Universales Gesetz Nr. 1

Über seine Hintergründe weiß man nichts genaues. Es gibt Spekulationen, dass es sich um den mißratenen Sproß einer Gußeisenpfannendynastie handeln könnte, dies ist aber genauso wenig belegt wie das Gerücht, er sei Erfinder. Oder Astronaut.

Sicher ist nur eins: er hat seine Nische gefunden und die Welt mit Fabriken überzogen, in denen leichtgewichtige, unebene Pfannen mit unregelmäßig gemaserter Beschichtung hergestellt werden. Mitarbeiter des Monats darf sich in seinen Produktionsstätten der nennen, dem es gelingt, den gefahrverheißendsten wackeligesten Griff anzutackern. Vertrieben werden diese Bratpfannen exklusiv an Ferienwohnungsausstatter. Überall auf der ganzen weiten Welt.

Das hat er super hingekriegt, der Teflonrächer.

Blinder Passagier

Ich stehe nicht gern im Rampenlicht, schon gar nicht, wenn ich, wie alle anderen längst angeschnallt und heimkehrbereit, vor einem schon etwas verspäteten Flug aufgerufen werde, mich bei den Flight Attendants zu melden. Also hurtig aus der vorletzten Reihe nach vorne gejoggt, wo man mir in Hörweite der anderen Passagiere mitteilt, man müsse den Barcode auf meinem Boardingpass noch einmal scannen und sobald ich dem Herrn im feinen Tuch vor die Flugzeugtür auf den Treppenabsatz gefolgt bin, er mir mit gesenkter Stimme sagt, dass mein Koffer vibriere. Ich möge doch bitte nach unten gehen, und, was immer es sei (schiefes Grinsen) ausschalten, damit wir losfliegen können.

Der erste Gedanke, der mir durch den Kopf schießt, ist, dass es Amico Negro (für seine Freunde inzwischen “Zwuppie”), doch noch irgendwie geschafft haben muß, sich ins Gepäck zu schmuggeln. Anstalten dazu hatte er heute morgen wirklich genug gemacht und unfaßbar unerträglich sehr schlimmen Trennungsschmerz vorgetäuscht. (Ganz große Oper für so einen Zwerg.)

Zwuppie

Hatter nicht. Es war doch nur die elektrische Zahnbürste, der wohl im Waschbeutel ein wenig fad geworden war. Alle mich umstehenden wichtigen Männer in ihren Westen und ich entschuldigen uns beieinander mit vielen Scusis, Reißverschlüsse schnell wieder zu, Koffer verladen, Sabine die Treppen wieder hoch und von bösen Blicken verfolgt an den Platz zurückspießrutengelaufen.

Ich verkünde, während das Flugzeug endlich losrollt, meinen Entschluß, fortan in den Ferien wieder auf normale Zahnbürsten zurückgreifen zu wollen. Christoph empfiehlt, vor der Reise einfach Gerät und Batterie zu trennen.

Phhhh. Pragmatisch kann ich selber.

Interkulturelle Sprachwissenschaften

Christoph, angehender Germanist, stellt sich, mir und ich hiermit der Leserschaft die folgende Frage:

“Ist das italienische Äquivalent zu Walther von der Vogelweide eigentlich Der Giovanni vom Olivenhain?”

Merksatz

Vom Weiden im Olivenhain wird Wolle gar nicht weiß und rein;

Vielmehr, und das macht manchen staunen, changiert sie. Von Grün bis hin zum Dunkelbraunen.

Ist sie dann camouflage genug, klöppelt man draus den Tarnanzug.

Urlaubslektüre

Man weiß es ja immer nie genau, woran es liegt, wenn Mensch und Buch nicht recht zusammenkommen. Ist nun das Buch blöd oder der Mensch oder passen Ort nicht oder Zeit? Oder sonst was?

Ich hatte mir für die toskanische Terasse mitgenommen: Arne Dahl, “Neid”, den dritten von vier Bänden über die pan-europäische Ermittlertruppe um Paul Hjelm und Kerstin Holm. Das Buch war mir zwei Tage vor der Abreise aus einer Ramschkiste in die Hand gesprungen und ich dachte mir, “ein Zeichen”, denn die anderen hatte ich alle schon gelesen, und ich habe ja immer so ein Bedürfnis nach Vollständigkeit. Um es schnell abzuhandeln: Dahl ist Dahl ist Dahl. Er kann schreiben wie der Teufel und hat wohl (soweit ich das beurteilen kann) immer recht gute Übersetzerinnen. Außerdem, wie immer, einen geradezu elendig arroganten Allwissenheitsanspruch. Darüber hinaus schreibt er sich inzwischen alle 20 Seiten eine Sex-Szene. Man verstehe mich nicht miß, ich bin nicht prüde; man schreibe bitte über alles, wenns denn der Handlung dient. In “Neid” sind diese Szenen nichts außer Alterserscheinungen eines männlichen Schriftstellers und das Buch wäre auch mit diesen 30 Seiten weniger ausgekommen. Egal, irgendwann war ich durch, der Fall geklärt und eine Lieblingsermittlerin grob dahingemeuchelt (das tun Autoren seit George R. R. Martin alle recht gern) – weiter zum nächsten Buch.

Walter Moers’ Prinzessin Insomnia & der alptraumfarbene Nachtmahr. An Moers’ Phantasiewelt Zamonien habe ich immer Freude. Ich kann vergnügliche Stunden damit zubringen, die anagramatischen Dichternamen in Die Stadt der träumenden Bücher zu entschlüsseln (Beispiel für Anfänger: “Ohjann Golgo van Fontheweg”), bin schon im ganz frühen Werk Ensel und Krete gerne auf ihren Irrwegen gefolgt und ein großer Fan des Jungdichters Hildegunst von Mythenmetz.

Bei Prinzessin Insomnia geht mir das alles auf den Keks. Die Buntstiftzeichnungen der schlaflosen Illustratorin Lydia Rode*, das erste, zweite, siebzehnte Anagram. Die erste, zweite, siebzehnte Alliteration. Alles so selbstverliebt. Als ich Christoph gegenüber von “germanistischer Hirnwichserei” sprach, wußte ich, dass ich das Buch sofort weglegen muß, wenn ich vielleicht in einer anderen Umgebung und unter anderen Voraussetzungen doch noch einmal Spaß daran haben will.

Macht ja nix, für einen anderthalbwochen langen Urlaub habe ich sicherheitshalber noch ein Drittbuch (um genau zu sein: weitere drei) eingepackt: George P. Pelecanos’ Derek Strange Trilogy. Pelecanos habe ich neulich erst entdeckt und bin nur noch nicht dazu gekommen, eine Rezension über Hard Revolution zu schreiben. In Kürze: ein saugutes Buch, in einem sehr lakonischen Stil geschrieben und uneingeschränkt empfehlenswert, wenn man neben einem Krimi noch viel über Soziologie und Geschichte lernen möchte. In diesem ersten Werk war Derek Strange noch ein Cop, ein schwarzer Cop im extrem rassistischen Washington der Zeit, als Dr. Martin Luther King jr. ermordet wurde. Nun ist er Privatdetektiv, immer noch in seinem Turf, dem District of Columbia unterwegs. Pelecanos schreibt immer noch äußerst lakonisch (die Angelsachsen nennen sowas hard-boiled stories), ich bin allerdings noch nicht wirklich weit gekommen mit der ersten Geschichte, weil Amico Negro den dicken Sammelband als persönlichen Feind begreift. Kaum lege ich mich mit Pelecanos auf den Liegestuhl, ist der Kleine da, quetscht sich unter dem Buch durch und fläzt sich brettelbreit auf meine Brust, sein Haupt auf meiner Halsschlagader und mit dem Arsch das Buch wegdrängend. Wenn das nicht funktioniert, beißt er es. So ist das, beim Urlaub auf dem Katzenhof. Und ich kann die drei Geschichten ja auch wirklich zu Ende lesen, wenn ich nicht mehr vom Blick auf die friedvolle pastorale toskanische Landschaft und einem laut schnurrenden pechschwarzen Glückskater** abgelenkt werde.

Morgen Abend, zum Beispiel.

 

* Lydia Rode, hier: Prinzessin Dylia, leidet am Chronischen Erschöpfungssyndrom und vertreibt sich ihre schlaflosen Nächte unter anderem mit Zeichnen.

** In Italien bringen schwarze Katzen Glück (und wahrscheinlich wird man vom unter Leitern durchgehen reich).

Heilbehandlung

Rund um die Narbe an meinem linken Knie befinden sich lauter kleine krallengroße Einstiche. Da ich nicht annehme, dass mir unsere felinen Mitbewohner übel wollen (wir streicheln beidhändig, füttern reichlich Wurst-, Käse- und Butterbrotreste und kochen morgens und nachmittags immer schon ausreichend Milch, dass es für due caffè latte und eine Schale voll für die Herrschaften reicht), gehe ich davon aus, dass es sich um Spuren von Katzupunktur handelt.

“Is it safe here?”

erkundigen sich an einem lauen toskanischen Herbstabend in Florenz “I-have-a-strong-bond-to-Jesus”-Marilyn und “Laßt-sie-einfach-reden-wie-ich seit-30-Jahren-schon”-George aus Florida vom Nebentisch.

Hmmm. Also über die Florentiner Ordnungsmachtsmitglieder weiß ich nur zu berichten, dass sie bei der Beaufsichtigung von Bevölkerung und Touristen unterschiedlich alberne Kopfbedeckungen tragen; weiß allerdings nichts über die Relation von Dummhelm und Sicherheit zu sagen.

Hier auf dem Land ist das anders. Da kommt abends der Hütehund auf der Terasse vorbei und überprüft, ob die Wesen, die sich dort aufhalten, abtrünnige Schafe sind. Wenn nicht, zuckt er kurz mit der Achsel, wedelt und setzt seine Patrouille fort. Da fühlen wir uns sehr sicher.

Uhund Äschtschn!

Gerade mal knapp Morgengrauen und unter meinem Fenster klingt eiliges Huftrampeln, lautes Blöken und für diese Tageszeit viel zu fröhliches Glockengebimmel. “Ah”, denkt die erwachende Hälfte meines Hirns. “Die Schafe kommen vom Olivenhügel zurück, damit sie wer milkt. Die Euter waren gestern Abend ja bei manchen schon fast so groß wie Fußbälle. Seltsam, eigentlich. Da waren doch auch Lämmer? Was trinken die denn dann?” und dämmert langsam beim Bedenken wichtiger Schafszuchtthemen wieder weg.

Derweil übernimmt die andere Gehirnhälfte und läßt zu dieser Klanguntermalung kleine Katzen mit allen vier Pfoten ordentlich unter den Bauch gefaltet auf einem Grasse-lila Trampolin in Zeitlupe auf- und abdoiiingen. Das wirkt ungemein beruhigend. Ich schlaf dann nochmal eine Runde.

Italiona for bloddy beginners

  1. Der garbaggio ist voll. Es gibt nun due possibilitas: entweder, wir reisen domani ab oder wir rufen die Müllabfuhr.
  2. Der Traktor ist kaputt gegangen. Alarmiert immediamente den campagna-machina-mechanista!

The Riddler

Ich öffne mit einer dampfenden Tasse Milchkaffee die Tür und Stücker fünf Katzen stehen wie aus dem Boden gewachsen vor mir und maunzen mich in allen Tonlagen an. Hmmm. Ich brauche noch einen Stuhl von drinnen. Wenn ich den Milchkaffee hier draußen bei denen stehen lasse, sind die den ganzen Tag aufgedreht und ich immer noch durstig. Wie löse ich das? Kurz nachdenken.

Es ist wie bei dem Rätsel mit dem Mann und dem Boot und dem Fuchs, dem Sack Weizen und der Gans und eigentlich ist die Lösung ganz einfach. Ich trage die Tasse wieder nach drinnen, fülle eine Schale mit Milch, bringe die auf die Terasse und während die Katzen abgelenkt sind, weil sie a) einen Platz am Napf erobern und halten sowie b) ordentlich viel und vor allem mehr als die anderen schlabbern müssen, kann ich den Stuhl und dann ganz flott (denn die Schüssel ist leer und sieben Katzen streichen erwartungsvoll um meine Beine) die Tasse nach draußen bringen.

Dass der Kaffee nicht mehr ganz heiß ist, wird dadurch wettgemacht, dass mehrere Katzen nun alle belegbaren Körperteile laut schnurrend langsam erhitzen. Welchen Gott muß man anrufen, damit Streichelhände wachsen? Bastet vielleicht?