Wiedergänger

Ich habe mich gestern wieder meiner üblichen Wochenendbeschäftigung gewidmet und Wohnungen besichtigt. Dabei ließ mich der Gedanke nicht los, daß es doch geradezu erschreckend ist, wie schnell Herumgerenne und -gesuche zur Routine wird. Möge diese Quest bald enden!

Durch Wohnung Nr. 1 führte ein Makler, der die Haare genauso Vokuhila trägt wie Rudi Völler in seinen Glanztagen. Wobei, von “führen” kann man beim Völlercousin nicht wirklich sprechen: eigentlich drückte er nur für jeden neuankommenden Besucher auf den Haustüröffnedichknopf, belästigte aber im weiteren die zeitgleich knapp 20 Interessenten (von 42 auf seiner Liste), die mit Kind und Kegel sowie Mann und Maus angereist waren und sich im Pulk durch die 65 Quadratmeter Wohnfläche schoben, weder mit Rat noch Tat, zeigte aber immerhin auf Nachfrage auf seinem Tablet (!) Bilder von Kellerabteil, Waschküche und Duplexgarage. Runtergehen war nicht. Wenn ihn jemand erfolgreich stellte, gab er huldvoll Selbstauskunftbögen aus, die man, vom Bewerber wahrheitsgemäß ausgefüllt, “in der Zentrale” sammeln und auswerten werde. Wichtig: “Don’t call us – we call you. Höhö.”

Nun war aber die Wohnung eine, bei der Lage, Preis und Ausstattung stimmen und die ich darum gerne hätte, also habe ich diese Drecksprozedur komplett nicht nur mitgemacht, sondern heute früh auch noch eine reizende Bewerbung mit sehr viel Selbst-Marketing geschrieben. Mannmannmann!

Wohnung Nr. 2 lag in einem entzückenden Wohnviertel, an einer Spielstraße mit Spielplatz in Hör- und Sichtweite, Nachbarinnen, die, die Ellen auf Kissen gestützt, das bunte Treiben auf der Straße fest im Auge haben und wenigstens sechs Neighborhoodwatchern, die mich (ich war 10 Minuten zu früh dran) von hinter ihren Gartenzäunen observierten. Ein Idyll, wie’s schrecklicher nicht geht. Die potentielle Vermieterin hinkte die Treppen zum “Kleinen Paradies mit Gartenmitbenutzung” voraus, das, obzwar “sofort bezugsfähig”, voller Möbel stand (und die Schränke und Kasten voller Geschirr und Kleidung). Hmmm? Ja, dem Vormieter sei es nicht gelungen, die Caritas zur Abholung zu bewegen und daher gehörte das jetzt alles zur Wohnung. Hmmm? Und wenn ich wirklich was ich nicht brauche, könnte ich das doch in den Keller stellen. Oder so.

Nebenher unterhielten wir uns über Arthrose und andere Gebrechen und Superduperhüft-OPs ole und, weil wir beide nimmer so gerne lange stehen, wurde ich zum Weiterplaudern auf einen Kaffee geladen. Das war sehr nett, aber die Wohnung liegt trotzdem immer noch JWD an der Überwacherstraße und ich mag mich außderdem nicht um Einlagerung und/oder Entsorgung von Herrenklamotten und -möbeln kümmern müssen.

Fazit: Lecker Kaffee, lecker Schoggi, seehr nettes Schwätzle – meine Vermieterin wird sie nicht.

 

Aktueller Stand: ich habe mich um zwei Wohungen beworben, bei denen ich mich sehr freuen würde, den Zuschlag zu bekommen und bin für jedes Daumendrücken, Gutwünschen oder sonstiges Voodoo sehr dankbar. Eine dritte Wohnung ist auf der besseren Seite von okay und wäre als Kompromiss akzeptabel – da muß der Vermieter aber noch lernen, die korrekten Einstellungen in seinem e-mail-Konto vorzunehmen. Ich kann ihm mein Interesse nämlich nicht mitteilen, wenn alle e-mails gebounced werden und das Profil auf ImmoScout längst gelöscht ist.

Add a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *

8 + eight =