“Ein artig Filmchen” hätte es der Geheime Rat zu Weimar genannt, wenn es zu seiner Zeit schon Kinematographen gegeben hätte und er für “Whodunnit”-Kriminalgeschichtchen aus der Very British Kleinstadt einen Deut gegeben hätte. Weil auf mich, obzwar nicht Geheimrätin und eher im Süden Deutschlands ansässig, beides zutrifft, bin ich für diese Kritik eigens auf den Dachboden gestiegen und habe die staubige Kiste mit den obsoleten Wörtern herausgekramt.
Wir befinden uns in einer herzallerliebsten Welt, in der eine Tasse Tee immer ein Allheilmittel gegen Unbillen ist, ob das Leid nun kalte Füße, der Tod des geliebten Gatten oder Hamsters oder der Verlust irdischer Güter sein sollte. Erst mal “put the kettle on” und dann sehen wir, versorgt mit heilendem Heißgetränk, weiter. In dieser Welt ist das Städtchen Wildemarsh Heimat der drei tollen Tanten, Jane, Beth und Cat sowie Matildas, ihrer an Kindes statt angenommenen Nichte. Die Tanten schreiben und sind naseweise Einmischerin, Mattie ist Kriminalerin. Soweit, so missmarpelig.
Hätte können werden recht langweilig und betulich, ist aber pfiffig. Allein schon die Namensgebung der örtlichen Lokalitäten: The Crepe Gatsby Restaurant, Flight Club Travel Agents, The Sound & The Fury Records, The Call to Arms Arms Public House, The Donquix Hotel und die Dorfkneipe, The Embittered Hack. Hach! Dann die Tanten. Doppelhach! Alle nach Königinnen benannt und dessen mehr als würdig. Alle Kriminalautorinnen. Alle Archetypen. Jane (Siobhan Redmond), Jungfer, Besitzerin der lokalen Buchhandlung (Triple-Hach!!), “the Uber Rational”, in deren Sci-fi-Krimis ein Android Fälle löst, Beth (Sarah Woodward), Arztwitwe und langjährige Hebamme, die Intuitive, deren Held ein Kleriker ist und Cat (Julie Graham), die einsame Wölfin, Ex-Mitglied einer Frauen-Rockband, die – natürlich – Graphic Novels zeichnet. Ganz ganz noir. Außerdem Mattie (Olivia Vinall), ihre Nichte. Nach dem mysteriösen Verschwinden ihrer Mutter Eleanor früh verwaist, von den exzentrischen Tanten zur Normala aufgezogen, ein schmales puppiges Geschöpf mit platinblondem Bob, in großgemusterten hochgeschlossenen Blusen und immer irgendwas in leichtem Lichtblau drüber. So dermaßen kostümig, dass sie in der zweiten Staffel mit einer anderen Schauspielerin (Florence Hall) ausgetauscht wurde, ohne dass es wesentlich auffiel…
So ermittelt sich das Quartett durch seine höchst unterschiedlichen Fälle, ab und an spielen Männer (der Polizeichef (Martin Trenaman), der Junior-Kriminaler (Michael Elcock, ein ganz wunderbares Slapsticktalent), der Pathologe (Andrew Leung) sowie andere als Opfer und Täter) mit, und sie alle tun das in einer opulenten Ausstattung in sehr bunten Farben, in der jeder Buchrücken, jedes Plakat, jedes Zeilchen Text eine (meist literarische) Anspielung sind. Mir macht sowas Spaß und hinzu kommt noch, dass diese Serie ihren ganz großen Charme unter anderem daraus bezieht, dass eine allwissende Erzählerin (Juliet Stevenson; viele viele Hachs!) mit einer unglaublich schönen geschulten Stimme und ebenso unglaublich unnötig präzisen Detailangaben stets das Geschehen kommentiert.
Man mag die “Queens of Mystery” entweder sehr oder gar nicht, wie seinerzeit “Pushing Daisies” (s. https://flockblog.de/?p=35490). Ich für meinen Teil vergebe mehrere Hachs und hatte mit den Damen ein paar ausgesprochen nette Abende.