Simsalabim

Nein, nicht doch. Ich muss nicht noch mehr Spam-Mail bekommen, in denen jemand mir ein reiches Erbe verspricht oder wie der Herr heute mein globales Portfolio erweitern will. Hab ich schon, brauch ich nicht.

Aber die Anrede… hach!

„Salam Sabine“, das hat was. So wĂŒnsche ich ab sofort jeden Morgen begrĂŒĂŸt zu werden.

Nimmer ganz neu im Kino: “The French Dispatch” von Wes Anderson

Ich glaube ja, das war so: vor dem Haus von Wes Anderson standen jede Menge Stars Schlange. Und weil sich die Schlange coronabedingter AbstĂ€nde wegen schon bis fast in den Bois de Bologne schlĂ€ngelte, flehten die fĂŒr das Regeln von Verkehr zustĂ€ndigen Gendarmen ihn an, doch endlich mal wieder einen Film zu drehen und am besten alle Schlangensteher zu besetzen. Egal wo in Frankreich, Hauptsache, das schauspielende Volk weg von der Straße der Hauptstadt.

Ja, und dann hat Monsieur Anderson wieder einen Wes-Anderson-Film gedreht. Und die mag man entweder (ich) oder nicht (andere). Dieses Mal geht es um eine Zeitung und viel um Kunst. Sehr sehr schön.

Jetzt aber

Wenn eine nach vielen BĂŒrostunden statt “„FachkrĂ€fte aus dem Ausland“ – Pascal Tailliar von HAHN Automation berichtet aus der Praxis” “„FachkrĂ€fte aus dem Ausland“ – Pascal Tailliar von HAHN Automation berichtet aus Paris” liest, dann ist es aber wirklich höchste Zeit, Feierabend zu machen.

Allerhöchste Zeit.

Ich weiß nicht, was soll es bedeuten?

Schon vor lĂ€ngerem war mir aufgefallen, dass die TrafokĂ€sten hier in Hadern oben blau und unten weiß gestrichen waren. Hat mich zwar gewundert, habe es aber den Landesfarben zugeschrieben und mir nicht weiter das Gehirn darĂŒber zerbrochen.

Seit neuestem sind sie oben rot (unten gleichbleibend weiß). Nun frag ich mich: sind das offizielle Anstriche? Die Wartungsfarben der Saison? Hat es mit Fußball zu tun? Ganz was anderes? Weiß es wer und will es mir sagen?

Gelesen: Neal Shusterman – “Game Changer”

Sonntagmorgen. Das Wetter ĂŒberzeugt nicht fĂŒr einen Außenaufenthalt, also die Buchempfehlung meiner jugendlichen Referenzleserin geschnappt, Leselicht an und wieder ab unter die warme Decke.

Hmmm. Tja. Hmmm. Vielleicht muß man ein heranwachsender Mensch sein, um auf dieses Buch hereinzufallen. Es ist, das muss man ihm zugestehen, ein guter Plot. Im Rahmen eines nicht unspannenden Multiversumsettings werden die heißen Themen unserer Zeit adressiert. Rassismus, Homophobie, Trumps Politiktheater, Sexismus, Pandemie. Alles da. Alles irrsinnig USA-zentriert.

Aber.

Der Weltenretter ist ein siebzehnjĂ€hriger weißer Footballspieler. Nicht der Quarterback, wie sonst immer, sondern einer von der Line Defense. Das sind die, die fĂŒrs Tackling verantwortlich sind und mindestens einmal pro Spiel das GehirnerschĂŒtterungsprotokoll durchlaufen mĂŒssen (“Wieviele Finger zeige ich dir gerade?”). Ja, und jedes Mal, wenn es recht rumpelt, wird unser Heldenbub in ein anderes Paralleluniversum versetzt. Im ersten sind nur die Stopschilder blau statt rot, im dritten wurde die Rassentrennung in den USA nie aufgehoben.

[Achtung! Spoiler]

Erst, wenn unsere halbstarke Rotznase die LebensumstĂ€nde anderer wirklich mit und selbst erlebt, wird ihm klar, dass es nicht schön ist, dass der Quarterback seine Cheerleaderfreundin so verdrischt, dass sie zwengs Wahrung des schönen Scheins dickes Make-up auflegen muss, dass es nicht gut ist, wenn der beste Freund aus dem ursprĂŒnglichen Universum die Schule abbrechen und im Supermarkt schuften muss, bloß weil er schwarz ist, dass er selbst gar kein schlechterer Mensch ist, weil er ein Universum weiter schwul und nicht einmal dann, als er im ĂŒbernĂ€chsten ein MĂ€dchen* ist. Bloß, wie sich das Umfeld dann auf einmal verhĂ€lt. Uiuiui. Da muss er bzw. sie aber mal wirklich was gegen machen und sondert kiloweise RatgebersĂ€tze ab.

Ich verrate nicht, wie es ausgeht, weil sich das eh jede*r denken kann. Mann, Mann, Mann, Herr Shusterman. Sie haben das möglicherweise wirklich gut gemeint und nicht nur wegen des sicheren kommerziellen Erfolgs veröffentlicht. Sie haben das auch spannend und flĂŒssig und in politisch korrekter Sprache geschrieben. Aber gut ist ihr Game Changer deswegen nicht. Gar nicht.

Sonntagnachmittag, kurz vor drei. Ich bin durch die 400 Seiten durch und mit dem Buch fertig.

* In Amerika sind alle Frauen “Girls”, Selbst- und Fremdbild. Ich weiß nicht, wie eine SiebzehnjĂ€hrige sich hierzulande benennt, werde das aber nachfragen.

Aus dem Vokabelheft

Ich bin jĂŒngst in einem klugen Buch auf die Formulierung “If-by-whiskey” gestoßen und weil das doch recht schrĂ€g klang, habe ich mich kundig gemacht und teile hiermit mein neu erworbenes Wissen.

“If-by-whiskey” bezeichnet im AngelsĂ€chsischen Sprachraum ein rhetorisches Argument, das beide Seiten einer kontroversen Frage vertritt und somit die Frage offen lĂ€sst. Zur Herkunft habe ich mich auch belesen, bitte siehe unten.

(Und weil die Rede sehr lang und auf Englisch ist, habe ich sie nachfolgend ĂŒbersetzt. Wer lieber das Original lesen will, der scrolle nach unten.)

Am Freitag, dem 4. April 1952, hielt Noah “Soggy” Sweat im Alter von nur 28 Jahren seine legendĂ€re “If by Whiskey” oder “The Whiskey Speech” vor einem Bankettsaal voller StaatsmĂ€nner und deren Ehefrauen im alten King Edward Hotel in Jackson, Mississippi:

“Meine Freunde, ich hatte nicht vor, dieses kontroverse Thema zu diesem Zeitpunkt zu diskutieren. Ich möchte jedoch, dass Sie wissen, dass ich Kontroversen nicht aus dem Weg gehe. Im Gegenteil, ich werde zu jeder Zeit zu jedem Thema Stellung beziehen, unabhĂ€ngig davon, wie kontrovers es sein mag. Sie haben mich gefragt, wie ich ĂŒber Whiskey denke. Also gut, ich sage Ihnen, wie ich ĂŒber Whiskey denke:”

Wenn Sie mit Whiskey das GebrĂ€u des Teufels meinen, die giftige Geißel, das blutige Ungeheuer, das die Unschuld beschmutzt, die Vernunft entthront, das Heim zerstört, Elend und Armut schafft, ja, kleinen Kindern buchstĂ€blich das Brot aus dem Mund nimmt; Wenn Sie das böse GetrĂ€nk meinen, das den christlichen Mann und die christliche Frau von der Spitze des rechtschaffenen, ehrenhaften Lebens in den Abgrund der Erniedrigung und Verzweiflung, der Scham und Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit stĂŒrzt, dann bin ich gewiss dagegen.

Aber wenn Sie mit Whiskey das Öl der Konversation meinen, den philosophischen Wein, das Bier, das getrunken wird, wenn gute Freunde zusammenkommen, das ein Lied in ihre Herzen und ein Lachen auf ihre Lippen und das warme GlĂŒhen der Zufriedenheit in ihre Augen zaubert; wenn Sie die Weihnachtsstimmung meinen; wenn Sie das anregende GetrĂ€nk meinen, das den alten Herrn an einem frostigen, verfrorenen Morgen in Schwung bringt; wenn Sie das GetrĂ€nk meinen, das einen Menschen in die Lage versetzt, seine Freude und sein GlĂŒck zu vergrĂ¶ĂŸern und die großen Tragödien, den Herzschmerz und die Sorgen des Lebens zu vergessen, wenn auch nur fĂŒr eine kurze Zeit; wenn Sie das GetrĂ€nk meinen, dessen Verkauf ungezĂ€hlte Millionen Dollar in unsere Staatskasse spĂŒlt, die dazu verwendet werden, unsere kleinen verkrĂŒppelten Kinder, unsere Blinden, unsere Tauben, unsere Stummen, unsere bedauernswerten Alten und Gebrechlichen zu versorgen, um Autobahnen, KrankenhĂ€user und Schulen zu bauen, dann bin ich ganz sicher dafĂŒr.

Das ist mein Standpunkt. Ich werde nicht davon abrĂŒcken. Ich werde keine Kompromisse eingehen.”

Noah Sweat erinnerte sich spÀter:

“Als ich die erste HĂ€lfte der Rede beendet hatte, gab es einen gewaltigen Applaus. Als ich die zweite HĂ€lfte der Rede beendet hatte, applaudierten alle Nassen. Die “Drys” waren mit dem zweiten Teil der Rede genauso unzufrieden wie die “Wets” mit der ersten HĂ€lfte”.

Und hier die Original-Rede:

On Friday, April 4, 1952, at only 28 years old, Noah ‘Soggy’ Sweat delivered his legendary “If by Whiskey” or “The Whiskey Speech” to a banquet room filled with statesmen and their wives at the old King Edward Hotel in Jackson, Mississippi:

“My friends, I had not intended to discuss this controversial subject at this particular time. However, I want you to know that I do not shun controversy. On the contrary, I will take a stand on any issue at any time, regardless of how fraught with controversy it might be. You have asked me how I feel about whiskey. All right, here is how I feel about whiskey:”

If when you say whiskey you mean the devil’s brew, the poison scourge, the bloody monster, that defiles innocence, dethrones reason, destroys the home, creates misery and poverty, yea, literally takes the bread from the mouths of little children; if you mean the evil drink that topples the Christian man and woman from the pinnacle of righteous, gracious living into the bottomless pit of degradation, and despair, and shame and helplessness, and hopelessness, then certainly I am against it.

But, if when you say whiskey you mean the oil of conversation, the philosophic wine, the ale that is consumed when good fellows get together, that puts a song in their hearts and laughter on their lips, and the warm glow of contentment in their eyes; if you mean Christmas cheer; if you mean the stimulating drink that puts the spring in the old gentleman’s step on a frosty, crispy morning; if you mean the drink which enables a man to magnify his joy, and his happiness, and to forget, if only for a little while, life’s great tragedies, and heartaches, and sorrows; if you mean that drink, the sale of which pours into our treasuries untold millions of dollars, which are used to provide tender care for our little crippled children, our blind, our deaf, our dumb, our pitiful aged and infirm; to build highways and hospitals and schools, then certainly I am for it.

This is my stand. I will not retreat from it. I will not compromise.”

Noah Sweat later recalled:

“When I finished the first half of the speech, there was a tremendous burst of applause. The second half of the speech, after the close of which, the wets all applauded. The drys were as unhappy with the second part of the speech as the wets were with the first half”.

One of these days…

Heute morgen, mit noch nachtschweren Lidern, schnell ĂŒber meine e-mails geflogen und mich gewundert, warum sich wohl ein “DĂ€monenexperte” bei uns bewirbt.

Eine Dreiviertelstunde spĂ€ter, mit kaltem Wasser und Kaffee in den Tag geholt, entpuppt sich der Kandidat als “DomĂ€nenexperte”. Ist vielleicht sinniger, macht aber lange nicht soviel Spaß.

Life is Life (nanananana)*

Sie begleitet mich schon weit ĂŒber eine Dekade, meine tolle RX1000. Hat immer alles mitgemacht. Rechts klicken, links klicken, RĂ€dchen rollen, das war ihr Ding. Wenn ich es recht bedenke, dĂŒrfte meine rechte Hand mit niemandem soviel direkten Körperkontakt gehabt haben wie mit dieser Supermaus. Seit neuestem ist sie nicht mehr ganz auf der Höhe und ich fĂŒrchte, ihre Lebensuhr lĂ€uft bald ab.

Material Girl das ich bin, habe ich mich schon einmal vorsorglich auf die Suche nach Ersatz gemacht und mußte zu meinem Leidwesen erfahren, dass selbst das inzwischen dritte Nachfolgermodell lĂ€ngst vergriffen ist. Uiuiui. Das bedeutet wohl, dass ich mich bei fremden Herstellern nach Alternativen umsehen muss. Das mach ich gar nicht gerne. In diesem Sinne:

Halte durch, kleine Maus!

* Falls irgendwer noch einen Ohrwurm gebraucht hĂ€tte…

Gestern Abend in der Unterfahrt: Mingus Ensemble mit ‘The Black Saint and The Sinner Lady’

“Forget all my other records” soll Charles Mingus selbst ĂŒber sein Opus geurteilt haben. Wer wĂ€re ich, dem Meister zu widersprechen? Viel schöner geht Musik nicht.

Auf der BĂŒhne der Unterfahrt steht ein zehn-Mann-und-eine-Frau-starkes Ensemble, davor sauge ich wie ein Schwamm im ersten Konzert seit langem im Halbdunkel des Raumes AtmosphĂ€re ein. Die Musik ist unglaublich schön, die Musiker engagiert mit viel Spielfreude, Instrumente glitzern im Scheinwerferlicht und klingen, klingen, klingen. Jedes Mal, wenn der Kellner vorbeiflitzt, um einem der GĂ€ste einen Wunsch zu erfĂŒllen, umweht mich ein kleiner Windhauch, der Parfums und diese ganz besondere Raumtemperatur, wenn viele Menschen lang KörperwĂ€rme abgegeben haben, in meine so lang auf Entzug gewesene Nase weht. Hach!

Danke, ein großes Danke, an Otgonbaatar Amgalanbaatar (as, cl) ‱ Nico Siebeck (ts) ‱ Khasar Ganbaatar (bs) ‱ Nico Weber (tp) ‱ Lukas Tutert (tp) ‱ Michael Haas (tb) ‱ Gergö Matyas (tuba) ‱ Simon Harscheidt (git) ‱ Marina Schlagintweit (p) ‱ Vincent Rein (b) ‱ Nathan Carruthers (dr)

Was fĂŒr ein Geschenk!