Neulich, im Kino

Es lief der gefühlt 27. Trailer zu irgendeinem neuen Star Wars Disney Franchise. Mein Begleiter und ich waren uns sofort einig, dass wir eh schon lange nicht mehr wissen, wer grad auf welcher Seite der Macht steht und wir die Leute – was, schon wieder ein Jedi? – nicht mehr unterscheiden können, sie nicht kennen und eigentlich auch gar nicht kennenlernen wollen. Konnten allerdings auch beide nicht ausschließen, dass wir uns den Film trotzdem ansehen werden. Möglicherweise sogar miteinander.

Das sind mal echte Luxussorgen.

Top-Prio

Diese Woche wurde auch bei langfristig geplanten Besprechungen ein Grund für eine kurzfristige Absage immer und von allen ohne Einwände akzeptiert. “Kann nicht kommen, hab da einen Termin zum Reifenwechseln.”

I am truly not in California anymore.

Muttermund

Mein Bruder, beschwert sich meine Mutter vorhin am Telefon, sei gestern nicht abkömmlich gewesen. Der war da “nämlich mit dem Black Frieda unterwegs”.

Anmerkung: meine Mutter hatte immer schon und mein Vater entwickelt zunehmend ein Talent für Wortschöpfungen. Wenn ich die zitiere, komme ich mir immer vor wie ein stolzer Elter, der/die von den sich entwickelnden Sprach- und Sprechfähigkeiten des Sprößlings erzählt. Und genauso will ich meine zukünftige Rubrik “Muttermund” auch verstanden sehen. Meine Mama hat nie Englisch gelernt und die Tradition und die Auswüchse des angelsächsischen Black Friday (“ich muß heute Frustshoppen, weil mir die Truthahnfresserei und das Gezanke mit der ganzen Bagage furchtbar auf die Nerven gehen”) sind ihr zu Recht fremd. Also macht sie draus, was in ihren Kontext paßt.

Und das, finde ich, ist gut geraten. Black Frieda rulez!

Grad vorhin beim Einkaufen

Der kleine Paolo-Christian und sein Schwesterchen, Cheyenne-Heidrun (doch, echt!) werden an der Kasse mit der Aussicht auf “Nachher da vorne mit dem Auto fahren. Aber zusammen!” von der Quengelware abgelenkt. Während die Mutter den Bezahlvorgang abwickelt, geht der Vater mit den Blagen und den Worten “Wenn du ein echter großer Bruder sein willst, Paolo-Christian, dann läßt du Cheyenne-Heidrun das Geld einwerfen” schon mal vor.

Als ich meinen Bezahlvorgang abgewickelt habe, komme ich an den Vieren vorbei. Cheyenne-Heidrun in Tränen aufgelöst, der Vater fassungslos und Paolo-Christian allein im Führerhaus des Wackelautos in einer Endlosschleife “scheiß drauf, scheiß drauf, scheiß drauf” brüllend. Die Mutter packt die Einkäufe in Taschen und blickt ab und zu kopfschüttelnd zwischen Gatten und Nachwuchs hin und her. Ich wette einen Zehner, dass sie sich gerade fragt, wie ihr Leben wohl verlaufen wäre, wenn sie damals einfach spontan mit dem Kommilitonen nach Katmandu gereist wäre.

Neu im Kino: Mord im Orient-Express (2017)

Was die aktuelle Verfilmung des Mordes im Orient-Express von der Version aus dem Jahre 1974 unterscheidet? Kenneth Branagh (Regisseur und Poirot-Darsteller) löst zum Einstieg flott an der Klagemauer (wo sonst?) die Konflikte der Weltreligionen; im Zug angekommen setzt er ein Zeichen gegen Rassismus (weiße Frau (ehemals Gouvernante) und schwarzer Mann (natürlich Arzt) sind ein Paar – und das wird ihnen im Europa des Jahres 1935 vermeintlich so viel leichter gemacht als “bei euch daheim in Amerika”) und für LGBT (weil er zwei gemeinsam reisenden Frauen wenig subtil eine lesbische Beziehung unterstellt, ob sie sie nun haben oder nicht), dafür ist der Zug jetzt kein Zug mehr, sondern CGI und der Zuschauer des Jahres 2017 wartet insgeheim eigentlich immer nur darauf, dass die Dampflock demnächst in den Bahnhof von Hogwarts einschnauft. Spoiler: sind aber doch keine Zauberlehrlinge im Schlafwagen, sondern Schauspieler in Dreißiger-Jahre-Kostümen.

Und was für welche: Michelle Pfeiffer kriegt in Lauren Bacalls Fußstapfen keinen Fuß auf den Boden, Penélope Cruz ist so langweilig, wie Ingrid Bergmann damals komisch war, wenn sie von ihrer Missionsarbeit bei zurückgebliebenen braunen Babies erzählte. Judi Dench, nein, keine Angst. Auf Dame Judi lasse ich nichts kommen. Leider verlangt die Rolle nur, dass sie edles Tuch trägt und eklig zum Personal ist – dass schafft sie auch, wenn man sie früh um halb vier mit einem fetten Kater aus dem Bett zerrt ohne Proben mit links. Sean Connery wird von Leslie Odom Jr. gegeben und der hat die Rolle nur gekriegt, weil er schwarz ist (wg. Antirassismus), Josh Gad spielt Anthony Perkins und um den Auftritt von Johnny Depp zu beschreiben, fehlen mir Worte, die nicht mit Mitleid und Arme Sau zu tun haben.

Kurz vor Schluß gefällt es Herrn Branagh, eine vollkommen unnötige Action-Szene unter Einsatz von Schußwaffen, ach was, unter Einsatz einer Pistole aufzupropfen und dann läßt er seinen Helden, einen Belgier, einen ganz ganz schweren Gewissenskonflikt durchleiden. Einen Gewissenskonflikt, bei dem man, so wie er ihn spielt, eher vemutet, Poirots Vorfahren seien mindestens in der 10. Generation die besten Drama Queens der Mittelmeeranrainerländer. Einen Gewissenskonflikt, der ihn letztendlich zu der Erkenntnis führt, dass es nicht immer falsch und richtig gibt, sondern manchmal auch was dazwischen. Überraschung!

Ich weiß nicht recht, ob an dem seltsamen Branagh’schen Ehrgeiz liegt, irgendwo in dieses Salonstück einen arthausigen Anspruch hineinzuinszenieren oder daran, dass der 74er-Film in den leicht verblichenen Farben dieser verflossenen Ära mit seinem Zwischenkriegsplüschluxus einen Nostalgiebonus hat und man der doch etwas betulichen Whodunit-Geschichte ihre Bräsigkeit deswegen leichter zu verzeihen gewillt ist – der 2017er-Film läßt einen unzufrieden zurück. Das ist elendsschade, denn Branaghs Shakespeareverfilmungen, seinerzeit noch mit Emma Thompson, gehören zu meiner Einsameninselausstattung und ja, ich hatte einfach mehr erwartet. Ich fürchte allerdings, dass uns in den nächsten Jahren, immer so um kurz vor Weihnachten, eine weiterer Krimi aus Agatha Christies reichem Schaffen dräut. Mit Branagh als Poirot. Der Tod auf dem Nil ist dem Vernehmen nach schon in Arbeit.

Und wenn kein Poirotkrimi mehr übrig ist, kann er immer noch altersnärrisch das Fach wechseln und Miss Marple spielen. Oiwei.

Vorfreude

Manchmal kriegt man sich ja vor lauter Vorfreude gar nicht mehr ein. Manchmal aber doch.

Ich glaube, ich werde auch künftig ein Leben aushalten, ohne dass sich je der Vorhang lüpft und Helvetic Payroll auf die Bühne hüpft. Doch, das geht.

lüpfen

Lob der Achtsamkeit

Nur im Sitzen ist es auf Augenhöhe wahrnehmbar, das “Danke” in schmutzweißer Schrift auf dem briefkastenschildchengroßen hellgrauen Aufkleber auf den dunklergrauen Fliesen im Haus von Freunden – direkt gegenüber der Toilette.

Shopping Season

Dass die Hiesigen mit Cyber-Monday-Klamotten, -Lebensmitteln und was sonst auch immer wg. Cyber Günstigzeuch nerven – geschenkt. Aber dass gerade jeder Gastheimatonlinehändler, bei dem ich je mal was gekauft bzw. der je mal meine e-mail-Adresse gekauft hat, mir seine geradezu un-glaub-lich-en Black Friday-Sonderangebote anträgt, das nervt. So oft kann ich meinen Spamfolder gar nicht leeren, wie ihr mir den vollmüllt, Herrschaften. Und dass demnächst Thanksgiving ist, habe ich wie jeder andere Skype-Nutzer doch eh am Dancing-Turkey-Emoji gemerkt.

Laßt’s mir doch alle mei Ruah, zefix, mr kaufet nix.