“Decision Day”

Der Oberste Gerichtshof hat heute morgen den “Defense of Marriage Act” (DOMA) für verfassungswidrig erklärt und damit nun allen verheirateten Menschen dieselben Rechte/Vorteile/Pflichten einräumt, wurscht, ob ihr Partner demselben Geschlecht angehört oder einem anderen. In einem Aufwasch hat der Supreme Court entschieden, daß Prop 8 ungültig ist. “Proposition 8” war ein Volksentscheid, der die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern in Kalifornien wieder verboten hatte, nachdem sie dort im Jahre 2008 legalisiert worden war.  Im Castro, dem hiesigen großen Bruder des Glockenbachviertels, war die erste Rallye gestern Nacht und seit heute Vormittag sind ganze Straßenzüge für Autos gesperrt, der ÖPNV wird großräumig umgeleitet und in den Straßen und Bars und Clubs wird ausgelassen gefeiert.

Das Timing ist aber auch perfekt, denn am Wochenende ist Gay Pride. Es ist davon auszugehen, daß viele aus der “gay community” in den nächsten paar Tagen aus dem Feiern gar nicht mehr herauskommen.

Der längste Tag

Post-Sommersonnenwende. Nach den paar Wolken- und Regentropfentagen ist es seit gestern wieder schön heiß und das San Bruno-Wetter hat netterweise vergessen, seinen kalten Wind einzuschalten. Darum sitze ich gerade den zweiten Abend in Folge bis zum Sonnenuntergang im T-Shirt, danach mit Jacke, draußen und lese weiter vom Howitzers, Dschungel und C-rations, bis das Licht weg ist. (Ich bin mit “Matterhorn” immer noch nicht fertig, der Vietnamkrieg hat immerhin 10 Jahre gedauert.)

Lange laue helle Sommernächte haben im Gegensatz zu sonnigen und auch mal sehr nebligen Tagen hier in der Gegend Seltenheitswert und sind daher umso genießenswerter.

context matters

Wenn einem der Kollege ganz begeistert von Hofferman’s Tails vom berühmten Chuck Hoffenbeck erzählt, dann hilft es schon sehr, wenn er im zweiten Satz erwähnt, daß seine liebe Gattin ihm zum Geburtstag Opernkarten geschenkt hat.

Erntezeit

Mein Brombeerstrauch ist zur Zeit jeden Tag gut für ein Schüsselchen voller reifer Riesenbeeren. Ich bin allerdings unschlüssig, ob ich das, was ich da tue, Beeren- oder Ameisenpflücken nennen soll. Die Quote ist ca. 2-3 Ameisen pro Beere. Habe entschieden, daß alle die, die nach zwei Mal waschen noch immer nicht tot sind, einfach mit in den Mixer kommen.

Ameisengift ist gut gegen Rheuma.

1000 x Nebel (mit Regenwolken)

Bäckermeister Backegut hat gerade angefangen, die dicken weißen und die dicken dunklen Stränge zu seinem berühmten Zebrazopf zu flechten. Die Resterl hat er den Kleinen gegeben, die sich in ihren Ecken gegenseitig mit den wildesten Kreationen übertrumpfen, zum Beispiel Drachenkirschen oder Hut-uboot oder umgefallene Schmuckschatulle.

Illegal Smile

Ich kann mir nicht helfen, aber ich muß jedes Mal grinsen, wenn ich dieses Lied höre http://bit.ly/XCG6s3. Wahrscheinlich kennt’s eh wieder jeder außer mir (ist aus dem Jahre 1971), die ich es zum ersten Mal im Freitagabendwunschkonzert im Autoradio gehört habe. (Das ist die Sendung, wo sie Frank Zappa wg. nicht familientauglich nicht spielen und die seit dieses Lied zum Abschluß der Stunde lief einen neuen Moderator hat.)

Das einzige, was es wahrscheinlich in John Prines Tagen noch nicht gegeben hat, war “Jack’s Munchie Meal”. Die Fastfoodkette “Jack in the Box” hat (Achtung, schlechtes Wortspiel im Anflug) “out of the box” gedacht, und bietet seit neuestem Spätnachtsmenüs für Besoffene und Bekiffte an. Für $6.99 bekommt der glasäugige Gourmet entweder einen “Stacked Grilled Cheeseburger” (Burgerbrötchenunterteil – Baatz – Burger – Salatblatt – Käsetoast – Baatz – Burgerbrötchenoberteil), einen “Brunch Burger” (ein Croissant, gestopft mit einem Cheeseburger, Bacon, Rührei und Bratkartoffeln), ein “Exploding Cheesy Chicken Sandwich” (ein paniertes Stück Huhn, getoppt mit Mozzarella-Sticks und ersäuft in weißer Soße mit Kunstkäsegeschmack) oder “Loaded Nuggets” (kleinere panierte Hühnchenteile und Speck, getränkt mit Ranch-Dressing und mit Scheibletten in zweierlei Farben überbacken) sowie 2 Tacos, einen halben Liter Getränk und ein Schüsselchen “curly fries”.

Fehlt eigentlich nur noch was monstersüßes…

Holy Hyssop* (für Karin)

Wer je den Orient bereist hat oder bei mir zu Besuch war, kennt Za’atar, eine morgenländische Gewürzmischung aus Thymian, Oregano, Sesam, Salz und Öl und beliebte Zutat zu Fladenbrot. Ich habe meinen Bedarf an diesen Brotfladen bisher beim Mexikaner gedeckt und dessen karge Bestände immer vollständig aufgekauft und zur späteren Verwendung eingefroren. Hat trotzdem nie gereicht. Neulich brauchte Toni jedoch Kinderschokolade und Zwieback. Dergleichen führt zuverlässig der Araber auf der Main Street in San Bruno, genau wie Doktor Oetker Back- oder Puddingpulver oder deutsches Nutella. Sowie seit neuestem auch – endlich – Za’atarfladen. Es entbietet jedoch nicht einer gewissen Ironie, daß der arabische Supermarkt sein Brot aus der koscheren Jerusalem Bakery bezieht, der mexikanische hingegen beim syrischen Hallal-Großhandel auf der anderen Bayseite einkauft.

*”Holy Hyssop” ist der Name, unter dem das “Gewürz des Propheten” in Israel vermarktet wird. Ist wahrscheinlich wie mit dem arabischen Kardammon-Kaffee, der dortzulande aus Gründen politischer Korrektheit “Türkischer Kaffee” heißt. (Wer falsch bestellt, kriegt keinen.)

Schon wieder?

Die Bewohner der Bay Area sind ab sofort schwer beleidigt. Allesamt. Kollektiv und überhaupt. Weil es nämlich heute geregnet hat. Zwar nur gerade mal genug, daß die staubigen Windschutzscheiben jetzt mit ein paar Schlieren durchzogen sind und insgesamt höchstens soviel, daß die Feuchtigkeit kurz auf den Straßen sichtbar war. “Trotzdem! Wir sind beleidigt!” schimpft die ganze Region mit verschränkten Armen. “Im Juni regnet es nicht.”

Herrschaften! Es ist so trocken, daß ein feuriger Blick genügt, um ganze Wälder in Flammen aufgehen zu lassen und jeder Rasen, der nicht dauergesprengt wird, gelb und dorr vor sich hinwelkt.  “Trotzdem! Wir sind beleidigt!” schimpfen sie unverdrossen weiter. “Im Juni hat es nicht zu regnen. Nicht hier.” Halb Europa erholt sich gerade von Überschwemmungen, in manchen Gegenden Kanadas gibt es nach wilden Überflutungen erst seit ein paar Tagen wieder Strom, da werden doch die paar Tröpferl… “Nix da. Wir sind beleidigt.”

Aber sich seit Monaten darüber beschweren, daß sie jeden Abend Garten gießen müssen.

G’schwerl elendiges.

Fluent in Germish

Unsere Autoklappbox hat nach vielen Jahren treuer Dienste neulich nach einer Begegnung mit einer Supermarkteinpackfachkraft ihren Geist aufgegeben (die können halt nur lumpige Plastiktüten und sind dem hochkomplexen Klappboxmechanismus nicht gewachsen). Ersatz muß her.

“Box” ist wie “Handy” ein Begriff, dem bei der Reise über den Atlantik die ursprüngliche Bedeutung abhanden gekommen ist (wahrscheinlich verwässert). (“handy” ist hierzulande ein Adjektiv und bedeutet soviel wie “praktisch” oder “geschickt” – Beispiel: “Oh, I see, you brought some spare batteries. Mine just died. That comes in handy.”). Boxes sind aus Pappe, damit zieht man um oder stopft Garage oder “Storage” voll. Jeder stabilere Behälter ist nicht von Pappe, sondern aus Kunststoff, Holz, Metall und heißt nicht Box, sondern “Crate”. Wenn zusammenklappbar, dann mit Vornamen Collapsible. Kaum ist das alles ordnungsgemäß recherchiert, kann man sich auf die Suche nach einem Ersatz für die alte Klappschachtel machen.

Aber eigentlich wollte ich was ganz anderes erzählen. Die Älteren unter uns kennen ihn noch, den “Iro”, jene stachelige, meist recht farbenfrohe Punkerfrisur. Im Lande der Irokesen kennt diesen Haarstil keiner. Hier heißt der Iro “Mohawk”.

Aus dem Vokabelheft

“Humdinger”. Das klingt doch schon wie was großes, dickes, mächtiges. Meine rheinische Oma hätte “humdinger” wahrscheinlich mit “Kawenzmann” übersetzt. Bin noch unschlüssig, welcher Begriff im Hochdeutschen am besten paßt und offen für Vorschläge.