Lebende Sprache

Lance Armstrong hat sich als Beichtmutter für sein Dopingbekenntnis Oprah gewählt (und mit ihr eine Einschaltquote von ca. 4 Millionen Fernsehzuschauern). Im Nachgang ist für dergleichen Bekenntnisse nun der Begriff “doprah” entstanden, gleichermaßen als Verb wie als Substantiv anwendbar.

Gern geschehen

Als Zugezogene und Linguistin kann ich mich immer so aufregen, wenn ich ertragen muß, wie Amerikaner ihre Muttersprache malträtieren. Mein aktueller Aufreger ist die Wurschtigkeit, mit der durch den faulen Verzicht auf ein Apostroph eine eigentlich freundliche Antwort vollkommen sinnentstellt daherkommt. Man schreibt hier nämlich gerne statt “You’re welcome” rotzig “Your welcome”. Es wird auch nicht besser, wenn die Absenderin ein Problem mit den Einstellungen in ihren e-mails hat, und diese Floskel im Laufe des Tages 10 Mal in meinem Posteingang eingeht. Dann nämlich rege ich mich über diesen Schwachsinn gleich 10 Mal auf.

Himmelkruzitürken nochamoi! Lernt’s endlich g’scheit Englisch, Amis, damische!

K.O.-Kriterium (für Rainer M.)

Aus einer Stellenanzeige:

The ideal candidate must
[…]
Read maps, and follow written and verbal geographic directions.

Dann ist der Job wohl nix für ODPs.

PS: Ich warte immer noch auf die Armbinde.

Neulich auf dem Amt

In den USA ist jedes Unternehmen geheißen, nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Census-Fragebogen ausfüllen (wo seid ihr?, was habt ihr letztes Jahr eigentlich gemacht?, mit wievielen Mitarbeitern?, und wieviele davon sind keine Amerikaner?, was ist denn dabei so rumgekommen?, etc.). Online, selbstverständlich, das spart uns allen ja soviel Zeit und Arbeit.

Damit nichts daneben geht, erscheint nach jeder Eingabeseite folgende Meldung: NOTE: Password is case sensitive. Also, please pay attention to 2 vs Z, 5 vs S and 8 vs B. Wahrscheinlich darf man ihnen noch nicht einmal ein X für ein U vormachen. Für wie blöd halten die ihr Volk eigentlich?

Wieder what learnt (Lektion 11)

Heute mitgehört, als sich zwei Jungs über einen abwesenden Dritten unterhielten. “He’s a dud, not a dude.”

“Dud” steht im Wort- und im übertragenen Sinne für Blindgänger, und ein “Dude” ist, wie wir seit “The Big Lebowski” wissen, ein echt cooler Typ. (Sofern der Begriff “cool” im Deutschen noch verwendet wird.)

Jäger und Sammler (Valentinsedition)

Das Paarungsverhalten ist in den USA wesentlich stärker institutionalisiert als ich das aus Deutschland kenne.

Valentinstag geht folgendermaßen: Der Herr führt die Dame seiner Wahl zum Dinner aus. (Ein Movie anschließend geht auch, aber nur, wenn es ein “chick flick”, also ein Mädchenfilm ist. Der neue “Die Hard”, auch wenn das Männchen ihn gar zu gerne sehen möchte, ist unangemessen und Bruce muß sich heute ohne ihn in Moskau herumschlagen. “Die Heart” hätte vielleicht geklappt…) Des weiteren sind Geschenke verpflichtend. Eine “Box of Chocolates” (rosa, in Herzform), irgendein neues BlingBling vom Juwelier (die Verpackung ist verpflichtend herzförmig und rosa) sowie rote Rosen. Der Rosaromantik wegen gilt Valentinstag neben Weihnachten als einer der Feiertage, an denen der Mann (selbstverständlich auf Knien und noch mehr BlingBling vorweisend*) eine Heirat beantragen kann (“to pop THE question” wie das hier heißt) und gute Chancen auf Kreischen, Hüpfen, Armwedeln sowie ein “Yes” von seiner Angebeteten hat.

Ich habe auf dem Heimweg allein auf den knapp 7 Meilen, die wir auf dem El Camino Real langfahren, an drei Tankstellen von Männern umlagerte Stände fliegender Händler gesehen, voller rosa Ballons und rosa Flitterglitterfirlefanz in Herzform sowie riesigen Blumenkübeln. Der Einfachheit halber gibt es nur rote Rosen, in den Varianten lang- und extralangstielig. Der Absatz gegen 07:00 abends war reißend.

In der Kurzfassung geht es um (Zitat eines Radiosprechers) “Track her down, tie her up, drag her home” (auf gut Deutsch: SIE, die Beute, stellen, fesseln, inhöhlezerren). Wenig überraschend, daß die Metaphern der Jagdsprache entlehnt sind (http://bit.ly/15gJrCt), der Lederstrumpf hat hier erst vor knapp 200 Jahren sein Wesen getrieben.

Ich habe ja mit all dem so gar nichts am Hut. Es mag daran liegen, daß ich romantically challenged bin und mir lieber Bruce Willis ansehen würde.

 

* Als gängiger Preis für den Verlobungsring gelten zwei Bruttomonatsgehälter, die Karatzahl ist der Gradmesser für die entgegengebrachte Zuneigung und als angemessener Zeitraum darf 1 Jahr “Dating” nicht überschritten werden.

Life is a Bitch

Meine Palo Altaner Referenzbekannte hat sich neben Haus, Garten, Gatten, Gärtner, Nanny und drei Kindern kurz vor Weihnachten einen Familienhund angeschafft. Die Integration des letzteren in das externe Betreuungssystem wird unter anderem dadurch erschwert, daß ausbeutungswillige Kinderfrauen immer rarer werden. (Es ist einfach zu schön, die Dame im Brustton ungläubig-verletzter Fassungslosigkeit sagen zu hören “My nanny quit on me. Again.”) Zum Glück gibt es Hundeschulen. Mittwochs geht das Tierchen zur “puppy class”, wo unter anderem stubenrein sein (heißt hier “house-broken” und das spricht Bände) und Kommandos gehorchen geübt wird. Anschließend darf es noch eine halbe Stunde in den “puppy socials” mit den anderen toben, bevor nacheinander Kinder und Hund aus den jeweiligen Tagesaufbewahrungen abgeholt werden. Weil die Kinderfrau desertiert ist, steht kein Abendessen auf dem Tisch und die Eltern müssen die Kinder anschließend selbst zu Bett bringen, weil der Babysitter unter Hinweis auf anstehende Prüfungen den Dienst verweigert. Und weder Nanny McPhee noch Mary Poppins haben ein Einsehen.

Manchmal beneide sie mich um mein einfaches Leben, seufzt sie. Ich beiße mir auf die Zunge und antworte nicht, daß sie a) keine Ahnung von meinem Leben hat (und es sie auch nichts angeht), b) selber groß ist und sich für ihre Option entschieden und c) Klischeeleben halt seinen Preis hat. (Das Arrangement auf dem diesjährigen Weihnachtsbild für den bragging letter (http://bit.ly/Y216Z2) war wie folgt: im Zentrum vorne der Welpe mit einem Santa-Mützchen, dahinter drei zahnlückige Kinder, dahinter Eltern, dahinter Kaminfeuer und am Sims fünf strumpfförmige Strümpfe sowie ein knochenförmiger.)