Kopfgeld (Dead or Alive)

Für Hinweise, die zur Ergreifung des seit ein paar Tagen flüchtigen “Copkillers” Christopher Dorner führen, hat die Polizei in Los Angeles nunmehr eine Million Dollar Belohnung ausgelobt (mit der Hilfe großzügiger privater Spender).

1. Vor weniger als 200 Jahren war das hier noch der Wilde Westen.

2. Dr. Schultz, übernehmen Sie!

Hach!

Wenn ich das Büro abends verlasse, ist es nicht mehr stockdunkelfinstere Nacht, sondern noch so hell, daß man in den Vorgärten die jungen gilbigen Dürrräudeflecken wahrnimmt. Zu meiner Linken (Westen, Pazifik) gibt die einfallende Dämmerung eine Lightshow in abfallenden Rottönen und hintergrundbeleuchtet auf der Fahrt die Scherenschnittwälder auf den Hügeln, bis sie sich in diffusem Grau auflösen. Eine nadeldünne Mondsichel liegt rittlings am Himmel und trägt wie ein Körbchen über sich schon den schimmernden Vollmondhenkel. Unter den Magnolienbäumen türmen sich verwelkte Blüten, die Hälfte der Kollegen (Amerikaner und zugereiste Konvertiten) niesen sich fast die Nasen ab und stöhnen schneuzend von “allergies”* und der Radiowettermann hat “”positively no rain” für die nächste Zeit versprochen.

Ich kombiniere mal, frei nach Nick Knatterton: Spring is in the Air! Bissele wärmer darfs noch werden, aber ansonsten ist da schon sehr viel Schönes dran.

*Allergien zu haben gehört hier zum guten Ton, wer nix hat und nicht allzeit seine EpiPen griffbereit, mit dem stimmt was nicht.

Paranoia rulez

Der Leuchtschildbestücker beim CalTrain hat wohl ein bißchen zu viel “Homeland” geschaut und den Passagieren folgendes mit auf den Weg gegeben: “Plan ahead and program 911 into your phone.” Ernstlich jetzt? Gleich “planen”? Weil irgendwann sicher irgendwas passieren wird, wofür man den Notruf braucht? Scheint auch so ein Ex-Pfadfinder zu sein und allzeit bereit. (Danke an Toni für dieses Fundstück.)

Apropos Pfadfinder. Bei denen stand am Mittwoch die Entscheidung an, ob man das seit jeher bestehende Verbot aufheben und offen homosexuellen Menschen nun die Mitgliedschaft erlauben solle. Das Gremium hat lange lange getagt, bis endlich weißer Rauch aufstieg. Für die Entscheidung, einen Beschluß vorerst bis Mai zu verschieben. Geht’s noch? Selbst die Army hat sich von “Don’t ask – Don’t tell” verabschiedet und eine Jugendorganisation kriegt’s nicht hin? Aber sich über Mitgliederschwund wundern.

Fernsehen: Homeland (Season 2)

Die zweite Staffel lag schon eine Weile bei mir auf Halde (ich hasse es, Serien wochenweise Folge für Folge zu sehen), ich war aber irgendwie nie so recht in Stimmung, mich wieder auf die paranoide Welt der Geheimdienste und ihren Kampf gegen den Terror einzulassen. Aber nachdem jetzt schon Anfragen aus der Heimat kommen und Peter Praschl im SZ-Magazin Artikel schreibt (http://bit.ly/Vy1LA6 – a bissele sehr hymnisch und schwülstig, aber es ist für einen guten Zweck, nämlich Claire Danes zu loben), war ich ja quasi in die Chronistinnenpflicht genommen.

Ein Wochenende Paranoia, Action, Knallbummpeng und genug Blut für eine Blutwurst, länger als die Achse des Bösen. Fazit: actionreicher als die erste Staffel, immer noch sauspannend und (das ist das erfreuliche an Fernsehen im Vergleich zu Kinofilm) alle Figuren konsequent weiterentwickelt.

Anschauen!

Anschauen!

Regionale Besonderheiten

Beim Weintrinken kamen wir unlängst wieder drauf, daß man hier unverhältnismäßig oft an Unfallstellen vorbeifährt, bei denen ein oder mehrere Fahrzeuge auf dem Dach zu liegen gekommen sind (“flipped over”). Das, so der Freund, der eine Zeitlang in Los Angeles gelebt hat, sei aber noch gar nichts, denn in LA entzündeten sich Fahrzeuge einfach spontan (“car fire”) und man sehe ständig ausgebrannte Autogerippe am Straßenrand.

Ob das wohl auf die südlichere Lage zurückzuführen sein könnte? Vollkommen wurscht, das klären wir heute nimmer. Nachschenken, weitertrinken.

Ungleich spannender war unser nächstes Thema: wie fühlt es sich an, nach mehr als 10 Jahren in Amerika wieder nach Deutschland zurückzugehen? Hmmmm. Es sei ein Kulturschock, ein überraschend großer sogar. Nach einer Dekade habe sich naturgemäß viel verändert und man stoße bei den neuen Kollegen, Vermietern, Beamten immer wieder auf Unverständnis, wenn man seine Unkenntnis artikuliere. “Du bist doch Deutscher, du mußt das doch wissen.” Und man lerne amerikanische Selbstverständlichkeiten zu schätzen, wie behindertengerechtes Bauen, Ladenöffnungszeiten und Political Correctness.

“Heimkehren” steht mir noch bevor; ich bin sehr gespannt, wie meine Eindrücke sein werden.

Valentinstag ante portas

Niemandes “Valentine” zu sein, ist hier ein ganz schlimmes gesellschaftliches Stigma und führt dazu, daß die Partnerbörsen gerade werben wie wild. Mein Briefkasten ist ständig mit Prospekten vollgestopft, aus denen mich (“real photos!!!!” – die Anzahl der Ausrufezeichen ist von denen und nicht von mir) vielzahnige und gutfrisierte Menschen anstrahlen (“good hair” ist etwas, was sich Amerikanerinnen von einem Partner unbedingt wünschen und kommt noch vor humorvoll) – die meisten sind auch noch blond und blauäugig. (Bei mir ruft das ja eher Assoziationen in Richtung Lebensborn hervor.)

Einem Flyer habe ich entnommen, daß die Partnervermittlung aktuell ihr Servicespektrum erweitert hat, und nun auch Ex-con-Ref, Employment Check sowie Clean Driver Record-Check anbietet. Schon klar, so groß ist die Not dann doch nicht, als daß man sich als Valentine einen Ex-Knacki, Arbeitslosen oder jemanden mit Punkten im hiesigen Flensburg-Äquivalent zulegen würde. Das hieße ja, ein Stigma gegen ein anderes zu tauschen.

Heuchlerpack, elendes!

Wenn’s 2 x klingelt

könnte das jeder sein. Mormonen auf Missionstour, Sam mit Viktualiennachschub, die Zeugen Jehovas, Boy- oder Girlscout Cookies verscherbelnde Pfadfinder, Lyn, die die Klingel beim ersten Mal wieder nicht gehört hat, die Nachbarsbuben, die ihren Ball in meinen Garten geschossen haben. Wirklich jeder. Außer dem Postmann.

USPS spart und darum wurde die samstägliche Briefzustellung eingestellt.

The Omen

Als ich frühmorgens das Haus verlassen, spannt sich über den Himmel ein leuchtender Regenbogen, das Thermometer im Auto zeigt 42F (ist zwar kalt, aber einfach eine schöne Zahl), auf dem Weg zum Büro finde ich einen Dime (ein Zehnerl) und nicht wie üblich einen Penny (9 mal weniger bücken) und mein Glückskeks beim Mittagschinesen verspricht mir für den Abend “fun with friends”. Der Keks meiner New Yorker Kollegin unkt dagegen: “exciting times ahead”.

Was soll ich sagen: fortune cookies lügen nicht. Der Rückflug der Kollegin wurde wegen Superblizzard “Nemo”* fünf mal verschoben und davon vier mal wieder storniert, mit viel Glück ist sie heute irgendwann im Laufe des Tages von der West- an die Ostküste zurückgeflogen worden. Ich hingegen hatte einen sehr netten Abend mit einem Freund, der auf der Durchreise spontan auf ein paar Gläser Wein vorbeigeschaut hat.

*Uns hier hat Nemo eiskalte Nächte gebracht, Puderzuckerhäubchen auf den Gipfelchen über 1000m und viel Neuschnee in der Sierra (vier Autostunden weit weg und wunderbar zu ignorieren).

“CA 8D83987 Grey Nissan Titan – Call 911”

blinken die Anzeigeschilder auf dem 101. Was ist nun wieder? Sonst steht immer dabei, weswegen ein Fahrzeug gesucht wird und meist geht es um ein entführtes Kind (wie hier: http://bit.ly/XqFhm6). Rasch gegoogelt und herausgefunden, daß ein Ex-Cop aus LA (gut trainiert und schwer bewaffnet, natürlich) “on the loose” ist und schon drei Menschenleben auf dem Gewissen hat.

Wenn hier demenzkranke Menschen abhanden kommen, ruft man einen “Silver Alert” aus, bei Kindern ist es ein “Amber Alert” (hat nichts mit Bernstein zu tun, sondern steht für das entführte und ermordete Mädchen Amber Hagerman in deren Gedenken das Backronym* “America’s Missing: Broadcasting Emergency Response” geschaffen wurde). Jetzt, wo nach einem Ex-Polizisten gefahndet wird, wurde ganz flott der “Blue Alert” erfunden. (Paßt ja auch so gut zur Uniform.)

 

* Unter einem “Backronym” versteht man ein Begriffskonstrukt, damit als Abkürzung ein bereits existierendes Wort verwendet kann.