Noch in der Mediathek: Tatort Münster – Väterchen Frost

Ui schau, eine Weihnachtskrimischmonzette!

Das beschauliche Städtchen Münster im Advent. Weihnachtsmarkt. Weihnachtsdudellieder. Weihnachtsmänner. Weihnachtslichter. Selbst die Ketzerkäfige an der gotischen Kirche glitzern froh und weihnachtlich. Einen Glühwein? Aber hallo! “Glühwein!” donnert die Frau Staatsanwältin und Thiel und Börne schlürfen widerwillig das süße Schädelsprengergebräu. Ahaber: es ist eine scheinheilige Nacht. Wo Licht ist, ist auch Schatten und (wie wir spätestens seit der EAV wissen) das Böse immer und überall.

*** Ab jetzt Spoiler ***

Nadeshda, die liebreizende Kollegin, wird vom Weihnachtsmann (und Vater eines zu Unrecht einsitzenden Häftlings, aber das wissen wir jetzt noch nicht) entführt und statt sich in der Enttäuschung über das Scheitern ihrer Weihnachtspläne* zu suhlen, sind Thiel und Börne fast froh, was anderes zu tun zu haben (und sich ihre Einsamkeit nicht eingestehen zu müssen**) und ermitteln, wie von Väterchen Frost gefordert. Im Russenmafia- und Rockermilieu und bei zwielichtigen Schmuckhändlern, halt allem, was Münster herzugeben hat. Nach einer flotten Grabschändung, ein paar Rückenmarkspunktionen und anderen semilegalen Aktionen weisen sie mal schnell eine nicht nachweisbare Geheimdienstdroge nach sowie die Unschuld des Inhaftierten. Wie gut, dass Nadeshda und ihr Entführer sich im Versteck im Heimatmuseum hinter dem Elefantenhaus inzwischen über einer Flasche Wodka (sind wir nicht alle irgendwie Russen?) so nahe gekommen sind, dass ein lumpiges Stockholmsyndrom als Erklärung nicht mehr ausreicht. Im Showdown in der Mühle stellen unsere Helden den Mörder, einen südafrikanischen Burengeheimdienstdiamentenschmugglerschurken*** (schon allein das historische Impfbesteck im Monogramm-Etui weist ihn als ganz ganz Bösen aus). Dann ist alles gut. Entführer und Opfer so gut wie verlobt, Killer im Knast und Thiel und Börne auf dem Weg zum gemeinsamen Besäufnis.

Frohe Weihnachten!

* Verbindungsbrüder wollen wg. Erkältung nicht mit Börne zum Skilaufen ins Engadin kommen, Thiel-Sohn zieht Besuch bei Freundin in Australien statt Besuch bei Vater in Münster vor. Und die Frau Staatsanwältin nimmt dann doch lieber ein paar Akten zur Lektüre mit nach Hause, statt sich mit Prousts Suche nach der verlorenen Zeit zu quälen.

** An dieser Stelle vermißt man irgendwie das kollektive empathische laute Mitleids-Ooooaaaaahhh des Studiopublikums.

*** Allerliebste Idee: Jedes Mal, wenn er wen gemeuchelt hat, schenkt er der Dame seines Herzens einen jener scheußlichen Kosakennußknacker.

PS: Selbstverständlich gab es auch eine dialektisch-kritische Auseinandersetzung mit der Degradierung der Feier der Geburt des Erlösers zum Konsumevent. Die durfte Vaddern in einem Schimpfesatz aus dem Taxi rufen. Also, wenn bei diesem Tatort nicht an alles gedacht wurde, dann weiß ich aber auch nicht… Kann gar nicht verstehen, warum es beim Spon-Kritiker nur zu 2 von 10 Punkten gereicht hat. Wahrscheinlich war dem die Kalauerdichte zu gering.

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