre der hiesigen Meldehähne übertönt wurde. Wir werden nach der Siesta nachsehen gehen. Vielleicht. Ist es alles nicht so wichtig und das Leben eher langsam…

* Zur Feier des Tages gabs das historische Gericht “Omas Leber vom Grill” (Asadura de la Abuela); ich probiere ja immer alles, aber nach zwei Bissen wußte ich es sicher: dicke Brocken Leber einer nach einem langen fruchtbaren Leben an Alterschwäche verendeten Kuh ungewürzt in reichlich Olivenöl gut durchgebraten wird nicht zu meinen Leibspeisen werden. Die beiden hiesigen Haushunde fanden das gut.

Nachtrag: Eben kam Nachbar Juan vorbei, um zu berichten, dass ein Mutterschaf heute Nacht von Zwillingen entbunden hat – da kann man das Geblöke verstehen. Zwilling 1 bleibt bei der Mutter, Zwilling 2 wird eine just abgestillt habende Ziege in der Nachbarschaft als Amme zugeteilt.

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