Aufbäumsommer

Mir will scheinen, daß der Herbst sich beim Übergabevertrag mit seinem Kollegen Sommer hat austricksen lassen. Wahrscheinlich lief das ungefährt so ab:

Sommer: “Du, Herbst, hättest du nicht einmal Lust, deine Winde überall loszulassen, nicht nur auf dem Flur?”

Herbst: “Depp! ‘Fluren’ heißt das. Nicht ‘Flur’! Aber das kennt ja heute kein Mensch mehr…”

Sommer: “Sag’ ich doch. Man will sich doch als Jahreszeit nicht nur auf dem Korridor austoben. Verstehe ich voll, ey. Wie wär’s? Du läßt überall blasen, auf Gerechte und Ungerechte, Stadt, Land, Fluß, Dörfer und Metropolen, Felder, Wälder…”

Herbst [unterbricht]: “Auen auch?”

Sommer [hat keine Ahnung wovon der Alte faselt]: “Aua auch. Klar. Einfach alles. Ich würde dann einfach nur tagsüber die Sonne noch ein wenig runterscheinen lassen. Muß ja nicht gleich alles so dunkel und trübe werden. Einverstanden? – Hand drauf!”

Beide spucken in die Handflächen, männlicher Händedruck und das wars.

Guter Deal, denn nun ist selbst abends der Temperaturunterschied von Babybecken (30°C bis Bauchnabel) und Dunkelluft (Restsabine) wieder erträglich und die Kriegerpose wirkt wieder heldisch und nicht feige (wg. Zähneklappern).

All faults I make, when I shall come to know them, I do repent

“A Winter’s Tale” ist nicht Shakespeares aufregendstes Stück. Dennoch war die Inszenierung am Sonntag recht spannend, da alle Schauspieler dunkelhäutig waren. Doch nein, die Besetzung war nicht das spannendste, sondern allenfalls ein interessanter Regieansatz. Das spannendste war, das kulturbeflissene gebüldete polütisch korrekte Gutmenschenpublikum bei den Pausengesprächen zu belauschen. Von allem, allem konnten sie sprechen. Von der Musikalität, vom Rhythmusgefühl, von der ausdrucksstarken Körpersprache der Schauspieler, davon, wie toll die Kostüme an ihren wirkten und von ihren “interessanten” Stimmen, die einen die Bardenworte noch einmal ganz anders hören lassen. Bloß, daß die Akteure schwarz waren und braun und latinomilchkaffeegetönt, das ist ihnen nicht über die Lippen gekommen. Man hat sie schließlich von klein auf gelehrt, daß man “darüber” nicht spricht. Nun müssen sie die Klischees halt mit anderen Worten bedienen.

Und was kommt dabei raus? Eine Nation von Klappenrassisten.

PS: danke an Annette für das bezeichnende Bild.

Nachlese

So schön kann ein Sonntag sein: Erst Shakespeare mit Blitz und Donner

 

und anschließend Schnitzel, dazu ein Täßchen frisch gepflügten Weins.

Government Shutdown

Die Vereinigten Staaten von Amerika sind immer noch stillgelegt und hundertausende von “non essential” Regierungsangestellten im “Furlough”, das heißt in den unbezahlten Zwangsurlaub geschickt worden – möglicherweise mit der Aussicht, daß die Zwangspause rückwirkend doch noch entlohnt wird, aber nix is fix. Bloomberg hat in New York zur Selbsthilfe gegriffen und zahlt aus dem Stadtsäckel, daß Touris wieder die Aussicht von der Freiheitsstatue erleben dürfen. Aus purem Altruismus, selbstverständlich. Genau wie Arizona jetzt auch noch Gelder im bundesstaatlichen Budget freigeschaufelt hat, um den Grand Canyon Nationalpark wieder zu öffnen. Es wäre ja nicht auszudenken, wenn die Peripherindustrie litte und Hotel- und Moteliers, Hamburgerbudenbetreiber und Andenkenverkäufer ihr Wahlverhalten überdenken würden – ganz zu schweigen von den ausbleibenden Steuereinnahmen.

Aber davon wollte ich eigentlich gar nicht erzählen. Sondern davon, daß die Politisch Korrekten jetzt mahnend ihre vielen Zeigefinger erheben, weil die Bezeichnung “non essential” von den Ausgesperrten als kränkend empfunden werden könnte. Man solle doch lieber von “nonexcepted” oder “nonemergency” sprechen. Oder, wie im Falle des Panda-Cam-Verantwortlichen im New Yorker Zoo von “nonappreciated”, wörtlich: “nicht hinreichend geschätzt/gewürdigt”.

Jetzt spinnen sie vollends, die Politisch Korrekten. Oder, um den schönen Satz zu verwenden, den wir jüngst gelernt haben: They collectively left the realm of reason for wacky land.

Dem Internet-Versandhandel ins Stammbuch geschrieben

Werte Online-Bademodenhändler,

es ist erfreulich, daß ihr – im Gegensatz zum Offline-Handel – auch im Oktober noch eine große Auswahl an Schwimmkleidung anbietet und diese zu moderaten Preisen rasch verschickt. Gut gemacht.

Wenn ihr wollt, daß ich irgendwann wieder bei euch bestelle, dann sollten wir uns auf folgende Spielregeln verständigen:

  1. Wenn ich ankreuze, daß ich zukünftig nicht über unglaubliche Sonderangebote, Abverkäufe und Coupon-Aktionen informiert werden möchte, dann meine ich das so und will nicht zwei Tage nach meiner ersten Bestellung eine Handvoll Kataloge und Rabattbüchlein im Briefkasten finden. Nein! Nicht! Aus! Böser Online-Händler.
  2. Wenn ich mir gerade zwei neue Badeanzüge und ein Neopren-Jackerl gekauft habe, brauche ich nicht nächste Woche schon wieder welche. Auch wenn ihr alles tut, um gemeinsam mit den Schwimmbadbetreibern den Chlor-Anteil im Becken so hoch zu schrauben, daß man förmlich fühlt, wie der neue Schwimmdress anfängt, sich zu zersetzen.
  3. Ich kenne euch doch jetzt. Wenn mir eure Klamotten taugen, bestelle ich wieder. Wenn nicht, dann nicht. Mehr Beziehung muß zwischen uns nicht sein. Ich will weder in euren Freundschafts-, noch in euren “Preferred-Shopper-Club” aufgenommen werden. Ich will in kein’ Verein sein.
  4. Hört sofort auf, euren Händlerfreunden mitzuteilen, daß ich bei euch eingekauft habe! Wer Bademode kauft, will nicht zwingend auch neue Schecks im Betty Boop Vintage Design (ich will gar keine Schecks, ihr Banken-Neanderthaler!). Auch nicht das neueste aus der nun endlich schmerzfreien Epilationsforschung, keinen Closet-Organizer*, keine Walk-In-Bathtub mit – man glaubt es kaum – europäischer Dusche mit einem Schlauch zum Abnehmen im Gegensatz zum fest in die Wand getackerten Modell aus “Psycho”. Ich will keine Zirkonia-Ringe, weder in “simulated” Diamond oder  Emerald oder Topaz, auch nicht für geschenkt. Ich habe keinen Bedarf an einem Pulver zum über Burger & Fritten (for men) und Nudeln (for women) Streuen, weiter zu fressen was geht und dabei trotzdem abzunehmen wie Fefe und Audrey, die man für die Nachher-Bilder in grellstfarbene Schlauchkleider eingenäht hat. Geht mir weg mit Satellitenschüsseln, Mobilfunkverträgen und einer kostenlosen Versicherungsanalyse. Will nicht!
  5. Ganz einfache Regel: wer Bäume für diesen Druckschund tötet wird auf ewig von meiner “Preferred Händler-Liste” gestrichen!

Haben wir uns verstanden? Gut.

Alle Kataloge sind übrigens auf dem Rückweg zu euch und euren Freunden. Ich finde, das ist ein gutes Werk für die Arbeitsplatzsicherheit bei der amerikanischen Post.

 

* Ein “Closet” ist ein Wandschrank. Also ein Loch mit einer Tür davor. Hier lebt eine ganze Branche davon, notorischen Zuvielshoppern dabei zu helfen, ihre Einkäufe wiederzufinden, indem sie ein paar Kleiderstangen, Regalbretter und Schubladen für den besseren Überblick einbauen.

Aus dem Vokabelheft

Weil wir jetzt bald Wochenende haben und viel Zeit, um unsere Vokabeln zu lernen, gibt’s heute gleich eine Handvoll:

malarkey: Unfug, Blödsinn, Quatsch – und keiner weiß, wo dieses hübsche Wort herkommt: http://bit.ly/UU91Fq

naughty bits: wörtlich – “schmutzige Kleinteile”. In der Definition der hiesigen Puritaner sind das “the parts of the human anatomy which are sinful and have no business”.

rumour and scuttlebutt: Klatsch und Tratsch, im weitesten Sinne Seemanngarn. Das scuttlebutt war das Süßwasserfaß auf dem Deck eines Schiffes, um das sich die Matrosen zu sammeln pflegten. In unserer Zeit dienen Kopierer oder Kaffeeküche als Süßwasserfaßersatz für den Austausch der neuesten Bürogerüchte.

Falls jemand Bedarf haben sollte, die Tatsache, daß ein anderer nun vollkommen durchgedreht ist, in einer Fremdsprache auszudrücken, empfehle ich die wundervoll bildhafte Aussage:
He left the realm of responsibility for the wacky world.

Schön, oder?

A word is born

ICH finde ja, daß Toni nuschelt. Toni hingegen unterstellt mir, ich hädde schleschte Ohren. Ganz wurscht an wem es liegt*, es darf sich auf keinen Fall ändern. Unsere Kombination von Schwerzüngig- und Harthörigkeit hat heute der wunderbaren Wortschöpfung “Spaghetti-Licht”** Geburtshilfe geleistet.

* (An Toni natürlich! Ätsch, wer schreibt hier den Blog?)
** So klingt halt mal “Check-Engine-Light”, wenn Toni das ausspricht.

Gastbeitrag

Toni macht sich gerade um die linguistische Erziehung unserer Kollegen verdient:

Just found the video version of http://funnypictures.me/its-just-german/ :http://www.youtube.com/watch?v=-_xUIDRxdmc
Another good introduction: http://www.youtube.com/watch?v=SRCYK5gfLo0

P. S.: Don’t believe any of this.
P. P. S.: Datenstrategie! 😉 *
P. P. P. S.: http://www.youtube.com/watch?v=Vt4Dfa4fOEY

* Anmerkung: das ist ein Insider-Witz – man stelle sich einfach vor, was dem Wort angetan wird, wenn es ein aus Barbados stammender Amerikaner ausspricht.

Too much information

Der gemeine Amerikaner scheint ein unbezwingbares Bedürfnis zu haben, die Welt ungefragt über seine Reproduktionserfolge sowie Art und Gattung seiner Haustiere zu informieren – und zwar per Aufkleber am Rückfenster seines Fahrzeugs. Je Van, desto mehr. Die Dinger gibt’s in hetero, gay, zombie und nerd (zum Beispiel Star Wars oder Packfamily) und vielem mehr. Aber nur in kaukasisch, nicht in Neger.

Mir scheint, die einzig adäquate Maßnahme gegen dieses Statement von Verhütungsinkompetenz ist dieser Sticker:

Verkehrsfunk

Wenn nach der Ansage “Welcome to your commute from hell!” ca. 12 Minuten Unfälle, Staus und spontane Fahrzeugbrände folgen, dann ist klar, daß man, obwohl eine Viertelstunde eher losfahrend, mit Glück mindestens 20 Minuten später als sonst im Büro eintreffen wird. Wie immer dienstags. Der Dienstag ist bei den Wochentagen das, was der April in der Poesie ist, nur noch grausamer, weil er pro Jahr 52 mal vorkommt.

Was machen die alle auf meiner Straße und warum können sie nicht woanders sein, wie an anderen Tagen auch? Hmmmm?