Safety first!

Nach der Arbeit noch rasch einkaufen? Ja, schon, aber Toni muß zu Lucky und ich zu Trader Joe’s. Kein Problem, liegt alles nah beieinander, Toni setzt mich ab und sammelt mich auf dem Rückweg wieder ein, geht ja schnell.

Stimmt, meine paar Käse habe ich gleich beieinander, an der Kasse ist auch nichts los und noch kein Toni in Sicht, das, denke ich mir, nütze ich doch flott, um im Drug Store nebenan noch geschwind was zu besorgen. “Hurtig, Herrschaften, wo sind die Rasierklingen?” “Dahinten, in Gang 13.” Hineilen und flugs zugegriffen und mit der Hand gegen eine abgeschlosse Plastikbarriere geschrammt und vom Schildchen abgelesen, daß ich mir von einem Customer Service Representative helfen lassen soll. Dazu gibt es am Ende des Ganges ein Kundentelefon, wenn man das abnimmt erklingen fröhliche Weisen und eine Jubeltante fragt nach geraumer Zeit, womit sie heute zu Diensten sein kann. “Razorblades, bitte. Und zügig.” Aber ja, gerne, Kollege kommt gleich. Leider schicken sie die Juniorrepräsentantin, die sieht zwar sehr süß aus, trägt Puschelosterhasenöhrchen und ihr rosa T-Shirt teilt mir mit, daß sie “egg-static” sei, bloß, einen Schlüssel hat sie nicht. Für den muß sie nochmal weglaufen.

Dann will sie meinen Führerschein sehen, weil Rasierklingen an Jugendliche unter 18 Jahren nicht ausgegeben werden. Echt, jetzt? Die Volljährigkeit inklusive geistiger Reife sieht man mir doch wohl an. Doch da bleibt Häschen hart: “It’s the law.” Von mir aus. (Meine blühende Phantasie ist von der Kette: Was machen eigentlich Menschen, die zu einer Ethnie gehören, bei der Haarwuchs recht früh einsetzt? Verschieben die ihre Geschlechtsreife bis nach dem 18. Geburtstag? Oder wachsen sie vollkommen zu und der 18. Geburtstag ist ein Fest mit viel Schaum und ritueller Rasur? Vielleicht haben sie einfach nur ältere Geschwister oder verständnisvolle Eltern? Man weiß es nicht.) Bis Herzchen endlich aufgeschlossen, das Packerl aus der oberen Reihe mit viel Recken und Strecken persönlich entnommen und ich die Klingen endlich in der Hand habe, vergehen einige Minuten, dann noch Kasseschlangenstehen und beim Bezahlen belehrt werden, daß die Dinger heute im Angebot sind und die Kassenkraft ausnahmsweise so nett ist, mir den Coupon aus dem Prospekt herauszublättern, ihn auszuschneiden und für mich einzubuchen. Whoohooo, ich habe fast einen satten Dollar gespart – und den armen Toni dafür mindestens 10 Minuten warten lassen. Dabei wollte ich doch bloß schnell…

Merke: Nie nie nie mehr wieder g’schwind noch was in der Drogerie besorgen wollen. “G’schwind” ist in Couponschnäppchensafetyland nicht vorgesehen. Das geht nur in Schwaben.

Nimmer ganz neu im Kino: The Master

“The Master” ist ein Film bei dem man Abbitte leisten möchte, weil man nicht am Tag 1 im Kino war. Großartig, tiefgründig, verstörend und getragen von der Leistung und Leidenschaft zweier ganz großer Schauspieler, Joaquin Phoenix und Philip Seymour Hoffman. Hoffmans “Master” ist ein zerrissener Mensch, Alkoholiker und Intellektueller, Science-Fiction-Schreiber und Scharlatan, reich an Ideen und Größenwahn, angelegt an der Figur L. Ron Hubbards, des Gründers von Scientology. Phoenix’ Figur “Freddie Quell” ist kaputt, Alkoholiker und Veteran des Krieges im Pazifik und in der Wirtschaftswundernachkriegswelt nicht mehr lebensfähig, weil sperrig und aggressiv, nicht anpassungsfähig und schon gar nicht integrierbar. Mit welcher Wucht diese beiden Outcasts ihr immer stärker werdendes Abhängigkeitsverhältnis ausleben ist atemberaubend.

Anschauen! Anschauen!

Warum die Academy diesen Film noch nicht einmal nominiert hat? Keine Ahnung, ich vermute Feigheit. “Lincoln” ist allemal staatstragender und “Les Miz” publikumswirksamer; Singen und Tanzen machen Elend schließlich so viel leichter verdaulich. Ich freue mich, daß das Team Tarantino/Waltz geehrt wurde und Jennifer Lawrence hat seit “Winter’s Bone” einen festen Platz in meinem persönlichen Schauspielerolymp – aber “The Master” so vollkommen zu ignorieren ist ein Armutszeugnis. Hah!

Gelesen: “The Stupidest Angel” von Christopher Moore

Das Buch ist schon ein paar Jahre alt, nicht besonders dick und so recht dafür geeignet, sich an einem Sonntagnachmittag im sonnigen Garten weglesen zu lassen. Außerdem trägt es nicht umsonst den Untertitel: “A Heartwarming Tale of Christmas Terror”. Wem “Biff” (http://amzn.to/YqJ5nX) gefallen hat, der hat am dümmsten Engel auch seinen Spaß, wer “Biff” nicht kennt, hat was verpaßt und sollte die Lektüre schleunigst nachholen.

Warum vom allerdümmsten Dummengel Raziel in der deutschen Übersetzung nur noch ein törichter Engel geblieben ist, ist außer mit einer Neigung des Übersetzers zum obsoleten Wort nicht nachvollziehbar. Dann aber sehr.

Wassersport am Samstagmorgen

Dieses Mal haben scheint’s alle gepennt und deswegen habe ich nach der heutigen Stunde ein paar Optimierungsvorschläge für nächste Woche. Das Wetterzuständigkeitsamt hat seine Aufgabe immerhin zu 50% erfüllt, denn es war wieder sehr schön sonnig. Allerdings haben sie vergessen, den Eiswind aus Alaska abzustellen – und der kann es lässig mit dem sibirischen aufnehmen und läßt einen sehr bedauern, daß die gefütterte Fleecejacke in der Umkleide hängt. (Merke: Samstagmorgens keinen Wind machen!) Macht ja nix, ab ins Wasser, das ist schön warm. Ich wurde schon ein bißchen mißtrauisch, als beim Abnehmen der Babybeckenabdeckplane keine kleinen Dampfwölkchen aufstiegen und der erste Schritt in den Pool hat den Verdacht zur Gewißheit werden lassen: Der Poolheizzuständige war heute offensichtlich irgendwo anders unabkömmlich und konnte den Schalter in Burlingame nicht umlegen. Kalter Wind, kaltes Wasser, das sind bekanntermaßen alles keine Faktoren, die dazu beitragen, meine Laune zu heben. (Merke: Freitagabends den Pool anheizen!)

Wo bleibt denn bloß Desha? Ich friere mir hier trotz dem in weiser Voraussicht angelegten langärmligen T-Shirt und wildem Auf- und Abgehüpfe den Arsch ab und… ah, dahinten kommt sie angehetzt, mit dem roten Ghettoblaster auf der Schulter und freut sich riesig, daß immerhin eine Kursteilnehmerin erschienen ist. Wie schön, sie habe eigens die Namen aller Neuen memoriert, grinst sie, und heute sei sie damit besonders erfolgreich: “Hello Sabine, isn’t it a beautiful day today?” Mein bibberndes, zähneklapperndes “Well…” geht in ihrem enthusiastischen Wortschwall unter. Ist es nicht großartig, daß ich auch heute wieder Einzelunterricht bekomme? “You’ll love it! Because I do!” Sie sei ja nur deswegen später dran, weil sie soooo tolle neue Musik zusammengestellt habe und wir fangen auch gleich an, damit mir nicht noch kälter wird. On-Knopf gedrückt, doch das Gerät bleibt stumm. Es gibt auch keinen Laut von sich, als sie andere und dann mehrere Knöpfe drückt (und es hilft nicht wirklich, daß der Bademeister nebenher dem Becken die Temperatur mißt und sorgenvoll den Kopf schüttelnd “sixty-two”* murmelt). Dann los, ohne Musik. Wir machen das beste aus Kaltwasser und Eiswind und die heutige Stunde besteht im Wesentlichen aus Aufwärmübungen, unterbrochen von kurzen Yoga-Einlagen. Desha kann gar nicht anders als positiv denken und verspricht, daß mich das nicht umbringen, sondern nur stärker machen wird. Irgendwie bin ich willens, ihr das zu glauben, obwohl ich nach meinem Namaste wieder nur noch aus dem Becken kriechen kann.

Meinen hinkenden Abgang begleitet sie mit den Worten, daß es doch “awesome” wäre, wenn ich nun auch noch montags und mittwochs zu den “Sunrise Aerobics” käme. Gulp. Werktags? Früh um sieben? Darüber muß ich gut nachdenken.

 

* Ich kann immer noch nicht aus dem Stand Fahrenheit in Celsius umrechnen und mir ist zu Hause bei laufender Heizung nochmal ein Zusatzschauer über den Rücken gelaufen, als ich herausfand, daß die Wassertemperatur nur knapp über 16° C lag. (Das große Wettkampfbecken ist konstant auf 80F (26,5° C) beheizt und im Babypool wird man dafür schockgefroren. Aaarrggghhhh!)

Zu früh gefreut

Wir haben ja heute Presidents Day und frei, das heißt man könnte so viel schönes draußen machen, aber irgendein wetterverantwortlicher Depp hat den Frühling wieder gestrichen und nun ist es kalt, windig, bewölkt und ähbä.

Auch recht, dann putze ich eben und schaue später fern. Was gibts denn außer dem Wiener Tatort von gestern noch so auf fernsehstrom.de? Ui, super, “Arschkalt”, der steht schon ewig auf meiner Wunschliste. Denkste:

Also 1., Arte: this land is not my land und 2. habe ich der GEZ solchermaßen viel Geld in den Rachen geschoben, daß es lässig für meinen kleinen Bedarf an ExPat-TV reichen sollte und 3.  ist es einfach unverschämt, mich arschkalt im Regen stehen lassen. Hah!

Im Kino verpaßt: Moonrise Kingdom

Daß einen Bruce Willis im letzten “Die Hard” so enttäuscht, ist umso schlimmer, wenn man sich am Vorabend ein Double Feature zweier Wes Anderson Filme gegeben hat und sieht, was er kann, wenn ihn ein guter Regisseur führt.

“Moonrise Kingdom” ist eine ganz wundervolle anrührende Coming-of-Age-Geschichte in seltsam surrealen Bildern und Farben, die nicht umsonst jede Menge Nominierungen und Preise bekommen hat und sei einem/einer jeden ans Herz gelegt. (Willis spielt sehr überzeugend einen altmodischen Cop mit Herz und Verstand.)

Der Animationsfilm “Fantastic Mr. Fox” aus dem Jahr 2009 nach einer Buchvorlage von Roald Dahl ist eine Art Vorstudie; auch hier ist Erwachsenwerden das zentrale Thema und der Fuchsbau ein Modell für die Ausstattung des späteren “Moonrise Kingdom”.

Anschauen! Beide.

Neu im Kino: A Good Day To Die Hard

John McClane ist wieder da. Statt Feinrippunterhemd trägt Bruce Willis V-Ausschnitt-T-Shirt (weiß, damit man Blut und Ruß besser sehen kann) mit Karohemd drüber und weil es sich als Plot bewährt hat, muß er wieder seine Bagage retten, in diesem Falle den erwachsenen Sohn, der als CIA-Agent in Moskau in der Klemme sitzt.

Eine Materialschlacht sondergleichen (was allein an Autos zu Schrott gefahren wird, schreit zum Himmel), Waffenarsenale mittlerer Kleinstaaten werden verballert, es knallt ununterbrochen und ständig steht was in Flammen. Leider geht das Konzept dieses Mal nicht auf, weil sich die Macher nicht zwischen augenzwinkernd selbstironisch (“Hey, warum mache ich das eigentlich – ich bin doch hier nur in Ferien…”) und ernsthafter Action, angereichert um Familienkonflikte entscheiden konnten (Dissident und Bruce diskutieren während einer Straßenschlacht über die Probleme mit ihren Nachkommen – man war ja in der prägenden Phase leider doch berufsbedingt so häufig abwesend).

Da hilft auch kein “Let’s go kill some motherfuckers!”, das ist bloß noch Yippie-ach-je.

Kann man sich sparen.

Bitte, Bruce, don’t do it again! http://bit.ly/cSwmCk

Wasserspiele

Die Tagestemperaturen (wunderbar sonnige 20° C) der letzten Tage und die neue dicke Nebelwand um die City herum lassen es schon vermuten und spätestens heute früh auf meinem Weg zum Schwimmbad sind die Zeichen eindeutig: drei “Garage Sales” innerhalb von zwei Blocks – der Frühling ist da!

Wohin bin ich am hellerlichten Samstagmorgen unterwegs? Nach Burlingame, zum dortigen “Aquatic Center”, um an meiner ersten Aqua-Yoga-Fitness-Class teilzunehmen. Ich habe einen Zeitpuffer eingebaut, weil man ja nie wissen kann. Zum Beispiel, daß das Navi zwar die Adresse 1 Mangiani Way in Burlingame mühelos findet, dort aber die High School und noch lange nicht ein Schwimmbad steht. Das nämlich, verrät mir der freundliche Blätterbläser vom Schulhof, liegt um die Ecke, in der Oak Grove Avenue – hinter dem Parkplatz sei ein Trampelpfad, der führe genau zum Eingang. Umdrehen, Parkplatz finden und einfach in die Gegenrichtung all der Menschen gehen, die mir mit nassen Haaren entgegenkommen, mutig die Tür zur einzigen alleinstehenden Flachbauhütte öffnen und siehe da, tropfende Jugendliche in Schwimmkleidung und Badekappen. Hier könnte ich richtig sein. Bin ich. Die Registrierung gestaltet sich ein bißchen kompliziert, weil ich keinen “Account” habe (Kunststück, ich bin hier zum ersten Mal und habe den Kurs bei Groupon gebucht), aber der picklige Junglifeguard ist extrem bemüht und bekommt’s im Rahmen seiner Fähigkeiten schließlich hin (er schreibt meine Daten vom Führerschein ab und verspricht, den Zettel bei der Verwaltung abzugeben).

An irgendwas erinnert mich dieses Bad. Woran bloß? Genau! Das ist exakt das Vorkriegsambiente, in dem Oskar Matzerath seine Brausepulverspielchen spielt. Der Boden ist durchgehend asphaltiert, links “Men’s lockers and showers”, recht “Women’s”. Von den drei Duschen spuckt eine einzige widerwillig warmes Wasser aus (“Caution: HOT!” steht auf dem handgeschriebenen Schild darüber), auf dem Boden im Umkleideraum liegt eine siffnasse hölzerne Palette und wer kein Schloß von zu Hause mitgebracht hat, kann sein Schränkchen eben nicht abschließen.

Wurscht. Ich wage mich aufs Gelände. Ein großes Becken, ein kleineres, ein winziges. Wo muß ich hin? Da drüben, sagt man mir, ins Babybecken. Es gehe aber erst in 10 Minuten los und der Trainer sei noch nicht da. Nochmal wurscht. Ich sitze Mitte Februar im Badeanzug um kurz nach 09:00 morgens draußen, halte meine Gesicht in die Sonne und fühle ein tiefes “Ommmmm.” Auftritt Desha. Sie stellt ihren Ghetto-Blaster auf, sammelt ihre Schäfchen (mich), schickt mich in den “Warm Pool” (der an der tiefsten Stelle 3.5 Füße, also knapp einen Meter tief ist) und weil heute früh außer mir keiner Yoga machen wil, ernennt sie sich kurzerhand zu meinem “Personal Trainer” und wir beide turnen eine Stunde lang Power-Aqua-Yoga zu Lady Gaga und den Supremes. Anschließend krieche ich naßgeschwitzt aus dem Wasser, murmele mein Namaste und versuche nach spannenden Balanceakten auf der Umkleidepalette halbwegs würdevoll zum Auto zurückzuhinken.

Meine Fresse! Bis nächsten Samstag sollte der Muskelkater soweit abgeklungen sein und ich habe Platz für einen neuen.