Die Tagestemperaturen (wunderbar sonnige 20° C) der letzten Tage und die neue dicke Nebelwand um die City herum lassen es schon vermuten und spätestens heute früh auf meinem Weg zum Schwimmbad sind die Zeichen eindeutig: drei “Garage Sales” innerhalb von zwei Blocks – der Frühling ist da!
Wohin bin ich am hellerlichten Samstagmorgen unterwegs? Nach Burlingame, zum dortigen “Aquatic Center”, um an meiner ersten Aqua-Yoga-Fitness-Class teilzunehmen. Ich habe einen Zeitpuffer eingebaut, weil man ja nie wissen kann. Zum Beispiel, daß das Navi zwar die Adresse 1 Mangiani Way in Burlingame mühelos findet, dort aber die High School und noch lange nicht ein Schwimmbad steht. Das nämlich, verrät mir der freundliche Blätterbläser vom Schulhof, liegt um die Ecke, in der Oak Grove Avenue – hinter dem Parkplatz sei ein Trampelpfad, der führe genau zum Eingang. Umdrehen, Parkplatz finden und einfach in die Gegenrichtung all der Menschen gehen, die mir mit nassen Haaren entgegenkommen, mutig die Tür zur einzigen alleinstehenden Flachbauhütte öffnen und siehe da, tropfende Jugendliche in Schwimmkleidung und Badekappen. Hier könnte ich richtig sein. Bin ich. Die Registrierung gestaltet sich ein bißchen kompliziert, weil ich keinen “Account” habe (Kunststück, ich bin hier zum ersten Mal und habe den Kurs bei Groupon gebucht), aber der picklige Junglifeguard ist extrem bemüht und bekommt’s im Rahmen seiner Fähigkeiten schließlich hin (er schreibt meine Daten vom Führerschein ab und verspricht, den Zettel bei der Verwaltung abzugeben).
An irgendwas erinnert mich dieses Bad. Woran bloß? Genau! Das ist exakt das Vorkriegsambiente, in dem Oskar Matzerath seine Brausepulverspielchen spielt. Der Boden ist durchgehend asphaltiert, links “Men’s lockers and showers”, recht “Women’s”. Von den drei Duschen spuckt eine einzige widerwillig warmes Wasser aus (“Caution: HOT!” steht auf dem handgeschriebenen Schild darüber), auf dem Boden im Umkleideraum liegt eine siffnasse hölzerne Palette und wer kein Schloß von zu Hause mitgebracht hat, kann sein Schränkchen eben nicht abschließen.
Wurscht. Ich wage mich aufs Gelände. Ein großes Becken, ein kleineres, ein winziges. Wo muß ich hin? Da drüben, sagt man mir, ins Babybecken. Es gehe aber erst in 10 Minuten los und der Trainer sei noch nicht da. Nochmal wurscht. Ich sitze Mitte Februar im Badeanzug um kurz nach 09:00 morgens draußen, halte meine Gesicht in die Sonne und fühle ein tiefes “Ommmmm.” Auftritt Desha. Sie stellt ihren Ghetto-Blaster auf, sammelt ihre Schäfchen (mich), schickt mich in den “Warm Pool” (der an der tiefsten Stelle 3.5 Füße, also knapp einen Meter tief ist) und weil heute früh außer mir keiner Yoga machen wil, ernennt sie sich kurzerhand zu meinem “Personal Trainer” und wir beide turnen eine Stunde lang Power-Aqua-Yoga zu Lady Gaga und den Supremes. Anschließend krieche ich naßgeschwitzt aus dem Wasser, murmele mein Namaste und versuche nach spannenden Balanceakten auf der Umkleidepalette halbwegs würdevoll zum Auto zurückzuhinken.
Meine Fresse! Bis nächsten Samstag sollte der Muskelkater soweit abgeklungen sein und ich habe Platz für einen neuen.