Let it flow

So. Habe den Spatz am Schwanz gehalten, den Tiger umarmt und die Mähne des Wildpferds geteilt. Für nächste Woche wurde mir in Aussicht gestellt, der Sonne ihr Rund zu geben, mit der Schlange zu kriechen und den armen Tiger zu erschießen.

Nein, ich war nicht im Zoo, Mann. Ich habe mich zum Tai Chi-Kurs angemeldet.

“Westen der USA ächzt unter der Hitze”

Diese Schlagzeile, werte SPON-Redaktion, bitte ich richtigzustellen: “Westen der USA minus 1 ächzt unter der Hitze”. Ich habe vielmehr endlich volle Betriebs- und Wohlfühltemperatur erreicht und ächzen werde ich höchstens morgen, wenn die amerikanischen Kollegen ihr vermeintliches Grundrecht auf Kälte ausleben und das Büro wieder zum Eisschrank machen.

Tot und lästig

Liebe Nachtfalter,

wenn ihr schon im Haus sterben wollt, dann sucht euch das nächste Mal bitte einen anderen Platz als die Unterhosenschublade. Dicke tote Nachtfalter entsprechen in der cuisine des fourmis ungefähr Hummer am Belugaschaum. Und weil euer Deppenbruder sich die falsche Grabstätte ausgesucht hat, muß ich Ameisen aus Unterwäsche schütteln wie andere Menschen Skorpione aus Stiefeln.

Ich mag das nicht. Geht weg!

Sabine’s Pride

Als ich wohlgemut vom Wasser-Yoga zurückkomme, liegt Innerer auf dem Sofa und nimmt übel. Dabei hat er doch alles hundemögliche getan, um mich von der Teilnahme abzuhalten. Hat noch freitags Time Magazine, Titanic und sogar das neue Buch ein paar Tage vor dem verheißenen Termin lieferm lassen, für über 40°C Außentemperatur mit – heute mal – mildem Lüftchen gesorgt und zudem die Verantwortliche für den Fitness-Stundenplan bestochen, zukünftig die Anfangszeiten auszuwürfeln und sie den Beginn der Samstagsstunde am späten Freitagabend per e-mail mitteilen zu lassen. (Heute nachmittags um 4:00 statt früh um 9:00.)

Trotzdem habe ich Liegestuhl Liegestuhl, Lektüre Lektüre und die Gay Community in der City alleine gay und proud sein lassen (bei der Hitze und 1.5 Millionen erwarteten Besuchern kein großes Opfer) und stattdessen mit Desha und den Dicken Wasser gespritzelt UND mich sogar noch verbindlich für die Aqua-Tai-Chi-Probestunde morgen angemeldet.

Jetzt schaut er blöd.

Anderer Leute Kinder

Der Vorteil eines Lebens ohne eigene Kinder ist, daß einem der Alltagskladderadatsch wie “Neiiiiin, meine Suppe eß’ ich niiiicht!”, “Ich will ein Pony!”, “Sind wir schon da?” und “Mama, du bist so peiiiinlich!!” erspart bleibt. Der Nachteil eines Lebens ohne eigene Kinder ist, daß man von Eltern gerne für die Feiertagsaktionen eingespannt wird. Und so schleppen Carmen und Francisco mich am Samstagmorgen mit in die Schulturnhalle. Dort stellen die Kinder von “Camp Phantasy”* die Produkte ihrer einwöchigen Camp-Kreativität aus. Wie alle anderen Kinder sitzt auch Klein-Alejandro (9) hinter seinem Tischchen mit ungelenk Selbstgemachten und versucht sich an Teil 2 des Programms von Camp Phantasy, nämlich seine Produkte zu vermarkten. Möchte ich vielleicht ein selbstgetöpfertes Klumpschüsselchen? Oder eine auf Seide gemalte recht fettleibige Madonna? Oder hier, der Bleistiftständer aus wollumwickelten Papprollen? Ich entscheide mich schließlich für den T-Rex-Scherenschnitt mit handgezimmerten Plastikrahmen und akzeptiere den von ihm mit dickem Latinoherzensbrecherbraunaugenaufschlag vorgeschlagenen Preis ohne auch nur ein winziges bißchen zu feilschen – es ist schließlich für einen guten Zweck. Die Kinder sammeln dafür, daß auch obdachlose Kinder ein Summer Camp besuchen können. Bezahlt wird in cash bei der Lehrerin, was zum einen Versuchung von den kleinen Verkäufern fernhält und ihr zum anderen die Möglichkeit gibt, mich zu fragen, ob ich vielleicht “doublen” möchte. Dafür bekäme ich ein Raffle-Los. Was tut man nicht alles für gute Nachbarn. Selbstverständlich zahle ich das doppelte, liefere Quittung und Tombolalos bei Alex ab, lasse mir den T-Rex einpacken und mache mich schleunigst auf den Heimweg. Eigentlich sehr cool, am bisher heißtesten Tag des Jahres ein mit dicken Santas bedrucktes Päckchen durch die Nachbarschaft zu tragen. Mit Schleife. (“Gift wrap” kostete $1 extra und schafft endlich wieder Platz in Mutters Weihnachtsgeschenkpapierschublade.) Alles für jeden guten Zweck.

Carmen schaut mir ein bißchen neidvoll nach – sie muß bis zum Schluß bleiben und sich schon jetzt Gedanken machen, wo im Haus noch Ehrenplätze für nicht verkaufte Kunst frei sind.

* “Summer Camps” sind eine reine Notwehrmaßnahme von Eltern, die ihre Kinder in den Ferien tagsüber halbwegs sinnvoll beschäftigt und gut aufgehoben wissen wollen. Sie dauern im allgemeinen eine Woche und enden immer mit einer Abschlußveranstaltung am Freitagnachmittag oder Samstagmorgen, wo die Kinder vorführen, was sie gelernt haben. Bei durchschnittlich drei Monaten Sommerferien kommt da gut was zusammen, und man kann verstehen, wenn Eltern das nicht alleine durchstehen wollen. Natürlich gibt es auch die Camps, die wir aus Horrorfilmen kennen, wo Kinder für einen längeren Zeitraum in die Natur geschickt werden, um sich gegenseitig zu terrorisieren oder von einem Monster gefressen zu werden. Die sind allerdings für Eltern mit Durchschnittseinkommen schlicht zu teuer.

Aus der Reihe TGIF*: Could be worse

Ich bin kein Fan von langen Pendelfahrten ins Büro, vor allem nicht, wenn sie wie heute früh zweieinhalb Stunden dauern. An einem Freitagmorgen! Und bloß, weil irgendwelche Dummköpfe auf der Autobahn ihre Autos über mehrere Spuren zu abstrakten Metallobjekten zusammenklumpen und ihre noch dümmeren Vettern es ihnen auf der zweispurigen Ausweichstraße nachmachen müssen. Da ist man extra früh dran, hat einen wunderbaren Tagesplan im Kopf und dann muß man sich wegen dieser Deppen den ganzen Tag hetzen. Aaarrrggghhhh!

Google Maps rät für den Feierabendnachhauseweg vom 101 ab. Auf dem sind anscheinend alle unterwegs, die zum Game Day und zur großen Pride-Kick-off-Party in die City wollen. Auch recht, dann nehme ich den 280, der ist eh schöner und nie so voll. Vor der Auffahrt haben die Götter allerdings eine kleine Hürde eingebaut, denn auf der Sandhill Road findet diese Woche das “Project Pavement Renewal – Your Tax Dollars at work” statt und riesige Leuchtschilder blinken einen schon seit Wochen in Großbuchstaben an “EXPECT EXTREME DELAYS”. Ach was, denke ich mir, einen Tod muß man sterben und es ist eh alles nur Sternenschrott, das wird schon gutgehen. Und richtig, obzwar die Schilder noch wie wild blinken ist die Straße frei und kein Bauarbeiter mehr zu sehen. Vielleicht hatten sie auch hitzefrei, denn heute war der bisher heißeste Tag des Jahres. Den Titel sollte er genießen, dieser Freitag, morgen soll es nämlich noch heißer werden und dann muß er ihn an den Samstag abgeben.

Flugs flitze ich mit ein paar wenigen anderen den 280 lang, durch eine wunderschöne träge gelbbraune kalifornische Sommerlandschaft, mit glitzernden Seen, schwarzgrünen Nadelwaldhügeln und knatschgrünen Golfplätzen und kontempliere so nebenher, daß ich ja vielleicht nach Pacifica rüberfahren könnte und mir den Sonnenuntergang am Meer ansehen. Mal schauen. Entscheiden kann ich das erst eine Kurve vor der Ausfahrt, da steht die Wettervorhersage in Form eines Hügels. Das wird nix heute, leider, denn hinter dem Hügel steigen Nebelschwaden auf. Als Local weiß man, daß dann am Pazifik alles grau ist. Dann eben nicht. Stattdessen fahre ich heim, richte den Liegestuhl nach Westen aus und fange ein neues Buch an. (Den Vietnamkrieg habe ich gestern beendet und kann jedem nur empfehlen Karl Marlantes “Matterhorn: A Novel of the Vietnam War” zu lesen.)

Lang kann ich nicht draußen bleiben. Der San-Bruno-Windmann ist aus seinem Kurzurlaub zurück und holt Versäumtes auf. Huiuiui, wenn der so weitermacht, bläst er mir heute Nacht noch alle Äpfel vom Baum.

*TGIF ist ein hierzulande häufig verwendetes Akronym und steht für “Thank God, It’s Friday”.

So gesehen

Vorhin haben wir über Proppleme gesprochen, so große und weltbewegende, daß das Doppel-P mehr als gerechtfertigt ist. “Nevermind,” meint mein Gesprächspartner abschließend. “It’s all cosmic debris.”

Good thinking

Der Herr nach mir ist offensichtlich für die Fourth-of-July-Bevorratung zuständig und schiebt schwitzend gleich zwei Einkaufswägen mit dem Allernotwendigsten  – Bier, Bier und Bier sowie jede Menge rohes Fleisch – an die Supermarktkasse. Ob er denn Papiertüten für seine Einkäufe wolle, fragt ihn die Einpackfachkraft und schiebt schüchtern nach, daß das das Stück 10 Cent koste*. Der Herr stutzt nur ganz kurz, dann grinst er und meint, man solle ihm das Fleisch doch als Geschenk einpacken. Dabei deutet auf die “Schlechtes-Gewissen-Abteilung” (Blumen, Pralinen, Modeschmuck) hinter der Kasse, die mit dicken Lettern dafür wirbt, daß “gift wrap free” sei.

Ich weiß leider nicht, wie es ausgegangen ist. Wir hatten um 7:00 abends noch 100 F (38°C) und wenn ich aus lauter Neugier weiter rumgetrödelt hätte, wären mir meine Molkereiprodukte bestimm sauer geworden.

*In einem Land, wo einem früher  alles nach Produktgruppen getrennt in separate Plastiktüten verpackt wurde, ist die Vorstellung, für Tüten Geld auszugeben, für die meisten Konsumenten noch sehr gewöhnungsbedürftig und noch mehr das Mitbringen von Stoffbeuteln. Aber früher war damals, und in unserer Gegend sind wir qua Magistratsbeschluß seit 1. April alle öko und Plastiktüten seitdem sehr pfuideifi.

Departures

Mein bekanntermaßen bestgehaßter Schalter am Flughafen (außer, wenn ich selbst dort stehe). Soeben ist Toni durch den Abflug-Eingang entschwunden, um seinen Flug in die sächsische Sommerfrische anzutreten.

Habe eine gute Reise und mögen dir die zweieinhalb Wochen, bis wir uns bei Arrivals wiedertreffen, ebenso lange vorkommen wie mir!