Sonntags bei den Giants

Ich leite meine Blogposts gerne mit Sprichworten ein und bin dabei auf die folgende Sammlung gestoßen “Der Wald im Zitat”, die niemand besser zusammengetragen haben könnte als die Waldnamensträger Reinhold Erlbeck und Frau Lieselotte Eichhorn (http://bit.ly/PhEGPX – die URL gibts heute statt eines Zitats).

Worum geht’s hier eigentlich? Richtig, um den nächsten Tag unseres Wochenendtrips zur Avenue of the Giants im Humboldt Redwood State Park. Am Parkplatz der Founders Grove (“Gründer Hain”) werden wir von einem asiatischen Touristen mit der Frage überfallen, ob dies da hinter dem Parkplatz denn schon der große Baum sei, den man hier photographieren müsse. Von wegen, erkläre ich ihm: die Attraktionsbäume sind weiter hinten, am Loop Trail – da muß man zu Fuß hingehen. Echt jetzt? Laufen? Er kann’s kaum fassen, zieht Gattin und Kamera mit sich und stapft eilends in den Wald. Als wir endlich am Founder’s Tree ankommen, treffen wir die beiden wieder – sie sind allerdings schon auf dem Rückweg. Bei uns dauert der Weg viel länger, weil wir schauen müssen und gute Waldluft inhalieren und viele Bilder machen. Und alles sehr genießen.

Anschließend fahren wir an den bovinen Creeks (Bull, Cow, Calf) vorbei zum Rockefeller Loop Trail, bestaunen stehende und gefallene Riesen, und dann – denken wir uns – könnten wir doch über die Mattola Road nach Honeydew fahren, um dort Kaffee zu trinken. (Klingt doch nett, oder?) Was zunächst noch eine wunderschöne und sehr steile und engkurvige Fahrt durch den Wald in die Höhe ist, wird mit der Zeit zum elenden Gegurke auf immer schlechteren Straßen, es geht ständig wieder hinauf und hinunter und da: eine einspurige Brücke – rumpel – schepper – wackel – und endlich: Honeydew.

Das ist mir mal so ein Kaff: Eine Ansammlung von Rednecks (alle mit Schirmmützen, die mit John-Deere- oder ähnlichen Logos bedruckt sind) sitzt unter schattigen Bäumen mit Budweiserbierdosen auf Picknicktischundbankkombinationen vor dem dortigen Tante Emma Gemischtwarenladen (amerikanisch “Mom and Pop – Store”) – gleichermaßen Post, Reinigungsannahme, Tankstelle (Zapfsäule mit “Patriot”-Benzin), Lebensmittelgeschäft, Liquor Store, Düngervertrieb, Landmaschinenreparaturannahme und Coffee Shop. Letzerer ist eine haushaltsübliche Kaffeemaschine irgendwo auf einem Brett im Laden. In der Kanne dümpelt ein trauriger Rest eiskalter durchsichtiger brauner Brühe vor sich hin und wir haben irgendwie auf einmal gar keinen Kaffeedurst mehr.

Es ist inzwischen nach 5:00pm und wir müssen heute noch nach Hause. Also lassen wir das mit dem Kaffee sein und Honeydew (http://bit.ly/bn3GYm) den Honeydewern (das ist wieder so ein Ort, in dem man nicht einmal schon seit Wochen tot über dem Zaun hängen möchte) und gurken zum Highway zurück. Auf den 101 treffen wir in der Höhe von Garberville; direkte Strecke wären das knapp 30 Meilen gewesen… – Merke (auf amerikanisch: “note to self”): das nächste Mal VORHER eine topographische Karte konsultieren.

Toni bekommt mit ganz großem Dank den Großen Fernfahrerorden am Bande verliehen – er ist die ganze lange Strecke alleine gefahren und ich hab’s unendlich genossen!

Wieder what learnt (Lektion 7)

Im Deutschen macht man sich anläßlich einer unangenehmen Situation ins Hemd oder hat die Hosen voll. In Amerika hat man es wieder gerne eine Nummer größer und behauptet: “Oh, wow, he’s gonna shit a canary.” (Habe auf die Schnelle nicht herausbekommen, woher sich der Vogel etymologisch ableiten ließe.)

Wenn das Beinkleid lediglich flattert, spricht man hier von “hissy pants”.

Amerika bannt wieder

In New York bekämpft der Bürgermeister Fettleibigkeit, indem er zuckerhaltige Getränke in Behältern, die mehr als einen halben Liter fassen, verbieten läßt. Auf den zweiten Blick ist das durchaus sinnvoll. “Sodas”, also alle zuckrigen (oder zuckerersatzstoffhaltigen) Getränke werden meist unbegrenzt nachgeschenkt (“free refill”). Wenn es nur noch kleinere Becher gibt, müssen durstige Moppel öfter aufstehen und zur Soda Fountain gehen – und Bewegung ist ja so gesund.

In Rhode Island sind “Father-Daughter-Dances” (im allgemeinen einer der Höhepunkte des Highschool-Schuljahres) ab sofort illegal, da die Veranstaltung Kinder alleinerziehender Mütter diskriminiere.

Verbieten ist halt auch leichter als sich Gedanken zu machen, wie man allen gerecht werden könnte.

42 days later

Auf den Tag genau vor sechs Wochen waren Christoph und ich auf der Avenue of the Giants unterwegs. Vorhin haben Toni und ich wieder im selben Hotel in Fortuna eingecheckt (mein Zimmer liegt genau gegenüber von dem, in dem wir im August geschlafen haben, und statt auf den Parkplatz geht der Blick auf die recht grelle Leuchtreklame der Tankstelle.)

Auch sonst ist ganz vieles ganz anders. Auf der Herfahrt präsentiert sich die Landschaft noch gelber und dürrer, durchsetzt von einzelnen schwarzen Flecken, wo es gebrannt hat und sich nur noch die stärksten Bäume, laublos und rußig, trotzig in den blauen Himmel recken. Der Herbst ist schon eingezogen, die Sonne steht tiefer, die Wasserläufe sind entweder nur noch kümmerliche Rinnsale oder gleich leere staubige Fluß- oder Bachbetten. Die wenigen Laubbäume werfen unter vollkommener Mißachtung eines ordentlichen Blattfärbezyklus’, gelbe vertrocknete Blätter ab, vereinzelte sind schon ganz nackt und bloß.

Wir sind uns wieder einig, daß wir die schlimmsten “Attraktionen” der Gegend auslassen (ein guter Indikator für das, was wir nicht haben wollen ist das Etikett “ein Spaß für die ganze Familie”) und fahren weder mit dem Auto durch eigens dafür ausgehöhlte Redwoodbäume, noch erklimmen wir den “Confusion Hill” (http://bit.ly/Q7PBi0) und schon gar nicht kaufen wir eine Kettensägenschnitz-Holzskulptur. Die Lumberjacks sollen bei ihren Leisten bleiben und bitte nicht aus lauter Langeweile unsägliche “chainsaw carvings” anfertigen; meist böse entstellte Bären.

Wir wandern und picknicken in Williams Grove, begehen den Chimney und den Eternity Tree. Beide sind irgendwann einmal ausgebrannt und seitdem innen in Wohnzimmergröße hohl, was sie aber von weiterem Wachstum nicht abhält. Schon sehr surreal, wenn man IN einem Baum steht und hinauf in die grüne Krone schaut. Zum Abschluß des heutigen Tages schauen wir vom Dyerville Overlook auf das Loch, das der Eel River bei der großen Flut 1933 von dem Siedlerstädtchen hinterlassen hat. Mag sein, daß das bei mir den unbändigen Drang ausgelöst hat, Fisch und Chips zu essen.

Morgen gehen wir wieder in den Wald und schauen uns die restlichen Bäume an.

Expect Delays

Man möchte zur Zeit nicht in Los Angeles wohnen und darauf angewiesen sein, mit einem Auto auf den dortigen Straßen von A nach B zu kommen.

Bevor demnächst das Space Shuttle Endeavor (möglicherweise ist der sehr niedrig fliegende Transport morgen sogar bei uns in der Gegend zu sehen; Rovi dazu: “Something so sad about a space-shuttle on the back of an air-plane… like watching Hugh Hefner piggy-back a 20 year old girl.”) über eine sorgfältig ausgwählte Route (Bedingung: keine Brücken; störende Bäume sind schon gefällt und Stromkabel verlegt) in ein Museum verbracht wird – “inching through the streets of Los Angeles” –  wird für das letzte September-Wochenende “Carmageddon II” herbeigeunkt. Auf dem Highway 405 soll ein Straßenerweiterungsprojekt abgeschlossen werden und er bleibt deswegen für ein ganzes Wochenende gesperrt. Das letzte Mal sind die Menschen einfach zu Hause geblieben und haben ihre Autos stehen lassen. Aber, so fragt die LA Times bang: wird das dieses Mal wieder so sein? Oder “Carmageddon II: Will the traffic strike back?”

Wir werden es sehen. Was ich dabei spannend finde, ist, daß selbst in der San Franziskaner Gegend seit zwei Wochen wieder Leuchttafeln vor dem besagten Wochenende in LA warnen, und bei Hotel- und Flugreservierungen ebenfalls Alarmfensterchen aufpoppen – selbst wenn man nicht mal im Süden Kaliforniens was buchen will.

Wahlkampf

Gestern Abend war Präsident Obama bei David Letterman zu Gast. Letterman bedauerte außerordentlich, daß Mitt Romney seine Einladung ausgeschlagen habe, umso mehr, als er ausdrücklich auch “Mrs. Mitt” dazu gebeten habe. Er vermute, daß Mitt denke, er, David Letterman, sei eifersüchtig, weil Mitt schon viel öfter bei Jay Leno in der Show war als bei ihm. Weit gefehlt. Die einzige Emotion, die das bei ihm hervorrufe, sei nicht Eifersucht, sondern Mitleid. So hat der Altmeister weiter fröhlich über den Gegenkandidaten gelästert, in dessen außenpolitischen Patzern geschwelgt und über die Zitate aus dem jüngst veröffentlichten nicht zur Veröffentlichung bestimmten Video hergezogen, in dem die “wenig elegante” Aussage fiel, daß die 47% der Bevölkerung, die keine Einkommensteuer zahlen, Schmarotzer und damit typische Obamawähler seien. Das sei doch der gleiche Mitt Romney, der sich weigere, seine Steuererklärungen offenzulegen, oder?

Der Präsident hat ein paar schlagfertige Antworten gegeben und im wesentlichen David machen lassen – ganz der Wahlkampfprofi.

Das Bildchen ist ein Gastbeitrag von Ronja und ich danke sehr dafür.

Notwehr

Ich habe den Wahrheitsgehalt der Meldung, die heute früh kolportiert wurde, nicht überprüft, weil ich die Reaktion darauf wesentlich interessanter fand als den eigentlichen Inhalt. Es wurde berichtet, daß bei Protesten gegen den anti-islamischen Film “Innocence of Muslims” in Pakistan wie üblich ein paar amerikanische Flaggen verbrannt wurden. Einer der Zündler habe dabei soviel giftigen Rauch inhaliert, daß er daran erstickt sei.

Ein bis dato nicht durch übermäßigen Patriotismus aufgefallener amerikanischer Bekannter darauf: “That’s my news of the day! I am so proud of our flag! She kind of defended herself.”

Sarcastic Rover twittert wieder

  • I have a cousin who’s an electronic voting machine, his name is “Apathy”.
  • Every planet has something to offer – Earth has life, Saturn has rings, Mars has… an impressive collection of dead or dying robots.
  • “Hey! Look at this cool rock I found!” Something both me and really annoying kids say.
  • MARS: You don’t have to be a mildly depressed atomic-powered laser robot to work here… BUT IT HELPS!
  • Of all the planets I’ve been to, Mars definitely ranks in the top two… though, it doesn’t rank high.
  • While it is true that I’m searching for water, that’s only insofar as water is a primary component of gin.

Higher than Haight-Ashbury (in the Sixties)

Es ist Samstagnachmittag. Auf dem Parkplatz auf Twin Peaks steht ein Auto, die Schnauze mit Blick auf die schöne Aussicht über der Stadt ausgerichtet, darin ein bleicher junger langhaariger Mann mit einem sehr breiten seligen Lächeln. Gelegentlich setzt er einen Sahnesyphon an den Mund, drückt den Hebel nach unten, inhaliert tief und dann läßt er, kalonk, kalonk, wieder eine Patrone aus dem Fenster auf den schon recht stattlichen Sprühpatronenhaufen fallen und lächelt noch ein wenig breiter. Was tut der Mann da und warum?

Es läßt mir keine Ruhe, also befrage ich daheim das Internet und lerne: Sahne wird mit Lachgas aufgeschäumt, also Distickstoffoxid (N2O) und das hat (ohne Sahne und direkt oral zugeführt) LSD-ähnliche Wirkung. Kein Wunder, daß die herbeigerufenen Bullen ein Problem haben: als Drogenbesitz gilt das Vorhalten eines Sahnesprühers mit Patronen sehr wahrscheinlich nicht. Wegen Parkens auf einem Behindertenparkplatz oder abgelaufener Parkuhr können sie ihn auch nicht drankriegen. Irgendwas werden sie ihm wohl anhängen; ich vermute “littering”.

Nach dem Motto:

Kalifornien herzeigen

Die ersten drei Tage der letzten Woche war mein Besuch im vorherbstlichen Wine Country. Hot Tub auf der Terasse über dem Russian River, Kajak fahren dortselbst und ständig gut essen und trinken – da war Nordkalifornien echt gefordert, sich selbst zu übertreffen. Hat’s natürlich mit links geschafft…

Freitag:
Auf dem Highway One nach Süden. Zwischenstop mit Photogelegenheit am Strand von San Gregorio. Salt Water Taffy und so viele Seelöwen wie noch nie auf/unter der Pier von Santa Cruz. Anschließend auf dem Highway One zurück nach Norden. Kite-Surfer vor Gegenlicht in Gegenwind an einem wunderschönen mir namentlich nicht bekannten Strand. Tidepoolhüpfen in Pescadero (zwei Seesterne).  Dinner in Barbaras Fish Trap in Halfmoon Bay. Zu Hause für den Rest des Abends mit Averna gegen Völleschmerzen gerungen.

Samstag:
Stadtauswärts über die San Mateo Bridge (wegen des schönen Blicks) und sofort wieder stadteinwärts über die Bay Bridge (wegen des schönen Blicks). Ausgedehnte Photosession auf Treasure Island. Skyline und Bay Bridge von unten, dazu noch ein sehr farbenfrohes Dragon Boat Race. Hinauf nach Twin Peaks, sehr schöner Blick auf die Stadt, Golden Gate und Bay Bridge sowie Reisebusjapaner. Hinab nach Crissy Field; Skyline, Alcatraz, etwas weiter weg die Bay Bridge und sehr nah dran die Golden Gate Bridge (von unten) und darüber hinaus jede Menge grillender Amerikaner. Viele Bilder gemacht, und ganz kurz vor Torschluß in der “Warming Hut” noch ein Heißgetränk bekommen. War auch dringend nötig, wg. flott untergehender Sonne und sehr kalten Pfeif- und Blasewindes. Abschließend nach Land’s End. Wie der Name schon sagt, sieht man von dort aus nichts mehr außer dem großen großen Pazifik (mit Sonnenuntergang, ohne Nebel).

Zum Dinner waren wir bei Freunden von Uli und Enno geladen, die mitten in der City in einem engen steilen viktorianischen Stadthaus in einer jener Wohnungen leben, die ich bisher nur aus Filmen kannte. Wunderschön. Es wurde Coq au Vin gereicht (was anderes hätte auch nicht gepaßt) und der armenischstämmige Hausherr ist ein Meister im Mixen von Manhattans. Zu Hause für den Rest des Abends mit Averna gegen Völleschmerzen gerungen.

Sonntag:
Freitags Wasser und Fisch, samstags Panoramen und Huhn, hmmm, was haben wir denn hier noch so? Genau: Wald. Eukalypten, Redwoods, Sequoias. Auf der Old La Honda Road hinauf- und herunter serpentint (wunderschöne Lichtwechsel in einem schon recht herbstlichen Mischwald), dann über die kurvige Straße zum Big Basin State Park, dort Father und Mother of the Forest (zwei über tausendjährigen Riesenbäumen) unsere Aufwartung gemacht (http://bit.ly/Qm9Wjk). Entgegen des Versprechens unseres Gastgebers vom Vorabend den “Motherfucker of the Forest” nicht gefunden. Auf dem Heimweg beim Mexikaner drei riesige Steaks gekauft und auf Smokey Joe gegrillt. Für den Rest des Abends mit Averna gegen Völleschmerzen gerungen.

Nordkalifornien hat sich wieder wacker geschlagen. Immer die Morgennebel von einer schönen heißen Sonne wegbrennen lassen und tagsüber mit klarem blauem Himmel und schönsten Landschaften geprotzt. Nun sind meine Gäste unterwegs nach Süden und es steht zu hoffen, daß sie das weiterhin jeden Tag erleben. Der Wetterbericht sieht gut aus und die Gegend sowieso (Highway One bis Los Angeles und dann über Yosemite und den Lake Tahoe wieder zurück in die Bay Area).

Habt viel Spaß! (Und verschwendet bloß keinen Gedanken an eure werktätige Freundin.)