Nimmer ganz neu im Metropoltheater: Alice

Ich habe mir in meiner nach dem gestrigen Theaterbesuch sehr schlafarmen Nacht sehr das Hirn zermartert, um die richtigen Worte zu finden, diese düstere intensive Inszenierung zu beschreiben; mußte aber aufgeben, weil die frischen Brandwunden im Kopf nach diesem Nachtmahr doch noch sehr schmerzten.

Mein Unterbewußtsein mit dem Problem allein gelassen und doch noch ein bißchen geschlafen und wuppdich bin ich heute früh mit einer Lösung erwacht. Ganz einfach, eigentlich. Alle über den grünen Klee loben: Schauspieler, Regie, Bühnenbildner, Musiker, Lichtmacher, Kostümschneider, Tonmacher, Choreographen sowie Puppenbauer und das Plakat zeigen. Das sagt alles.

Alice

Sondierung*

Ewig lange Jamaika-Balkon-Diskussionen und gefühlt noch längere Sondierungsgespräche zur Wiederaufnahme einer unproduktiven GroKo, das also hats gebraucht, um bei mir ein Gefühl von Politikverdrossenheit zu wecken?

Wenn der Wählerauftrag nicht klarer ist, als dass eine Partei die Mehrheit hat, dann muß die sich eben bilden und in die Fährnisse einer Minderheitsregierung wagen – das hat auf Länderebene schon funktioniert und ist aktuell politische Realität in Spanien, Portugal, Dänemark, Norwegen und Schweden; in der Vergangenheit auch in Tschechien, der Slowakei, Österreich und den Niederlanden.

Noch mal vier Jahre abzüglich der langen Verhandlungsperiode dieses Gegurke unter Muttis Führung muß doch wirklich nicht sein. (Wobei mir bereits beim Niederschreiben das Wort “Führung” in einem Atemzug mit Merkel aufstößt und jetzt, wo ich es geschrieben vor mir sehe, umso mehr.) Traut euch endlich mal was! Zefix! Und noch ein gesonderter Appell an den JUSO-Kevin: gibt alles, Mann! Vielleicht hört der Parteitag auf dich.

 

* Der Begriff “Sondierung” ist schon jetzt mein Unwort des Jahres. Ich kann es nicht mehr hören!

Alles erledigt.

Zum Shopping habe ich ein recht ambivalentes Verhältnis. Wenn mir zum Beispiel am Ende eines fleißigen Arbeitstages mit eher schlampiger Nahrungsaufnahme nur noch ein Stünderl Zeit bleibt, schaffe ich es in der Zeit lässig, in einem oder gar mehreren dicht beieinander liegenden Lebensmittelläden hinreichend gute Nahrungsmittel für die Zubereitung einiger mehrgängiger Mahlzeiten für größere Personengruppen einzukaufen und dabei Spaß gehabt zu haben. (Okay, ich stehe danach dann gerne auch daheim und frage mich, wer das alles essen soll – aber das liegt daran, dass ich nicht auf meine Oma gehört habe, die vom Einkaufen mit leerem Magen sehr streng abriet.)

Heute hingegen war das Beschaffen von Nahrung meine geringste Sorge; ich wollte nämlich endlich hinter mich bringen, was ich mir schon für die Weihnachtsferien vorgenommen hatte: Schuhe zu kaufen, bevor mein aktuelles Lieblingspaar vollkommen zerlatscht von den Leisten fällt, außerdem einen BH, weil mein hauptgetragener nicht, wie ich mir gerne einrede, ein Modell im modischen Fransenlook, sondern schlichtweg zerschlissen ist und dann brauchte ich noch Ersatznasenpads für meine Brille (auch ausgefranst). Ich kaufe so Zeugs nicht gern. Ich hätte viel lieber, dass es, wenns einmal für gut und passend befunden ist, ewig hält und noch lieber wären mir selbstreinigende, autotemperatur- und paßformgeregelte Kleidungsstücke fürs Leben. Weil es die aber noch nicht gibt, mußte ich.

Jetzt bin ich sehr stolz auf mich, ich habs nämlich in unter einer Stunde geschafft, alles zu besorgen und es damit für dieses Jahr hinter mir. Darüber hinaus entdeckt, dass es in Martinsried von Factory Outlets geradezu wimmelt. Nur so als Geheimtipp für die, die gerne shoppen.

Ganz neu im Kino: Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

Wow!

Eine Besetzung zum Finger abschlecken (pars pro toto Frances McDormand, Woody Harrelson, Sam Rockwell, Clarke Peters), eine beklemmende Geschichte aus einer fucked-off Kleinstadt in the Middle of Nowhere. Man meint, die Handschrift der Coen Brüder zu erkennen, so präzise, wie hier gesehen und gezeigt wird. Ich habe erst überlegen müssen, woran mich diese alltägliche, fast beiläufige Gewalt unter den Figuren erinnert; es war Winter’s Bone (s. https://flockblog.de/?p=8715). Und noch ein Sonderkompliment für die Musikauswahl. Sehr sparsam, dafür genau auf den Punkt.

Ich werde die Story nicht spoilern, die muß selbst gesehen werden. Nur eines: Wer immer dieses Jahr noch Filme ins Kino bringt – an den Three Billboards muß er sich erst mal messen lassen.

Anschauen! Anschauen! Anschauen!

Dream on

Sie nannten den Gelbhaarigen den “Dream Crusher”.

Seit dem gestrigen Urteil von Judge William Alsup besteht wieder Hoffnung für die 800.000 Dreamers, die als Kinder von ihren illegal einreisenden Eltern mit in die USA gebracht worden waren und aufgrund des von der Obama-Administration eingesetzten Deferred Action for Childhood Arrivals program (DACA) Aufenthalts- und Arbeitsrecht hatten.

Möge es zu einer überparteilichen Dauerlösung kommen (Herr, laß Hirn regnen!), die nicht an den Bau einer Mauer geknüpft ist.

Interpretationsspielraum

Ich hatte mir nicht für ein Fünferl Gedanken gemacht, ob man meinen neuen Autoaufkleber (s. hier: https://flockblog.de/?p=34551) anders als ironisch auslegen könnte.

Hab ich mich aber getäuscht: Seit das Auto tagsüber im Gräfelfinger Industriegebiet geparkt steht, wurde ich bereits von Nachbarn angesprochen (Bester Dialog: Origineller Nachbar: “Und wie ist Jesus so?” Ebenso wahnsinnig originelle Antwort: “Staubig und voller Wollmäuse.”) und heute unterstellte mir eine Kollegin, dass das letzte Weihnachten bei mir wohl einen Sinneswandel ausgelöst und mich nach all meinen Abwegen endlich den HErrn hat finden lassen.

Wenn ich dergleichen Mißverständnisse in Zukunft vermeiden will, werde ich wohl die Sehgewohnheiten unserer Zeit bedienen und noch ein knatschgelbes Zwinker-(“Hallo Ironie”)-Smiley daneben kleben müssen. Oder ich machs wie immer und mir ist einfach wurscht, was die Leute denken…

Nimmer ganz neu im Kino: Blade Runner 2049

[Achtung, nachfolgend ein Spoiler nach dem anderen. You have been warned.]

Wie man mich in den Kommunikationswissenschaften gelehrt hat, fange ich mit einem Kompliment an: Die Bildersprache? Ungeschlagen. Dieser Kameraflug über die Gewächshausplantagen im dystopischen Südkalifornien? Mitreißend, beieindruckend, bedrückend. Und dann dieser fliegende Wechsel vom ganz Großen ins ganz Kleine: Ryan Goslings bebende Nasenflügel in Großaufnahme. Obwohl. “Bebend”, ist das der korrekte Terminus? Zittern Nasenflügel eher oder ist das ein Blähen (eine Blähung wohl hoffentlich nicht) oder ist die tierischen Nüstern vorbehalten? Zucken sie vielleicht und ist es wirklich das, was Ryan Gosling damit macht bzw. tun würde, wäre er denn ein Karnickel?

Also, einfach ist das nicht. Einigen wir uns einfach drauf, dass Denis Villeneuve die Nase des Herrn Gosling und im Speziellen deren hyperbewegliche und sprechende Flügel ganz wunderbar eingefangen hat. Überhaupt, Gosling. Ich war mir ja immer noch nicht sicher, ob er wirklich ein guter Schauspieler ist. Aber hier hält die Kamera einfach drauf und läßt Goslings Figur die Zeit, mit seiner doch sehr ausdrucksfähigen Mimik zu zeigen, was da gerade hinter ihrer Stirn vorgeht und die Betrachterin erinnert sich mit einem wohllüstigen Seufzen an “Driver”. Gosling spielt übrigens Harrison Ford, weil Ford in diesem Film (wie immer) sich selbst und um 40 Jahre gealtert gibt.

An der Story hat sich nicht viel geändert, außer, dass man es inzwischen geschafft hat, die künstlichen Lebensformen zu perfekten Sklaven weiterzuentwickeln, denen jedes Bewußtsein für ihre Lage fehlt und die darum natürlich auch nicht revoltieren. Ein Android (or is he?) wird ausgeschickt, Androiden zu eliminieren und tut das anfangs wie geheißen, bis in ihm Zweifel wachsen, ob er das Richtige tut. Diese Zweifel werden von seiner KI-Gesellschafterin genährt – ich wähle dieses altmodische Wort, weil sie genau diese altmodische Rolle erfüllt und alles außer Sex* im Programm hat und allein die Aneinanderreihung archetypischer amerikanischer Frauen, die sie gibt, um seinen Bedürfnissen gerecht zu werden, ist es wert, den Film anzusehen. Und natürlich, dass Los Angeles in einem permanenten Schneesturm ersäuft.

Warum ich trotz aller Dystopie und Philosophie (denn davon gibt es reichlich – immer ausgehend von der Frage “Was ist der Mensch?”) trotzdem nicht ganz glücklich mit dem neuen Bladerunner bin? Es liegt, glaube ich, daran, dass ich die Kinoversion des Filmes nicht verstanden habe. Manche Kameraeinstellungen dauern gefühlte Ewigkeiten, dafür passiert die eine oder andere Entwicklung so rappelschnell, dass sie in der Luft hängenbleibt, weil man gar nicht weiß (und auch nicht herleiten kann), was die Figur nun gerade antreibt. Ich tröste mich damit, dass es irgendwann einen Director’s Cut geben wird.

Und schon allein, dass ich vorhabe, mich dann durch wieviele Stunden auch immer zu sehen, ist doch Empfehlung genug. Odrr?

 

* Im neuen “Bladerunner” beschafft die Gesellschafterin ihrem Gosling eine Prostituierte, mit der sie dann morpht – was eine sehr interessante Sex-Szene ergibt, mich aber eher gegraust hat. (“The Handmaid’s Tale” sitzt bei mir da offensichtlich recht tief.)

Let the sun shine

Gut, zu dieser Jahreszeit muß man verhältnismäßig spät aufbrechen und geradezus nach Osten fahren und viel zu früh wieder los heim nach Westen, aber mit viel Glück braucht man für beide Strecken eine Sonnenbrille. So wie heute.

Und das tut richtig gut…