Hochprozentig

Der Onlinehändler versichert mir, dass die Bluse, deren Kauf ich erwäge, von hoher Fertigungsqualität sei, zusammengeklöppelt aus 95% Viskose und 45% Elasthan. Das lasse ich lieber, in soviel Stoff kann kein Mensch gut aussehen.

Keine Art

Da kommt frau nach einem schönen Festwochenende mit Grillen und Draußensein auf dem Lande heim, schmeißt den Rucksack ab, die Schuhe in die Ecke und geht erst mal aufs Klo (das hat nichts mit der aufgenommenen Flüssigkeitsmenge zu tun, sondern ist ein Reflex: autofahren, ankommen, Zielort betreten und sofort kaum beherrschbaren Harndrang verspüren), holt sich was schönes kaltes zu trinken und schaut kurz im Internet vorbei, was so los ist auf der Welt.

Oder eben nicht. Das Internet hat sich offensichtlich entschieden, den Aufenthalt an seinem Platz an der Sonne auszudehnen und ist nicht da. Auch nicht, wenn frau den Router drei Mal neu startet.

Was tun? Frau fühlt sich in ihren Grundrechten verletzt, leidet ganz kurz und disponiert dann um. Falls mich wer sucht, ich bin mit einem analogen Buch aufm Balkong.

Dies schrieb die Autorin nach dem 4. Anlauf.

Normalzustand erreicht

Die dicken Stiefel und Mäntel in den Schrank verbannt, beide Balkontüren sperrangelweit geöffnet, alle Oberlichter gekippt, die dünne Sommerbettdecke bezogen und fast jede wache Daheimminute auf dem Balkon verbringen. Geht doch.

Weiter so, du Ausnahmefrühling!

Aus der Ornithologie

Wenn mein Chef zu mir sagt “mach’ den Sittich”, dann meint er nicht, ich soll zwitschernd einen kleinen Rundflug durchs Büro flattern, sondern am Freitagnachmittag bei herrlichstem Sonnenschein mal früher gehen.

Jawoll, Chef. Ich höre und gehorche. Gern.

Sonnengruß

Am viel zu frühen Morgen, auf dem Weg ins Büro, fahre ich immer an einem Feld vorbei, das mit einem dichten gelben Flaum bedeckt scheint und aussieht, als wendeten Tausende vom Schlaf steife hochbeinige Küken ihre Bäuchlein der Morgensonne zu.

Kaum haben wir drei Tage Minihitzewelle, schon hat sich das mit den Jungvögeln erledigt. Jetzt steht da regulärer Raps und strahlt im üblichen Rapsfalschgelb.

Gastfundstück

Es ist ja nun nichts Neues, dass mich mit Bento schon seit längerem eine herzliche Abneigung (s.a. https://flockblog.de/?p=32018) verbindet und ich deren redaktionelle Beiträge eigentlich nur lese, wenn ich meinen Blutdruck nach oben bringen will. Andere laufen oder springen, ich lese in Bentos Kategorie “Fühlen” Literaturtips, die mit Einleitungen daherkommen wie “Ein neues Buch ist wie ein neues Leben!* Mit den ersten Frühlingstagen ist es wie mit Büchern: Sie können uns motivieren, inspirieren, ans Großreinemachen erinnern.” Genau. Genau so, Bento. Und dann empfiehlt die Redaktion eine Runde Lebenshilfe-Ratgebergeschreibsls und so werden die auch geholfen. Hrrrrgggn! Damit mir am Ende die Hypertonie nicht chronisch wird, habe ich mich zur Zeit für eine Weile auf Bento-Entzug gesetzt.

Macht aber nix, denn gute Freunde lesen auch was mit Liebe in Hansestädten gefertigt wird (doch, das ist der Bento-Claim: Made with [Herz] in Hamburg). Zum Beispiel, dass Steven Spielberg jetzt alte Comics verfilmt. Was macht der rasende Bento-Reporter aus dieser Nachricht, wenn er seinen Lesern berichtet, was er in der Huffington Post (auf Englisch gleich gar!!) gelesen hat: “Worum geht es in ‘Blackhawk’? In Deutschland ist der Comic des Verlags DC eher weniger bekannt, er gehörte in den USA aber von den 1940ern bis in die 1960er zu den beliebtesten Comics. Die Story ist wie für Spielberg gemacht, denn sie passt perfekt zu seinen Filmen über den Zweiten Weltkrieg wie zum Beispiel ‘Schindlers Liste'”. Man lasse sich zum Vergleich den Originaltext aus der “Huff” auf der Zunge zergehen: “The series debuted in 1941, according to The Hollywood Reporter, but isn’t well known to today’s audiences. Still, it fits in Spielberg’s World War II wheelhouse, since it’s about an international squadron of Nazi-fighting pilots led by a man named Blackhawk.” Wenn man einen Bento-fernen Menschen um eine Übersetzung gebeten hätte, wäre herausgekommen, dass amerikanische Zeitgenossen Blackhawk genauso wenig kennen wie deutsche, der hätte möglicherweise Kampfpiloten gegen Nazis erwähnt und wenn er schon für seine begriffsstutzige Leserschaft einen Beispielfilm hätte aussuchen wollen, dann wäre es “Saving Private Ryan” geworden.

Wie tickt ein Mensch, für den “Schindlers Liste” ein typischer WW2-Film ist? Egal. Man wird es ihm nachsehen müssen. Er ist Schreiber bei Bento.

Sehr schön gefunden, Herr C.M. aus K. Danke.

 

* Wohl zuviel Schlager (https://www.youtube.com/watch?v=0T-d-WYeQjQ) jehört, junga Mann, wa?

Der Algorithmus, wo jeder mitmuß

Zwengs der rechten Atmosphäre habe ich YouTube gebeten, mir für den letzten blogpost Marilyn Monroes “Diamonds are a girl’s best friend” vorzuspielen (und erst jetzt erst so wirklich goutiert, warum sie den Singular verwendet, aber das ist eine andere Geschichte) und weil ich grad so schön im Schreiben war, erst im Nachhinein gemerkt, wie wundersam logisch komponiert die playlist war. Als nächstes nämlich besang Madonna das “Material Girl” und anschließend ließ Cindy Lauper die Welt wieder einmal wissen, dass “Girls just wanna have fun”.

Kompliment. Das hätte ich mit Selberdenken auch nicht besser hinbekommen.

Es wechseln die Zeiten

Wir Menschen, die schon in den Achtzigern selbständig Einkäufe tätigen durften, kennen ihn noch, den Slogan “Jute statt Plastik”. Im dritten Jahrtausend scheint “Baumwolle statt gepreßtem Kohlenstoff” die Thesenfamilie erweitert zu haben und vor meinem geistigen Auge spielt eine Szene, in der ein kniender Mann seiner Angebeten das Ja-Wort abzuluchsen versucht und den Handel mit einem hübschen Verlobungspulli besiegelt.

Plural

Deutsche Sprache – Arme Sprache

Heute war gar kein guter Tag für die deutsche Sprache:

Erst schreibt mir ein Dienstleister in geflossenem Denglish DB Kopie von Livesystem ist auf stage!, als nächstes höre ich im Radio, dass man in Bayern tief in der Euphemismenbrühe geschöpft hat und der gemeine Problemwolf, wenn er sich wölfisch aufführt und damit als nicht artenschutzwürdiger großer Beutegreifer entpuppt, zukünftig nicht etwa damit rechnen muß totgeschossen, sondern vielmehr entnommen zu werden und zu guter Letzt will mir ein Online-Händler auch noch eine attraktive Schenkeltasche aufschwatzen, weil ihm das Wort Henkel nicht geläufig zu sein scheint.

Herrschaften, jetzt strengt euch doch mal ein bißchen an, zefix!

Not in America anymore…

Jetzt hab ich schon am Pie Day keine lustigen 3,1415-π-Torten gebacken, am St. Patricks Day nicht Grün getragen und heute ist Tax Day, und obwohl John Oliver dem Thema Steuern seine jüngste Sendung gewidmet hat (https://www.youtube.com/watch?v=RKjk0ECXjiQ), gings mir am Derrière vorbei: ich lebe nicht mehr dort, wo sich am 14. April um die Postämter lange Schlangen winden, damit die IRS am 15. pünktlich die Steuererklärung vorliegen hat, weil für jeden Tag Verspätung drakonische Strafen drohen.

Ich mach das in aller Ruhe mit den hiesigen Finanzbehörden ab.