Russian River

Wir haben am Donnerstag gelauncht. Und weil es in der Software-Entwicklung genauso zugeht wie überall auf der Welt, wurde die Zeit vor dem Abgabetermin auf einmal höllisch knapp. Toni und Christoph haben (inklusive des vorherigen Wochenendes) Tag und Nacht durchgearbeitet, kaum noch geschlafen und waren äußerst erholungsbedürftig. Ich auch, ich hatte nämlich aus reiner Solidarität ebenfalls Schlafstörungen. Was für eine glückliche Fügung, dass wir schon vor Wochen vorausschauend genug waren, uns ein “weekend-get-away” am Russian River zu buchen. Bei Ursel: http://bit.ly/tfMDTU*

Es fing auch genau an wie geplant: es regnete in Strömen und wir kamen viel zu spät los (letzteres war nicht geplant, aber zu erwarten gewesen). Die Fahrt zog sich ein bißchen, zum einen wegen des Wetters, zum anderen deswegen, weil immer alle am Freitagnachmittag woanders hinzuwollen scheinen und einem die Straßen verstopfen. Egal.

Wir sind da, der Schlüssel hängt wie vereinbart im mit Zahlencode gesicherten Schlüsselkasten. Jetzt nur noch schnell einkaufen, Wein, Feuerholz, Fleisch, Salat, Wein, Brot, Gemischtwurscht, Käse, Wein, Chips, Naschwerk, Wein, Nudeln, Rohkost, haben wir schon Wein? und das alles mit logistischem Geschick (“wer ist hier der beste Tetris-Spieler?”) in’s ohnehin schon vollgeladene Auto schlichten, von der Hauptstraße in den dunklen Finsterwald abbiegen, Haus finden, Licht finden (der Lichtschaltermonteur war definitiv ein Nonkonformist), ausladen, Betten verlosen (Kinderzimmer, Master Bedroom oder die Suite im Westflügel). Danach nur noch Einschüren (Christoph hat sich den Titel “God of Hellfire” redlich verdient), alles für’s Fondue vorbereiten (“Oh, verdammt. Salz vergessen. Und Spiritus. Und Butter.”), Toni noch einmal in die dunkle Regennacht schicken, das Versiebte zu besorgen. Setzen. Essen. Wein trinken. Und ab dann nur noch faulenzen. Auf der Terasse dampft der Hot Tub, in der Stube prasselt gut genährtes Feuer, ein Sessel ist bequemer als der andere – Idealbedingungen.

Ich stehe am Samstag schon lange vor den anderen auf, und betrachte aus dem Hot Tub, wie sich die Nebel über dem Fluß und aus dem Wald lichten, um einer überraschend kräftigen Sonne Platz zu machen. Das war nicht vorgesehen, wir hatten vielmehr mit einem total verregneten Wochenende vor dem Kamin gerechnet. Aber frau ist flexibel, wählt statt dickem Wollpulli den Sarong und folglich verbringe ich den ganzen Tag mit dem neuen Pratchett in der prallen Sonne draußen auf dem Deck. Manchmal besuchen mich meine eher lichtscheuen Begleiter für ein paar Minuten (bevor sie wieder im Dunkel geschlossener Räume verschwinden) und am Nachmittag, als die Sonne in den Redwoods verglüht und es schlagartig kühler wird, bekomme ich meinen Kaffee in den Hot Tub gereicht. Mann, geht’s mir gut! Für ein paar Minuten kommt es zu Aktionismus und wir steigen auf “unserer” Treppe hinab zu “unserer” Bootanlegestelle und machen ein paar Photos. Dann machen wir Pause. Und dann ist es wie immer: Christoph heizt uns ein, wir essen und trinken gut und schauen anschließend dem Feuer beim Brennen zu.

Sonntagfrüh gönne ich mir und meinem Rücken (es wird Winter und er meint, dass er darauf mit Schmerzen reagieren will) noch ein letztes Mal Aufheizen im Hot Tub. Nach dem Frühstück packen wir unsere Siebensachen wieder ins Auto, bringen mit Bedauern den Schlüssel zurück und fahren auf dem Highway One über Bodega Bay (ein Abstecher zu Mr. Hitchcocks Vögeln) und Point Reyes (“Occupy Point Reyes” im Dorfzentrum (3 Mann und ihr Plakat), ein herrlicher Sonnenuntergang am North Shore und so saukalt, dass mir gestattet wird, heute den ganzen Tag darüber zu schimpfen) wieder heim. Ehrenvolle Erwähnungen und Dank gehen an Toni, “The Driver” und Christoph, “The Stoker from Hell” sowie den Hot Tub (es geht nix über ein paar Stunden in heißem Bubbelwasser weichkochen).

So geht Erholung. Das machen wir wieder.

*Die Photos entsprechen der Wahrheit. Es ist wirklich so schön, wie es aussieht.

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