Wettervorhersage

Aus dem sprichwörtlich heiteren Himmel fängt am Donnerstagnachmittag meine uralte Narbe am Arm an zu puckern. “Uiuiui”, sage ich, mir an den Oberarm greifend, “es wird Regen geben”. “Niemals. Nicht in Kalifornien. Nicht im September.” widersprechen mir die Kollegen.

Samstagfrüh: Hah! Mein Narbenbarometer hatte (natürlich) recht. Es pladdert.

Es gibt nichts Neues unter der Sonne

Mein Energieversorger PG&E geht mit der Zeit und bietet an, seine Rechnungen elektronisch zu bezahlen statt einen Scheck zu schicken. Keine verrückten Dinge wie Dauerauftrag oder Lastschrift, aber immerhin mit Kreditkarte. Während ich darauf warte, daß der Zahlungsvorgang abgeschlossen wird (“delays” sind nicht etwa meiner beschissenen Internetverbindung geschuldet, sondern dienen meiner Sicherheit – sagt PG&E) poppt ein Fensterchen mit einer Einladung auf, an einer Umfrage zum Energiesparen teilzunehmen. Hab’ eh nix besseres zu tun, als auf den Fortschrittsbalken zu starren, also los. Erste Frage: Ist es empfehlenswert, an heißen Tagen die Klimaanlage auf kälter zu stellen? Die Antwortoptionen sind noch nicht einmal Multiple-, sondern nur Dual-Choice, entweder right or wrong. Gut. Das ist einfach: Nein. (Außer es sind Amerikaner im Raum, die wieder mit den Händen auf Dekolleté-Höhe wedeln und leidend stöhnen: “Is it just me or is it HOT in here?”) Nächste Frage: Soll man bei einer Hitzewelle “Appliances” (Waschmaschinen, Trockner, Spülmaschinen, Computer (!), Staubsauger etc. pp) tagsüber betreiben? Nix da, erst nach 6pm. Letzte Frage: Helfen Ziegen gegen Waldbrände? Aber klar – http://bit.ly/1eXYRAu!

PG&E war scheint’s sehr mit mir zufrieden, drei von drei richtig beantwortet. Ich habe nämlich per Post eine Belohung bekommen. Ein Päckchen Wäscheklammern. Mit dem Hinweis, daß in meinem Bundesstaat an durchschnittlich 260 Tagen die Sonne scheint und Sonne und Wind Wäsche ebenso gut trocknen wie ein Trockner – “Why not try line drying your laundry?”

Ganz reizende Klipperl sind das, an deren Design die Pilgermutter ihre helle Freude gehabt hätte. Übrigens genauso wie die moderne Textilindustrie, denn sie sind nur außen abgeschmirgelt und nicht innen. Ich nehme sie trotzdem her, bin schließlich Schwäbin und  ‘atte sowieso noch nie eine Trockner.

Freie Fahrt für freie Bürger

Nur noch zwei Drittel aller Amerikaner im berechtigten Alter haben im letzten Jahr ihren Führerschein gemacht. Noch vor fünf Jahren waren es immer mindestens 90%, seitdem herrscht ein Abwärtstrend. Das hat den investigativen Reporter im Glanzmagazin beim Friseur nicht ruhen lassen. Warum nur? Warum verweigern sich junge Menschen dem amerikanischen Traum? Er zieht aus, sie zu fragen. Die überwiegende Mehrheit ist damit zufrieden, ihren Transportbedarf mit alternativen Mitteln zu decken, kurz gefolgt von der Gruppe, die sich den Aufwand, ein eigenes Fahrzeug zu besitzen, nicht antun wollen*; Geld lieber für andere Dinge auszugeben ist im Mittelfeld, Umweltschutz auf Platz 9.

Nostalgieumnebelt beschwört der Reporter seine Jugend, wo Führerschein und erstes eigenes gebrauchtes Klapperauto Symbole für Freiheit, Abenteuer (mit einem Getriebeschaden nachts auf einer einsamen Landstraße ?) und erste Liebe (Rücksitz) waren. Und heute? Soll Mutti ewig fahren? (Öffentlicher Nahverkehr oder Fahrräder kommen ihm gar nicht in den Sinn.) Was, fragt er verzweifelt, soll aus diesem Land werden?

Mir wurscht. Meine Friseurin hat den Herrn vor mir navy-kahlgeschoren und ich bin jetzt dran.

* Mit hat die Begründung einer 16-Jährigen besonders gut gefallen, die sagt, sie fühle sich noch nicht reif für eine Beziehung mit einem Abhängigen (“you gotta feed it gas, you gotta maintain it and there’s always something that needs fixing”).

I scream, you scream …

Als ich in der Mall ankomme, wird der Eisstand von einer dicken lauten Menschentraube belagert. Auf dem Rückweg ist nichts mehr los, die vier lustig bemützten Mitarbeiter langweilen sich sichtlich und freuen sich über die Ablenkung, als ich frage, ob ich ein Photo von ihrer Karte machen darf. Gerne. Ob ich auch was probieren will? Man ist ja kein Unmensch, und den armen Menschen ist fad, also ja. Jeder Mützling taucht kleine Löffelchen in seine Lieblingssorten, ich schlecke mich durch die Auswahl und dürfte es damit auf  ca. eine Viertelkugel gebracht haben. Sorry, guys, kaufen kann ich jetzt aber nichts mehr, ich bin pappsatt. Macht nix, meinen sie unisono. “We all had a good time.”

Man beachte die 2. Sorte von oben rechts. Wo “German”, da “umlauts”.

“You did good today!”

Was ich getan habe, um mir dieses Lob zu verdienen? Meine Lektion gelernt? Ach was, nicht doch. Den Hunger besiegt und der Welt den Frieden gebracht? Quatsch. Natürlich nicht. Wenigstens eine gute Tat getan? Ja, schon, sogar dreieinhalb. Aber das war viel später. Gelobt worden bin ich, weil ich meine neuen Klamotten weder mit Kreditkarte noch Bargeld, sondern ausschließlich mit Coupons und Giftcards bezahlt habe. Und wenn einer kein Geld ausgibt und trotzdem neue Anziehsachen erwirbt, dann ist das im amerikanischen Wertesystem lobenswert.

Während ich auf dem Weg zum Parkplatz dieses doch recht perverse Prinzip begrübele, schnorrt mich eine junge Frau um eine Zigarette an. Ich gebe ihr gleich noch eine zweite für ihre Freundin mit. Eine Mutter mit einem winzigen Buben und einem knapp ein Jahr älteren Mädchen keucht unter der Last zweier fetter Schokoladenverkaufsschachteln auf mich zu. Der Kleine quiekt sein “S’cuse me, Madam, would you like to buy some chocolate to support our school?”-Sprüchlein und ich zücke meinen Geldbeutel. “Ein Dollar, wie immer?” “Nein, zwei Dollar.” Die Marketinggenies von “World’s Finest Chocolate” stellen seit diesem Jahr für die School-Fundraiser nämlich Doppelriegel her (s. http://bit.ly/18hBafk). Mich hat der Spaß vier Dollar gekostet, ich konnte den enttäuschten Blick der Schwester nicht ertragen.

Kann aber dafür den Tag beruhigt beschließen, denn ich habe mir das Lob in einem fairen Ablaßhandel redlich verdient.

Back to School (Nachtrag)

Eine ebenfalls nicht aus Amerika stammende Kollegin hat mir dieser Tage ein Büchlein gezeigt, das in der staatlichen und damit Dreimonatesommerferien-Schule ihres Sohnes den Kindlein vor den Ferien augeteilt wurde.

Ohne Worte, oder?

Wenn du glaubst, es geht nicht mehr

Noch heute lehrt man amerikanische Kinder, sich in besonders kniffeligen Situationen zu fragen, was George Washington jetzt tun würde. Oder Thomas Jefferson. Oder Abraham Lincoln.

Merke: damit diese Methode auch nur im Ansatz funktioniert, muß das Vorbild wenigstens seit einem Jahrhundert tot und die Legendenbildung vollständig abgeschlossen sein. Deswegen fallen auch nie Namen wie Reagan oder Bush oder Clinton oder Dubya oder Obama oder so. Das gilt übrigens hier wie dort. Ein deutsches Kind liefe zum Beispiel Gefahr, Vorteilsnahme als normal zu betrachten oder sich durch das öffentliche Absingen altdeutschen Liedgutes der Lächerlichkeit preiszugeben.

Ob der Fahrer des Pick-up-Trucks das wohl alles erwogen hat, bevor er diesen Bumpersticker aufklebte? Ich glaube schon.

 

Scooby Doo ist der blöde und verfressene Hund einer Gruppe von Teenage-Amateur-Detektiven in einer extrem unkomischen Zeichentrickserie. Jede Folge endet mit einem gänzlich unspannend aufgeklärten Fall. “Scoobidoobidoo!”

Für Papst Gregor VIII

Das alliterative Äquivalent zum “Sustainable September” wäre wohl “Nachhaltiger November”, aber ich glaube nicht, daß sich das im Marketing so recht durchsetzen kann. September? Da fallen einem doch gleich Begriffe ein wie sonnig, sauwarm, sehr sehr schön. November hingegen steht für nieselnebelgrau und nichtmehrwarm – den mag doch keiner.

Wie wär’s denn einfach mit einem inhaltsfreien Jubel-Juli, der sich bis ca. Ende des Jahres hinzieht?

Schlagzeile

Bergsteiger erneut tödlich verunglückt

 

Hallo Spon, ich hätte da mal ne Frage: wie oft macht der Mann das im Monat? Durchschnittlich?