“Der Herrgott hat”, wie ein lieber Freund von mir zu sagen pflegte, “einen groĂen Tiergarten”, womit er ausdrĂŒcken wollte, dass jeder Jeck anders jeck ist und die Menschheit im groĂen Ganzen sowie auch im Kleinen und Halben einfach einen Vogel hat. Deswegen, und nur deswegen, gibt es eine Zielgruppe fĂŒr die zweimonatlich erscheinende Zeitschrift “Landlust”.
Ich bin am Wochenende bei Freunden, zu denen sich die aktuelle Ausgabe verirrt hatte, zum ersten Mal auf das Blatt gestoĂen. Es beschĂ€ftigt sich mit folgenden Themen:

So, wie alle davor, und alle danach, bis ans Ende der Zeit (also dem Tod der letzten Printausgabe. Und dann gehts online weiter, bis der letzte Server abraucht.).
Weil der FrĂŒhling kommt, mĂŒssen wir basteln. (So, wie wir das auch im Sommer, Herbst und Winter sowie allen Zwischenjahreszeiten tun.) Ăsterliche TĂŒrstopper im Huhnundhahndesign, HĂ€schen und Möhrchen in Strick, HĂ€kel, Filz und Origami. WeidenkrĂ€nze, bemalte Töppe, bestickte Kissen, bestickte SchĂŒrzen, bestickte WĂ€rmflaschen, bestickte Waschlappen.
Mein persönlicher Favorit waren Flamingo-Eierbecher. FĂŒr die muĂ man zunĂ€chst “nur” drei Teile hĂ€keln, diese “mit ein paar Stichen” zusammen- und dann RestfĂ€den wieder vernĂ€hen. Danach noch einen Pfeifenreiniger mit der pinken Flamingowolle umwickeln, auĂer ganz oben, dort mit schwarzer und weiĂer Wolle einen Schnabel erzeugen. Dann, man ahnt es, geht die Zusammen- und VernĂ€hrerei wieder los. AnschlieĂend auf den Pfeifenreiniger “mit ein paar Stichen” Augen sticken und den in dieses Dreiteilewolldings einnĂ€hen. Es gibt das ganze auch in Schwan und jedes Familienmitglied sollte beim OsterfrĂŒhstĂŒck die Auswahl haben dĂŒrfen. Waahaa?
Es handelt sich hier ĂŒbrigens nur um eine Auswahl möglicher Bastelarbeiten, frau kann sich ja nicht alles merken. Und selbst bei dieser reduzierten Menge, wĂ€re ich, wenn ich mir sowas antĂ€te, noch nicht einmal bis Ostern 2025 fertig.
Aber eigentlich geht es gar nicht ums Basteln. Nein, auch nicht ums Kochen oder Garteln oder Stricken oder was auch immer. Nein, die Zeitschrift ist quasi ein gedruckter Shopping-Kanal. Alles, was das Herz begehrt, jeder Topf, jedes GartenschÀufelchen, auch die rosa Flamingowolle steht zum Verkauf und wird flugs und ab einer signifikanten Menge versandkostenfrei geliefert. Schön ist das. Und so praktisch.
Die Redaktion hat nichts zu tun, auĂer verbindende kurze und kurzweilige Texte zwischen Werbeblöcken zu produzieren, die Leserinnenschaft (nein, ich gendere hier nicht!) ist ihrem Blatt treu verbunden und mitteilsam. (Man braucht ja bei all der Bastelei auch mal ein PĂ€uschen.) Angesichts der Bastelbegeisterung und den vielen “eigenen Ideen” ist die Angst um den Fortbestand der Menschheit absolut ein angemessenes GefĂŒhl.
Am schlimmsten oder anrĂŒhrendsten, da kann ich mich nicht entscheiden, sind die Bekanntschaftsanzeigen. FĂŒnf StĂŒck. Nur Sie sucht Ihn. Nicht ganz gĂŒnstig. Welcher Mann liest das, wenn Zeitschriften wie “Beef” am selben Kiosk ausliegen? Was geht in einem Hirn vor, das sich als “HĂŒbsches MĂ€dchen, 41 J., 169 cm, 53 kg” prĂ€sentiert und vom gesuchten “treuen Mann” (sonst nix, treu langt) Zuschriften an “justyna1981@t-online.de” erheischt? Definitiv eine RechenschwĂ€che, aber Hauptsache “hĂŒbsch”. Dieses Unwort. Auf sich selbst anzuwenden. Aber nein, Frau flockblog, ruhig bleiben.
Die sich ĂŒber viele Seiten ziehenden Kleinanzeigen preisen ein Sammelsurium aus Esoterik-Dreck, KunsthandwerkscheiĂe, NahrungsmittelergĂ€nzungsmittelchen gegen Krebs und andere schreckliche Krankheiten, KrĂ€uterpĂ€dagogen, Bronzefiguren, SchnitzmĂŒll und so weiter und so fort an. Ganz und gar grauselig.
Ahaber: Nie alles so schlecht, dass es nicht auch sein Gutes hat:
Wenn ich einmal alt bin und mir fad ist, werde ich ein paar solcher Druckwerke kaufen und dann daraus Lesungen veranstalten. Und zwar bei den Bastelnachmittagen, die eine offensichtlich sadistisch veranlagte Leserbriefschreiberin im Altenheim veranstaltet.