Dicke Nebelwände vom Pazifik, der City und der Bay nehmen heute San Bruno in die Zange, selbst in meiner Wohngegend East of the tracks sehe ich nur Shades of Grey. Auch recht. Das ist ein Spitzenwetter für dies und das, zum Beispiel endlich Haare schneiden lassen.
Im Beautysalon sind nur zwei Kundinnen, Mutter und Tochter; letztere im ersten College- und offensichtlich letzten Entlein-Jahr (dicke Brille, Zahnspange, grauer Schlabber-Turnanzug), auf Sommerferienheimatbesuch, deren gemeinsame Vorstellung von Mother-Daughter-Quality-Time Tratschen bei Mani/Pedi ist. Ich habe wieder die erfreuliche Friseurin erwischt, die, nachdem wir uns über das heutige Programm geeinigt haben (nur Spitzen schneiden (heißt hier “Trim”, wie bei Pudeln) und kein Tütü mit Waschen und Föhnen) sofort schweigend loslegt.
Brillenlos blind bin ich gezwungen, Mutter und Tochter zuzuhören. Muttern geht mit der Zeit und hat ein Smartphone und zeigt Bilder. (Was war das früher schön, als man sich zum Album oder Dias gucken noch extra verabreden mußte und im Bedarfsfall kurzfristig absagen konnte.) Tochter ist eine gute Tochter und genügt ihrer Kindespflicht mit Bildbeschreibungen. (Als ob sie nicht beide auf das gleiche Photo guckten.)
Tochter [girlie-giggelnd]: “OH MY GOD! Ist der thüüüthß! What a doll! (Das sagt man hier, wenn man jemanden besonders hübsch findet: “He/she’s a doll!”, also ein Püppi.) Und soooo eine hübsche Fliege! Und die Nägel – tolle Farbe! Ist das…?”
Mutter [unterbricht totstolz]: “Yeeaah: that’s purple with shiny sprinkles!”
Tochter [noch mehr girlie-giggelnd]: “Really??? Toooo cuuuuute! Und die Öhrchen erst! Und…!”
Mutter [unterbricht schon wieder, scheint sich um ein Kommunikationsmuster zu handeln]: “Ja, die Ohren haben wir machen lassen. Ist richtig gut geworden, gell?” [Ihr Telefon klingelt, die Bilderschau wird fürs Gespräch kurz unterbrochen und Mutti erklärt dem Menschen am anderen Ende, daß “we girls” am Trocknen seien und in einer Viertelstunde wie ausgemacht geholt werden könnten. Sie wendet sich wieder ihrer Tochter zu und erläutert: “Das war Papa. Der holt uns in einer Viertelstunde ab.” [Ich erinnere mich spontan an eines meiner Lieblingszitate aus Battlestar Galactica: “Please continue stating the perfectly obvious. It fills me with confidence.” Meine Friseurin schnibbelt wunderbar taubstumm weiter, Tochter muß zurück zur Bildschreibung.]
Tochter [keine Ahnung, wie sie es schafft, ihren Girlie-Giggle durchzuhalten]: “Mei, schau. Und die Augen erst. Und so ein hübscher Schwanz.” [Bitte? Höre ich richtig?]
Mutter [unterbricht, bestätigend]: “Isn’t it? Hab’ ich dem Doktor, der die Ohren gemacht hat, auch gesagt. Der Schwanz ist perfekt, da schneiden wir nichts ab!”
[Der Rest des Dialogs geht im Dröhnen des Föns unter.] [Auftritt “Daaaadddyyyy”, der einen Pinscher auf dem Arm hält. Heute in Rosa, mit putzigem Schleifchen um den Hals, Pinkpuschel auf dem Kopf und passend rosa lackierten Nägelchen. Das letzte, was ich beim Zahlen höre ist:]Daaaadddyyyy [seine Börse zückend:] “Where are my three beautiful girls?” [Ob’s nachher wohl Hundekuchen für alle gibt?]
Das ist wieder so ein Tag, wo ich die Option familienfreies Leben so richtig von Herzen als bestmögliche Entscheidung preise.



Wir haben uns schebbelig gelacht! Einfach wahllos eine Vier- oder Fünfwortkette verlesen und uns mit passenden Geschichten überboten. Danke, Erdbeertoni!