Manuel hat einen Blackout. Nein, nicht die Art von Mist-gebaut-und-jetzt-Amnesie-vortäuschen-Politiker-Blackout, sondern die Variante kein Strom, kein Gas, kein warmes Wasser. Angefangen hatte es damit, daß USPS, die amerikanische Post, immer häufiger seinen Briefkasten nicht finden konnte. Das ist der Briefkasten, der sich seit dem Bau des Hauses vor ca. 50 Jahren nicht vom Fleck gerührt hat und Manuel ist auch nicht etwa neu zugezogen, sondern lebt dort seit seiner Geburt. Manchmal, an Samstagen, wurde dann doch ein mit Gummiband umschnürtes Bündel Wochenpost zugestellt, was darauf schließen läßt, daß der Samstagsbriefträger offensichtlich begabter war als sein Unterderwochekollege. Dann blieben mit Einstellen der Samstagspost (Sparmaßnahme) auch diese Bündel aus und alle Anrufe Manuels bei USPS waren ihnen unendlich wichtig und blieben fruchtlos.
Hat er eben alles auf “paperless” und online umgestellt und sich darauf eingerichtet, in Zukunft keine Geburtstags- und Weihnachtskarten mehr zu bekommen und fand das auch nicht weiter schlimm. Bis am Donnerstag das Haus dunkel blieb. Selbst dann blieb er ruhig, was ein bezeichnendes Licht auf den Umgang des hiesigen “Natives” mit der maroden Energieversorgungsinfrastruktur wirft. Ich hätte wahrscheinlich “schon” nach ein, zwei Stunden bei PG&E angerufen. Doch, eine Weile hätte ich auf jeden Fall gewartet, soweit bin ich auch schon, vor allem, weil PG&E ständig und in allen Medien unkt, daß uns wegen der Dürre ohnehin Stromausfälle ins Haus stehen. Das ist keine Frage des Ob, sondern nur des Wann. Er hat, was er brauchte, mit Batterien betrieben und als der Strom freitagfrüh immer noch nicht da war, eben kalt geduscht und sich vorgenommen, vom Büro aus anzurufen. “Things got busy” und bis er endlich dazukam, sich nach dem Status seiner Energieversorgung zu erkundigen, wars nach 15:00 Uhr. Nach geraumer Zeit in der Warteschleife hatte er wen dran und der fand nach einigem Herumklicken heraus, daß Manuel auf die schriftliche Mahnung, seine Rechnung zu bezahlen, nicht reagiert und man deswegen seine Energiezufuhr gekappt habe. PG&E ruft sonst wegen jedem Scheiß an, bei mir zum letzten Mal, als ich das Haus voller Besuch hatte und der Warmwasserverbrauch nach drei Tagen überproportional gestiegen war – Kunststück, wenn fünf Leute täglich duschen. Aber anzurufen, wenn man jemandem den Strom abzustellen gedenkt, das ist nicht vorgesehen. (Double-Faceplam!)
Manuel hat dem Customer Service Mitarbeiter und später auch dessen Supervisor ausführlich erklärt, wieso er weder Rechnung noch Mahnung erhalten hat. Fanden sie auch beide blöd und waren “very sorry”. Außerdem führt er aus, daß er sofort Maßnahmen ergriffen habe und nunmehr sowohl Rechnungszustellung wie -bezahlung elektronisch erfolgen. Ah! Nun komme man der Sache auf den Grund. Habe Manuel denn für die letzte Rechnung einen Scheck geschickt? Nein, hat er nicht, weil er doch auf Lastschrift umgestellt habe. Jaha, schon. Aber bis das bei PG&E “processed” werde, dauere es 6-8 Wochen und bis dahin sei der traditionelle Zahlungsweg einzuhalten. Das sei ihm so auch online angezeigt worden. Manuel schwört beim Leben seiner Mutter, daß nicht. Ich habe keinen Grund, an seiner Darstellung zu zweifeln und jeden, an der von PG&E. Wie er denn nun zu Strom komme, will er wissen. Easy peasy lemon squeezy: er brauche nur am Montagmorgen einen Scheck vorbeizubringen und innerhalb von vier Stunden habe man ihn wieder am Netz. Und man sei vollkommen flexibel, ganz egal bei welcher PG&E-Außenstelle er bezahlen werde, das sei alles voll computerisiert und würde nach Bestätigung des Geldeingangs sofort an die Freischaltstelle durchgeklickt.
Moooment! Jetzt ist es Freitag, gegen 16:oo Uhr. Ja, eben. Wie, ja eben? Freitags ab 16:00 Uhr beginne das Wochenende bei PG&E. Die Buchhaltung ist schon weg und im Außendienst seien nur noch “emergency crews” im Einsatz. Die könne man wegen sowas nicht behelligen. Das seien schließlich Lebensretter. Eine Ausnahme könne man nur machen, wenn in seinem Haushalt nachweislich ein Kind unter einem Jahr, ein Senior über 65 oder eine pflegebedürftige Person leben. Und? Tun sie das? Nein. Also, “Monday it is”. Und ob man sonst noch was für ihn tun könne?
Hat er mir alles vorhin erzählt, als er frisch geduscht darauf wartete, daß seine Ladung Wäsche durch die Maschine läuft**. Ein paar große Beutel Eis, um alles was verderblich ist draufzupacken, hatte er schon gestern Abend besorgt. Meine Steckdosen hängen voller Ladegeräte, überall blinken LEDs – ich bin gespannt, ob ich heute noch einen Anruf kriege, weil ich überproportional “charge”.
* s. http://bit.ly/1m5tLHl, vorspulen bis 0:56
** Amerikanische Waschmaschinen sind so konstruiert, daß das Wasser im Gasboiler erhitzt wird, bevor es in die Waschmaschine fließt. Deswegen kann man in meinem Haus entweder duschen oder Wäsche waschen, aber um Gottes Willen nicht beides gleichzeitig. Dann fliegt sofort die Sicherung raus.