Verbotten!

Es gab zu Zeiten einmal ein im Kunstmann-Verlag erschienenes Buch mit dem Titel “LĂ€ngst fĂ€llig. 37 notwendige Verbote”. Nachdem ich mir das jetzt eine Weile angesehen habe, ist es mir ein großes Anliegen, Verbot Nr. 38 hinzuzufĂŒgen: Weg mit bento!

bento ist ein Web-Angebot der Spiegelgruppe und richtet sich (Selbstbild in Kursivschrift) an Leser zwischen Schulabschluss, Jobeinstieg und erstem Berufswechsel. Jung, urban und gebildet! Menschen, die zwischen 18 und 30 Jahre alt sind und deren Zuhause das Internet ist sind die Zielgruppe von bento.de. Politik in Form von dpa-Meldungen interessieren sie nicht, politische ZusammenhĂ€nge hingegen schon. Thematisch bildet die Redaktion ein buntes Spektrum ab: Politische News und Neuigkeiten aus dem Web sowie exklusive und ĂŒberraschende Stories ihre Leser. FĂŒr die Stories schickt bento eigene Reporter los. Die Redaktion organisiert sich ĂŒber Ressorts in Form von Hashtags, zum Beispiel: #FĂŒhlen, #Gerechtigkeit, #Queer, #Tech, #GrĂŒn, #Musik und #Style.**
(Unterstreichungen zum Zwecke des Hervorhebens von mir.)

Bei einem weniger jungen, aber doch auch urbanen und gebildeten Menschen wie mir drĂ€ngt sich allerdings als erstes der Eindruck auf, dass es sich bei der bento-Redaktion um Grammatik- und Satzzeichenhasser handelt. Die redaktionellen (?) Inhalte sind eh unter aller Kanone (Das kennst du nur, wenn du zwischen Weihnachten und Silvester Geburtstag hast: Erst kommt Jesus, dann kommst du; Bist du bereit fĂŒr eine Beziehung – oder solltest du dir lieber einen Hund zulegen?; Wie gut kennst du dich mit “Michel aus Lönneberga” wirklich aus?), unter dem Hashtag “Politik” finden sich Artikel wie Roboter gefĂ€hrden unsere Demokratie. So sollten wir uns wehren – To bot or not to bot; Pali-TĂŒcher sind aus gefĂ€hrlichem Stoff. Das Pali-Tuch ist mehr als ein Schal mit lĂ€ssigem Print: Man wirft sich damit ein politisches Statement an den Hals**) und das Föjetong ist geradezu unterirdisch. Literaturempfehlungen, nein, das ist schon zu hoch. Nochmal neu: irgendwas ĂŒber BĂŒcher erscheint bei bento im Stile von Motto-Parties: 12 BĂŒcher, die du nur besitzen solltest, um damit anzugeben***; Zum Immerwiederlesen: Diese Liebesgeschichten haben uns berĂŒhrt; Diese sieben BĂŒcher solltest du lieber lesen als “Mein Kampf”; Diese BĂŒcher solltest du in deinen Zwanzigern gelesen haben, denn: Wenn du mit 15 ein Arschloch bist, bist du 15. Wenn du mit 30 ein Arschloch bist, bist du ein Arschloch und der Zielgruppe gemĂ€ĂŸ ist fĂŒr das Lesen in der kalten Jahreszeit (weil, im Sommer geht Lesen gar nicht!) immer was von Julie Zeh dabei.

Ach, eins noch. Wenn die Redaktion keinen Bock hat (oft, sehr oft) befragt sie Leser: Welcher ist der beste Weihnachtsfilm der Welt, Leute? Unter dem Hashtag #Streaming darf dann irgendwer irgendwas sagen und dann kommen noch das Plakat und ein Satz der Artikelschreiberin hinzu und wieder ist ein Beitrag fertig. Den Filmtitel richtig vom Plakat abzuschreiben muß dann doch wirklich nicht auch noch sein.

Aaarrggghhh!

sissi

* Es fehlt, u. a., der Hashtag “Denken”. Sehr.

** Ich möchte nicht ungerecht sein: dieser Beitrag erschien sowohl unter den Hashtags #Politk wie #Style

*** http://www.bento.de/art/literatur-buecher-die-du-nur-besitzen-solltest-um-damit-anzugeben-879467/

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