Opium ist Opium fürs Knie

Vom Schlafentzug gebeutelt, mußte ich gestern El-Vielzufrühaufsteher-Knie beim Doc verpetzen. Der murmelte was Beruhigendes, sperrte den Schrank mit den BtMG*-kontrollierten Substanzen auf und überreichte mir ein paar Oxies, “weil wir uns doch von einem Knie nicht vorschreiben lassen, wann die Nacht zu Ende ist”.

Genau. Gestern Abend ein winziges hellblaues Oxy eingeworfen, geschlafen wie ein Bär. Um 3:30 Uhr heute früh hat El Knie kurz gezuckt, sich umgesehen, ein bißchen geshuffelt**, aber niemanden zum Spielen gefunden und sich dann brav wieder hingelegt. Geht doch. Mir scheint, El Neuknie hat ein Drogenproblem…

 

* BtMG = Betäubungsmittelgesetz

** Knieübung: Fußsohlen aufstellen, Knie im Wechsel anziehen und wieder strecken.

Du weißt, du bist in einer Reha-Einrichtung, wenn…

  • Der Fall des verschwundenen Waschlappens eine Gruppe größer eine Person beschäftigen kann
  • es schon als Ereignis zählt, in der 3 x wöchentlich von 8-12 geöffneten Dependance eines lokalen Sanitätshauses einen Stützstrumpf angemessen zu bekommen
  • das vorhergehende Event noch getoppt wird, weil du ebendort ein Paar orthopädischer Schuhe anprobierst
  • du dich bei dabei ertappst in Erwägung ziehen zu wollen, eine der angebotenen Bastelgruppen zu besuchen (Perlenschmuck für Anfänger, Bezaubernde Schlüsselanhänger aus Filz, Aquarellmalen für Laien, Mein schönes Heim – Dekoideen außerhalb der Saison)
  • deine Ansprüche so derart gesunken sind, dass du sehr drüber lachen kannst, wenn dir die Autokorrektur statt Quarkwickel Quarter wicked vorschlägt (und dein Gehirn umgehend eine verschlagene 25 Cent -Münze projiziert)
  • deine Theorie, dass Raucher viel schneller genesen, weil sie ja zum Rauchen raus und sich bewegen müssen auf große Zustimmung stößt. In der Raucherecke
  • du auf alle Beipackzettel pfeifst und dir denkst, dass einmal ein Alkohol schon geht und zur Strafe der Hugo mit Trockenminze (gut für Hustenreiz), extra sauren Zitronen sowie fürs Blubber dem wilden Classic Mineralwasser aus der Adelholzener Heilquelle angerührt wird
  • du wieder feststellst, dass Gelenkgenesung nur mit Zunge geht (s. https://flockblog.de/?p=22804)

Fortsetzung folgt.

Mittwochsbulletin #2

El Knie waren heute indisponiert. Heiß und geschwollen, mäkelig, auf Randale gebürstet, quengelig und unausgeschlafen. (Kunststück. Wer will denn hier um 3:00 Uhr früh immer Action?) Wollte dies und das nicht, hier aua und da tuts weh und nein, nicht rumlaufen, nein, auch nicht hinsitzen. Nein, nein, nein! Bei Frau Horror ordentlich rumstrebern, das war noch okay, aber dann ging das Gemotze wieder los.

Bis nachmittags hab ich nach einer Lösung gesucht und es erst mal beschwichtigt: „Wir haben doch heute eh nur zwei Anwendungen“, hab ich gesagt „und für die eine bist du doch schon gelobt worden und die andere ist passiv. Alles nicht so schlimm, oder? Und dann könnten wir einen Mittagsschlaf…“ „Nein, nein, nein!“ Nein, nicht schlafen, aber auch nicht rumlaufen, nein, auch nicht hinsitzen. Nix! Nein! Will nicht! Wenn ein Knie die Luft anhalten könnte, ich schwöre, es wäre vor lauter Trotz blau angelaufen.

Ja, und dann habe ich es ausgetrickst. Einem Trainer war aufgefallen, dass ich so gerne im Wasser turne und er hat mir angeboten, als Gast an einer IRENA*-Stunde teilzunehmen. Wie El Knie das mitkriegt, wollte es auf der Treppe ins Becken gleich mal gar nicht mehr und ganz ekelig steif sein, aber da waren wir schon im Wasser und sind auf Weisung storchgegangen und spatzgehüpft und entengewatschelt und auf einmal war El Knie voll bei der Sache, gut drauf, hat sich königlich amüsiert, ist jetzt vitalisiert und trotzdem abgekühlt und es außerdem nicht gewesen.

Sieht aus, als würden wir noch viel Spaß miteinander haben, El Neuknie und ich.

 

* Das ist eine Maßnahme der Deutschen Rentenversicherung, steht für “Intensivierte Rehabilitationsnachsorgeleistung” und bedeutet 24 Einheiten zusätzlicher Physiotherapie im Anschluß an einen Rehaaufenthalt bzw. eine Anschlußheilbehandlung, damit der Proband recht schnell wieder vollwertiger Beitragszahler und nicht etwa Leistungsempfänger wird.

It’s the Internet, Stupid!

Grad überlege ich noch an einem blogpost nach dem Motto “Du weißt, du bist in einer Reha-Einrichtung, wenn…” umeinander, und hätte da als einen der ersten Punkte genannt, “…deine W-Lan-Verbindung dich (dem Therapieziel abträglich) bei jeder Benutzung zur Weißglut treibt, weil sie ständig zusammenbricht und du aus reinem Selbstschutz Gehirnjogging machst und dir Usernamen (13 Zeichen) sowie Passwort (5 Zeichen) ganz schnell merkst”, da geht dieses Muster an Instabilität vollends in die Knie und als ich dies an der Rezeption moniere, erfahre ich, dass “dr Mo vo dr IT (deutsch, bzw. bayerisch ausgesprochen: I wie Ida und T wie Theodor) kummt, glaab i, am Freitag rei – oder a ned, zwengs am Feierdoog”.

Wie gut, dass die kluge Frau vorsorgt und ein Handy mit unbegrenztem Datenvolumen dabei und daheim sicherheitshalber schon einmal Hotspot einrichten und verbinden geübt hat.

Phhh, du Heilnetz. Du kannst mich mal. Das gilt übrigens auch für Fön Nr. 25, der nach zwei Mal ein bißchen warme Luft aushusten vermittels einer funkensprühenden Steckdose Selbstmord begeht. Dann nehme ich eben wärmeres Wetter und Lufttrocken… Wie gesagt: Phhh!

Mittwochsbulletin #1

Soeben Gangschule III unter Klassleitung von Frau Horrer (Hausname “Der Horror”) summa cum laude abgeschlossen und zur Belohnung das Häuflein Siecher und Lahmer treppauf und -ab durchs Haus anführen und noch vierdreiviertel Ehrenrunden um den künstlichen Felsen drehen dürfen, bis endlich alle wieder am Ausgangspunkt angekommen waren.

Streber halt.

(Heute in einer Woche kommt der Transport und bringt mich wieder heim.)

Da schau her

Wie ich eben in der Krüppelklasse erfahren habe, kann der Mensch sechs bis zwölf Wochen post-OP Golf spielen und – von Schwarzen Pisten einmal abgesehen – Ski fahren.

Da bin ich aber mal gespannt.

A good day to die (mindestens)

Ja. Ich weiß. Jede/r sagts einem. Ständig. Genesung ist kein linearer Prozeß und manchmal gibt es Rückschläge. Aber trotzdem. Hätte mein Neuknie nicht eine Ausnahme sein können?

Jetzt sind wir jeden Tag mit großen Schritten vorangeschritten (literally) und liegen statistisch lässig im oberen Viertel der möglichen Heilgeschwindigkeitsprognosen und dann kommt so ein Tag wie heute nach einer Nacht wie der letzten, an dem mir nun schon der zweite Therapeut in Folge erzählt, dass wirs nicht übertreiben sollen und uns schonen und langsam tun und unter Zwang gar nix vorwärts geht. Menno! Mog ned.

Angebot zur Güte: ich leg mich jetzt am hellen Vormittag eine halbe Stunde hin, das Knie kriegt eine Quarktasche* und danach reden wir einfach nicht mehr über Stagnation oder gar Rückschritt. Okay?

* s.u.

Quarkwickel

 

Grand Cru

Hier in der Heileinrichtung fangen die Unworte mit “Krü” an. Krüppel ist ganz böse und darf nicht gesagt werden, auch nicht im Spaß und nicht über einen selbst. Ebenso weit vorne auf der “Verbotten”-Liste stehen Krücken, denn das sind im Heilpolitkorrektsprech Gehhilfen; auf die Verwendung des Begriffes Krückenkrüppel steht vermutlich Heilheimverweis. Die Bronze-Medaille geht an Krümmung, die ist nämlich in den meisten Fällen erst durch erschwerte Trainingsmaßnahmen erhältlich und wird vor Erreichung des Zieles nicht erwähnt oder allenfalls in freundlichen Gradzahlen umschrieben.

Hab mich nicht getraut nachzufragen, wie’s um Krümelmonster oder Krügerrand bestellt ist. Sind aber wahrscheinlich auch nicht erwünscht.

Treffen sich zwei Windsbräute

Fragt die eine: “Na, wie war euer Junggesellinnenabschied gestern?”

Sagt die andere: “Frage nicht – wir sind die ganze Nacht um die Häuser gezogen und ich Depp hab heute noch Dienst am letzten Loch…”

 

Anm. der Autorin: es handelt sich hier um einen authentischen Ohrenzeuginnenbericht, weil’s letzte Nacht nicht das Neuknie gebraucht hat, um mich wachzuhalten und ich drum die Damen Wind und Sturm in aller bayerischen Herrgottsfrüh auf dem Balkon belauschen konnte.

So ein wunderschöner Tag

– und als Zuckerl schon um drei Nachmittags Therapieschluß und lieber Besuch aus München mit frischen Unterhosen als Mitbringsel. Und dann zusammen Sonnenbankerl sitzen und Biergarten gehen und den lieben Gott einen ganz ganz guten Mann sein lassen. Scho sche, sowas.

(Der Schnee, der morgen kommen soll, ist doch hoffentlich nur ein Gerücht. Nach so einem herrlichen Tag will doch keiner mehr schneien. Kann doch wirklich keiner mehr schneien wollen. Oiso blei’mlassen!)