Beileistenbleiben

Meine Springbackform ist seit dem Rückzug verschollen und weil man sowas wirklich immer mal brauchen kann, trifft es sich doch ganz gut, dass gleich am ersten Standerl beim Kirchenflohmarkt ein funkelniegelnagelneues Modell auf eine Käuferin wartet. Bevor ich zugreife, schaue ich mich erst einmal um und finde noch was saumäßig praktisches aus Silikon (ich liebe Küchenzeugs aus Silikon) sowie eine Reiskugel, von der ich gar nicht weiß, wie ich bisher ohne ausgekommen bin. Damit habe ich eine nette Auswahl für einen zukünftigen package deal zusammen, schalte in den Basarmodus und steige in die Verhandlung ein. “Was, gute Frau, wollt Ihr für die Backform haben?” Sie nennt einen Preis nah am Ladenverkaufspreis und ich pariere damit, dass ich nicht mehr als 2,00 Euro für das Ding ausgeben wollte, was sie mit “Sie miaßten mindestens Zwoafuffzig zoin” kontert, worauf ich, die Backform in der Hand haltend (das ist beim Flohmarkt das Äquivalent für “ich habe ein verbindliches Angebot angenommen und erwäge den Kauf”), mit den Worten “schau mir mal, auf welchen Preis wir kommen, wenn ich mehr nehme” damit beginne, die anderen Teile aus meiner vorher getroffenen Auswahl zusammenzutragen. Derweilen erkundigt sich eine andere prospektive Kundin nach dem Preis der Backform, bekommt wieder den nah am Ladenverkaufspreis-Preis genannt, akzepiert und mir wird die Form entrissen und fast schon triumphierend an die Mehrbietende verkauft.

Ich bin natürlich entrüstet und unter Protest abgezogen und habe das Angebot der anderen Stände keines weiteren Blickes gewürdigt, frage mich aber seitdem: Haben die Damen des katholischen Gesangsvereins einfach keine Ahnung von den gängigen Flohmarktregeln oder sind sie schlichtweg qua Religion so dermaßen skrupellose Geschäftsfrauen? Sollten diese Weiber nicht besser bei ihren Hymnen bleiben? Oder ist es ganz anders und Anti-Kruschtella, die Göttin, in deren Zuständigkeitsbereich der Füllgrad von Wohnungen liegt, hat ihre schützende Hand über mich gehalten? (Unter Einsatz fremden Bodenpersonals, aber das haben die wahrscheinlich nicht mal bemerkt.)

Ja dann. Danke, Frau Göttin, stehe ich halt weiter einem Haushalt ohne Springbackform und Reiskugel vor. Hat die letzten hummppfzich Jahre ja auch funktioniert.

Dear Sir Winston!

Es gibt Tage, an denen sich die tiefe Weis- und Wahrheit Ihrer wohl berühmtesten Zweiwortmaxime aufs trefflichste offenbart.

Nehmen wir doch den heutigen, ganz spezifisch den überaus schwülen Sommerfreitagnachmittag, an dem sich im gut aufgeheizten Quälmaschinenraum mit langer Fensterfront zur Westseite ein an einer Hand plus einem Daumen abzählbares Häuflein Menschen, aus gleichen Teilen zusammengesetzt aus schwer bis leicht übergewichtigen Damen mittleren Alters in locker-flattriger Habs-nicht-so-mit-Sport-Kleidung sowie präpotenten Tattoo-Jungmännern mit osteuropäischem Migrationshintergrund, in in jede Richtung tief dekolletierten Muscle-Shirts und halblangen beuligen auf Hüfte geschnittenen Cargohosen, Schweißsturzbäche absondernd und pornokompatibel keuchend an den Geräten plagt.

Ich schwöre, es hat gezischt wie Tiefkühlfritten in heißem Fett, als ich anschließend zur letzten der fünf heutigen Trainingseinheiten ins Bewegungsbad eintauchte. Und ich habe dabei die ganze Zeit nur an Sie gedacht, Sir Winston. “No”, hab’ ich gedacht, “No effing Sports! It’s nothing but Blood, Sweat and Tears!”

Ich bin halt einfach mehr der Sunshine-Lollipops-and-Rainbows-Typ…

Gestern in der Unterfahrt

hat der sehr geschätzte Bastien Rieser (s. https://flockblog.de/?p=30532) mit Bravour seine Abschlußprüfung abgelegt – und weil er Musiker ist mit einer Band und vor Publikum. Schee wars. Dem gönne ich von Herzen jedes Stipendium, das neueste ist eines für das Berklee College of Music in Boston. Ist nur schade, dass man ihn dann in München nicht mehr so oft hören wird. Wer noch kann, nutze die Gelegenheit. Mehr auf https://www.bastienrieser.com/sound/.

Alles Käse

Weil ich heute Abend zum Grillen eingeladen bin, denke ich mir, “bring ich doch was Feines mit”. Wer hätte denn damit rechnen können, dass der Grillkäse GlutGut (oh mei) nur am Strand und offensichtlich nur an Menschen norddeutscher Herkunft mit einem sehr seltsamen Sinn für Humor serviert werden darf?

Kaese

Twin Peaks – Season 3, Episode 1

Dear David Lynch,

ich bin ein Fan. Ihrer Filme und Ihrer Serie Twin Peaks. Erst neulich habe ich mich mit einem Generationsgenossen wieder darüber unterhalten, wie wir damals, vor über 25 Jahren in den Zeiten vor Videorekorder oder – Gott behüte – Streaming, einen festen Abend pro Woche hatten, an dem wir mit ausgestecktem Telefon (ja, das war auch noch pre-Handy) auf ORF1 (ja, österreichisches Fernsehen gabs damals noch für umme im grenznahen Bereich und ja, München zählte dazu) für jede Folge vor dem Fernseher klebten und gar nicht fassen konnten, was Sie uns da vorsetzten in Ihrer spinnerten Geschichte um den Mord an einer jungen Frau in einer kleinen Stadt. Wir haben Ihnen ja sogar geglaubt, dass man in Amerika guten Kaffee kocht. (http://bit.ly/1DGxmIT)

Und nun, ein Vierteljahrhundert später also die dritte Staffel. Dass ich beim Anschauen des fast zweistündigen Piloten irgendwo in der Halbzeit eingeschlafen bin, mag mannigfache Gründe haben, ich hatte an dem Tag ein volles Reha-Sportprogramm absolviert, es war recht warm und schon recht spät. Aber jetzt, wo ich die ganze Folge gesehen und mich dabei ertappt habe, wie ich nebenher auf dem Handy herumdaddele und e-mails und Zeitung lese, bin ich auf die eigentliche Ursache gekommen. Dieses wirre Hin- und Hergespringe zwischen Orten und Zeitebenen, das Fischgrätparkett, die roten Samtvorhänge und die seltsam sprechenden Freaks, Bäume und Schattenwesen: es interessiert mich nicht. Schlimmer noch: es langweilt mich. Dass alle Darsteller mehr oder minder gut gealtert wieder am Set sind und Kyle McLachlan das Haar jetzt lang und den Teint bronzen trägt und von korrekt zu Killer mutiert ist (Dennis Hopper läßt grüßen), trägt höchstens für ein paar Minuten, aber doch nicht für zwei Stunden und schon gar nicht für eine ganze Staffel.

Wissen Sie, Herr Lynch, weil Sie David Lynch sind, gebe ich Ihnen und mir noch eine Folge. Und ich werde mich hüten, die alten anzusehen. Nicht, dass deren Zauber dann auch verflogen ist.

Sprachverwirrung

Handy, Mobbing, Fitness-Studio, Evergreen, Beamer und alle anderen Mitglieder der großen Familie der Pseudo-Anglizismen haben, wie ich jüngst einem großen Plakat in der U-Bahn entnehme, wieder Zuwachs bekommen, nämlich die “Pain Nurse”. Und genau wie die anderen Begriffe ist auch dieser wieder knapp daneben – der Angelsachse würde unter dieser Berufsbezeichnung eher jemanden vermuten, der professionell Schmerzen zufügt und nicht etwa jemanden, der dabei hilft, sie unter Kontrolle zu halten, so wie es bei ihm daheim die “Pain Management Nurse” tut.

Dann aber lese ich weiter und erfahre, dass die Dame nicht nur eine Schmerzensschwester ist, sondern auch erfolgreich eine Ausbildung im “Wundmanagement” absolviert hat. Jetzad. Da hat wohl wer beim Eindeutschen das Management verschoben. Warum bloß bzw. WTF?

Summertime

Meine Definition von Sommerglück sind lange Tage am Badesee mit viel Zeit im Wasser, unterbrochen von gelegentlichen Mahlzeiten und langen Lektüreeinheiten. Weil El Knie aber noch ein Anfänger in der Disziplin Von-der-Decke-in-den-senkrechten-Stand-kommen ist, habe ich mich bis dato dieses Jahr noch in Verzicht üben müssen. Frau möcht ja nicht an den Boden gepinnt sein und erst zu einem Baum robben müssen, auf dass der ihr hochhelfe.

Habe dieses Thema beim letzten Training mit meiner Physiotherapeutin aufs Tapet gebracht. Wir haben eine Möglichkeit gefunden, die eine Art ausdrehender Schraube involviert und dann – ganz kurz – mutiges mit dem heilenden Knie den Boden touchieren. Der Weg dahin war allerdings kein leichter: wir können nämlich beide nicht abstrahieren, wie am eigenen Körper anzuwenden sei, was jemand gegenüber vormacht. Haben wir uns halt in der kleinen Behandlungskabine nebeneinander gequetscht (ging ganz einfach, sie trägt Konfektionsgröße 32. Maximal.) und wupps hatte sie das Problem und anschließend ich die Lösung verstanden.

Now lifting is easy. Badesee(n) – ich komme!