Act of God

Ich steh in der Költn und warte auf mein Päckchen, aber’s kummt ned, kummt ned. Und? Wo isses? Weil Internet für mich kein Neuland ist, weiß ich mir zu helfen, klicke auf die Tracking Information und erfahre: “Amarillo, TX, United States  09/25/2013  12:00 P.M.*  Zug entgleist. Weitere Auskünfte nicht verfügbar.” Hmmm. Man hat ja schon gehört, daß Sachen vom Laster fallen und dennoch oder gerade deswegen ihren Weg zu Abnehmern finden. Was aber geschieht mit meiner Bestellung, wenn der Waggon umkippt? Wo bei uns daheim eine Höhere Gewalt an Natur- oder anderen Katastrophen schuld ist, ist es hierzulande gleich Gottvater persönlich.

Na gut, dann halt ein Stoßgebet: “Lieber Gott, bitte mach, daß ich meine im Voraus bezahlte Neoprenjacke bald bekomme. Amen, over and out.”

*12pm, auch bekannt als High Noon.

Noctoyogista

Über fast ein halbes Jahrhundert lang habe ich es mit Winston Churchill dem Älteren gehalten und sportlicher Betätigung in meinem Leben verschwindend wenig Zeit eingeräumt. Warum auch? Körperliche Anstrengung führt bei mir nicht zu Endorphinausschüttung sondern zu Schweißausbrüchen und Mauligkeit und ist tunlichst zu vermeiden. Daran habe ich mich auch gehalten. Bis ich entdeckt habe, daß man Yoga, Pilates, Thai Chi und sonstiges Gehampel auch in Wasser betreiben kann. Und daß mir das so richtig Spaß macht. Fortan habe ich jedes Wochenende meine zwei, drei Gymnastikstunden mit Desha im Babypool geturnt, mit wachsender Könnerschaft und Begeisterung. Dann hat es den Stundenplanern vom Burlingame Aquatics Club gefallen, in ihrem Herbst-Aqua-Fitness-Plan nur noch eine einzige Gymnastikstunde am Samstag anzubieten und alle anderen Trainings auf abends um 7pm wochentags zu legen. Dammit! Was tun? Zum ersten Mal in meinem Leben will ich Sport treiben und dann wollen die mich nicht lassen? Von wegen!

Frau ist ja kreativ und Toni (DANKE!) und Internet machens möglich: an Turntagen gehen wir jetzt einfach früher und arbeiten von zu Hause vor oder nach. Und ich bin ein Held und schlage bei Flutlicht mit meinen dicken Damen Wellen. Mit einer Gänsehaut von Kopf bis Nabel (der Rest ist im warmen Wasser), weil die Sonne um diese Tageszeit längst im Pazifik abgetaucht ist und sich von einem Eiswind ablösen läßt. Macht nix, zu irgendwas sind Surfershops ja selbst für mich gut: Neoprenjackerl ist schon bestellt.

Es halloweent

Seit zwei, drei Wochen überziehen in einigen Vierteln schon Spinnenweben Häuser und Vorgärten der Hardcore-Dekoranten, von Bäumen baumeln Skelette und Gespenster, auf den Rasen tummelt sich allerlei Gruseliges und auf den Lichtquellen hocken gemein grinsende Kürbisse. So, wie in Deutschland im Herbst der Lebkuchenhandel die Eisdielen ersetzt, ist hier in alle leerstehenden Geschäfte “Spirit Halloween” eingezogen, ein Unternehmen, das den Gesamtbedarf für Dekoration am Menschen, am Haustier sowie Haus, Auto und Vorgarten deckt. Gestern wurde die Wochenendlieferung für den Laden im Vorderhaus unserer Bürogarage abgeladen, 6 Paletten voller Kartons mit Labels wie “Symbols Christian”, “Symbols Hell”, “Zombie-Eyes”, “Magic Wands”, “Princess Costumes – petite”, “Princess Costumes – XXL” etc. Beim Grocery-Shopping stößt man auf mehr und mehr orangene Lebensmittel, was ja bei Südfrüchten noch angehen mag, sich aber bei Chickenwithpumpkin-Sausages grenzwertig anfühlt. Ich konnte nicht ganz widerstehen und habe fürs Wochenendfrühstück “Country Spice Granola” (orangefarbene Packung) und “Pecan Pumpkin Oatmeal naturally flavoured” (auch) erstanden und werde berichten. Auf eigens eingerichteten Sonderflächen werden wie jedes Jahr Riesenbeutel voller einzelverpackter Süßigkeiten für die Trick-and-Treater angeboten und wie jedes Jahr empfehlen wohlmeinende Verbände, doch lieber Zahnpflegesets an die Kleinen auszureichen oder Buntstifte oder gar Obst. Ja. Ganz bestimmt.

Mir fehlt zu meinem Glück nur noch der Bummel durch die Grusel-Süßigkeiten-Abteilung im Drug Store und meine traditionelle Tüte Halloween-M&Ms in schwarz und orange. In vier Wochen isses soweit: Happy Halloween!

Weil ich ein Mädchen bin

Nachdem das Kreischen vom Nachbartisch endlich abgeklungen ist, fühlt sich einer der Tischgenossen des Hysterikers genötigt, eine Erklärung abzugeben: “He’s always been bad with bugs. But today he’s acting like totally girlie-bad.”* Offensichtlich ist dem Schreihals ein Tierchen über den Eßtisch gelaufen.

Den hätte ich gerne in Vietnam dabeigehabt. Da gabs Käfer, Maden und sonstiges Gewürm als Suppeneinlage und als Spätvormittagssnack lecker gegrillte Tarantelbeinchen.

* (Er war schon immer ein Schisser, wenn’s um Krabbeltiere geht; aber heute führt er sich echt auf wie ein Mädchen.)

Restmenge

“Ist aber cute, Ihr Bumpersticker”, sage ich ganz amerikanisch kontaktfreudig und oberflächlich nett zu der Dame, die gerade sinnend die Rückseite des Fahrzeugs betrachtet.

Stimmt, meint sie. Sorgen machten ihr auch nur die restlichen zwei Prozent – der Wagen gehöre nämlich leider nicht ihr und stehe auf dem für sie reservierten Parkplatz.

Aus dem Wörterbuch der Political Correctness

Beim Spazierengehen kommt uns ein Mann mit einem geradezu absonderlich häßlichen sabbernden Schwabbelhund entgegen und ich kann nicht anders, als meinem Begleiter das Offensichtliche mitzuteilen: “Bahhh, ist dieses Vieh aber eklig!” Dieser, ein gebürtiger Wisconsinner, der mit seinem Umzug an den Pazifik zum Kalifornismus konvertiert ist, lächelt mich milde an und korrigiert sanft: “Du, Sabine, du, ein Wort wie “ugly” benützen wir nicht mehr. Das heißt jetzt “aesthetically challenged”.

Und meint das toternst. Unfuckingbelievable!

Bundestagswahl 2013

Die einen raus, die anderen gar nicht erst drin, und bis ich wieder heimkomme, ist Mutti hoffentlich auf’m Altenteil.

Von mir aus, Deutschland.

Power-Yoga

ist ja sooo Esoterik-Altertum.

Das, was meine dicken Damen und ich heute bei strömendem Regen im Babybecken unter Anleitung einer zunehmend mißtrauischer auf die dicke Ausbuchtung ihres Klapp-Pavillons blickenden Desha zusammengeturnt haben, das ist mindestens Triple-Ton-Aqua-Giga-Power-Yoga und an Heil- und Spaßeffekt nicht zu übertreffen. Vor allem, wenn vier Wide-Load-Weiber, alle die Arme wg. Muskelndehnens in den Himmel gestreckt, lauthals mitgrölen: “Let it raaaiiiiihhhhhhaaaiiiiinhhhhhaaaiiiiihhhhhaaaiiiiinnn…” Da kann ganz Woodstock einpacken.

Zwei Stunden später scheint die Sonne wieder als wäre nix gewesen und ich höre im mexikanischen Supermarkt folgenden Dialog mit: “Schau! Die Sonne ist wieder da!” – “War aber auch Zeit, hat ja schon über fünf Stunden geregnet.” In meiner frischasphaltierten Straße stehen da, wo früher die Schlaglöcher waren (und bald wieder welche sein werden), dicke fette ölig glänzende Pfützen und drumrum ist alles schon wieder trocken. Ich setze mich dann mal mit meinem Time Magazine in den Garten. In die Sonne. Ach, Kalifornien – dafür kann man dich doch nur mögen!

Ein Freund, ein guter Freund…

Ein Geschäftskontakt verfolgt mich schon des Längeren mit dem Ansinnen, mir seinen Freund vorzustellen. Einen ganz tollen Kerl, den best friend ever, und irrwitzig begabt. Jedes Mal, wenn wir uns sehen, fragt er nach, wann ich denn nun mal Zeit hätte, seinen Freund, einen Mann, für den er beide Hände ins Feuer legen würde, endlich kennenzulernen. Der wäre, neben dem Umstand, daß er sein bester Freund sei, auch noch genau die richtige Besetzung für eine derzeit bei uns vakante Position.

Steter Tropfen höhlt bekanntermaßen nicht nur den Stein sondern auch die Sabine. Irgendwann macht diese permanente Andienerei mich weich, und ich resigniere: “Get a meeting in our calendars.” Letzte Woche habe ich diesen Prinzen unter den Männern kennenlernen dürfen. Nachdem wir eine halbe Stunde über ihn gesprochen hatten…, nein, besser: nachdem er eine halbe Stunde über sich referiert hatte, nütze ich eine Atempause und erkundige mich, wie die beiden sich denn kennengelernt hätten. Er guckt ein wenig verdutzt und erwidert: “Ach, der? We know each other socially.” (Was allenfalls bedeutet, daß man sich halt gelegentlich mal auf Parties von gemeinsamen Bekannten trifft.)

Alles eine Frage der Perspektive.