Elchtest

Richtig: Erstens: Ausgewiesene Teststrecke. Zweitens: Tageslicht. Drittens: A-Klasse. Falsch: Eine kurvige Bergstraße mitten im Stanislaus-Wald nach Sonnenuntergang sowie ein Fahrzeug aus Wolfsburg.

Der Bluterguß des Rehs, das neulich* versucht hat, unser Auto umzurempeln, spielt inzwischen wahrscheinlich ins Gelbliche; der Passat leuchtet dafür jetzt aus zwei funkelniegelnagelneuen Frontscheinwerfen beulenfrei durch die Nacht. Das Auto war eine Woche lang bei Tommy, im “Shop”. Shop nennt man hier die in der eher abgelegenen Gegend einer Stadt liegende Hinterhofwerkstatt des ehrlichen und aufrechten Mechanikers seines Vertrauens. Die Vertragswerkstatt heißt “Dealership” und wird wie überall auf der Welt von gierigen Wegelagerern betrieben.

Welcome home!

 

* Auf dem Heimweg von Yosemite am Montag vor einer Woche.

Wir halten zusammen!

holduinSoeben entnehme ich dem Briefkasten einen Katalog, in dem im wesentlichen versprochen wird, daß die Textilien, die die Frau mit der Sanduhrfigur bei Venus kauft, nix rauslassen. (Fachterminus: “Hold-U-In”, s. rechts außen auf dem Bild links.)

Ich hab sowas doch schon mal gesehen? Moment, ich komm gleich drauf. Ganz gleich.

Genau, früher gabs sowas nur in langärmlig und weiß und auf dem Rücken zu schnüren.

Gelesen: “The Martian” von Andy Weir

In aller Kürze: Astronaut Mark Watney, ein legitimer Nachfahre von Angus MacGyver, dem Godfather aller Bastler, muß sich nach einer mißlungenen Mission alleine auf dem Mars durchschlagen.

In länger: der spaßigste und beiläufigste Unterricht, den ich je in Naturwissenschaften bekommen habe; mit einer intelligenten Mischung an Erzählperspektiven und so sauspannend, daß ich – zum zweiten Mal in meinem ganzen Leben* – in der Mitte des Buches gespickt habe, ob er es schafft. Ich verrate es aber nicht. Hah!

Lesen! Lesen! Lesen!

* Mein erstes und bis Sonntag letztes Mal war “Heidi” und zwar das Kapitel “Im Hause Sesemann spukt’s” und ich war knapp acht und die Spannung war bei meinem damaligen Lesetempo wirklich nicht mehr auszuhalten.

Zu früh

Wooohaaa! Der Magnolienbaum am Ortseingang von San Carlos steht in voller Blüte, die Hecken quellen in allen Farben über die Gartenzäune und an den kahlen Bäumen ist zwar noch kein Blatt zu sehen, aber Knospen und Blüten, Blüten, Blüten! (Vielen Dank auch, Synonymlexikon. Du warst mir eine große Hilfe.) “Wann ist denn das passiert?” will ich von meinem gerade zugestiegenen Automitbesitzer wissen. Der würdigt die Farbenpracht eines Blickes und antwortet lakonisch: “Letzte Nacht.”

Merke: Frühe Morgenstunden sind nicht der richtige Zeitpunkt für rhetorische Fragen. Vor allem nicht, wenn wir wegen eines transatlantischen Conference Calls noch früher unterwegs sind als sonst.

“The doggone rug”*

Kennt ihr den? Bestellt sich der Sheriff einen neuen Teppich für sein Büro, mit Stern und Wappen und allem Chichi und muß bei der feierlichen Entrollung lesen, daß er gemäß “American Floor Mats” zukünftig statt auf Gott einem Hund vertrauen soll – “In Dog We Trust”.

Was macht der Sheriff? Erst mal dem Hersteller die Hölle heiß, bis der verspricht, umsonst einen neuen Teppich mit ordentlich Gottvertrauen zu liefern und dann aus den $500 Kaufpreis in einer Auktion mit dem Motto “Wir kehren hier nichts unter den Teppich” eine $9,650 Spende für das Tierheim vor Ort.

Well done, Sheriff Bob Gualtieri!

in dog we trust

* Sinngemäß: Der verdammte Teppich.

Heute gelernt

“You can’t predict crazy, and you can’t fix stupid.”

Übertragen: Man weiß nie, wann einer durchdreht und dumm bleibt dumm, da helfen keine Pillen.

Ene Besuch im Zoo

zoo - cockroach-sm-heart“Valentine’s Day is upon us” raunt es aus dem Radio und mit einem leicht drohenden Unterton investigiert die Sprecherin, ob ich mir denn schon Gedanken über ein Geschenk für mein “Valentine” gemacht hätte. Nein, Frau Moderatorin, hab ich nicht, aber… “Aber das macht doch nichts”, spricht sie nun wieder säuselnd, sie sei doch hier um mir zu helfen. Ja, schon, aber… Nichts aber, sie wisse genau, was mir fehlt. Eine Adoption und schon seien der/die Liebste die glücklichsten Menschen. Na, ich weiß ja nicht, Gnädigste, ob das wirklich ein guter Einfall ist, einfach einen fremden Menschen ins Haus zu bringen? Und darum, fährt sie von meinem Einwand gänzlich unbeeindruckt fort, gingen wir jetzt in den Zoo.

zoo - scorpion-sm-heartMir bleibt die Sprache weg, und das ist auch gut so, weil es aus dem Radio nämlich auf einmal zischt und faucht. Das sei die fauchende Kakerlake* (“Hissing Cockroach”), eines der Tiere, die die San Franziskaner Zooverwaltung anläßlich des anstehenden Feiertages mit launigen Kommentaren zur Adoption freigegeben habe, das andere sei der haarige Skorpion** (“Hairy Scorpion”), ein eher stummes Tier. Es wäre sicher interessant herauszufinden, wie es um die Psychen eines Auswahlgremiums bestellt ist, das zum Valentinstag eine Schabe und ein Spinnentier als Krafttiere für eine gelungene Ex-Beziehung anbietet. Herr Professor Freud, bitte übernehmen Sie.

velvet oreosIch für meinen Teil will gar nix adoptieren, kein Tier und keinen Highway nicht und nein, ich will auch keine rosanen Kekse aus der limitierten Spezial-Edition.

Geht doch alle weg und spielt mit dem Skorpion!

 

*https://sfzoo.worldsecuresystems.com/donate/adopt/adopt-cockroach.htm

**https://sfzoo.worldsecuresystems.com/donate/adopt/adopt-scorpion-vday.htm

Juno oder “Snowmageddon 2015”

Die New Yorker Kollegen haben sich gegen Mittag unserer Zeit (15:00 Uhr an der Ostküste) verabschiedet, zwecks Lebensmitteleinkäufen und dann bis Mittwochfrüh daheim verbarrikadieren. “Stay safe” haben wir ihnen auf die verschneiten Wege mitgegeben, begleitet von dem frommen Wunsch, daß Strom-, Wasser- und Wärmezufuhr intakt bleiben mögen. Daran glauben tut das zwar keiner, aber es soll Zeiten geben, in denen das Wünschen hilft.

Die paar Wolken, die heute den kalifornischen Himmel verdunkeln, bringen uns hier morgen vielleicht etwas Regen, ihre großen Geschwister zweieinhalbtausend Meilen weiter östlich sind mit immensen Schneemengen geladen, begleitet von einem Blizzard, wie man ihn möglicherweise in der Gegend noch nie erlebt hat. New Yorks Bürgermeister de Blasio: “This is not a typical storm. It’s going to pack a punch. What you’re going to see in a few hours is something that hits very hard and very fast. … Juno’s total impact in the region is going to be crippling and potentially historic.” (Frei übersetzt: “Bleibt bloß daheim Leute, das wird schlimm. Richtig schlimm.”)

Paßt gut auf euch auf!

 

Weil aber die Klappe des Durchnitts-New Yorkers mindestens 100 Mal größer ist als die Schnauze des legendärsten Berliners, macht er Juno-Witze, und zwar jetzt und gleich; nicht, daß er womöglich einen Lacher verpaßt, wenn morgen das Internet kaputt ist. Hier meine Bestenauswahl:

juno 3 lady liberty

juno 4 fucked

juno 2 aint nobody

Die Luft ist ‘raus

Noch 6 Tage bis zum Superbowl und es geht nur um eines. Luft. Zu wenig Luft. Im Halbfinale gegen die Indianapolis Colts sollen die New England Patriots ihre Bälle zum Zwecke besserer Griffigkeit “approximately 2 pounds under-inflated” haben. Die Patriots gewannen das Spiel mit 45:7 und sind im Endspiel, die Colts sind sauer. Die NFL will von all dem nichts wissen, so kurz vor dem großen Ereignis sind Ermittlungen und, Gott verhüte, gar Ergebnisse, gaaanz schlecht.

Mir ja eigentlich alles wurscht, von mir aus soll mit wie auch immer prallen Bällen spielen, wer lustig ist. Mein persönlicher Sieger von “Deflategate” steht schon fest: Krispy Kreme – ekliger Süßkram, dafür witzige Werbung.

Deflategate

Neu im Kino: My Old Lady (UK, 2014)

Was kann schon schiefgehen, wenn man sich Maggie Smith, Kevin Kline und Kristin Scott Thomas für die Hauptrollen zusammencastet und in und um eine wunderbare Wohnung mit zwei Etagen, Garten, Wintergarten und Terasse in einem besseren Arrondissement von Paris miteinander spielen läßt?

Alles.

Und nun Spoiler.

Kevin, sein Rollenname ist Mathias Gold, aber ich werde ihn weiter Kevin nennen, weil Kevin viel besser zum Beschimpfen taugt; Kevin ist ein gescheiterter knapp sechzigjähriger Mann. Alle drei Ehen geschieden, Karriere nichts geworden, kein Geld, keine Ahnung, keine Meinung, kein Konzept. Und nun nach dem Tod seines Vaters auch noch Vollwaise. Aber immerhin mit einer frisch geerbten Wohnung in Paris. Und weil er Amerikaner ist, investiert er seine letzten Dollars in ein Flugticket, um in Paris (oder sonstwo, wenn die Wohnung verkauft ist) neu anzufangen. Ganz neu.

Wenn da nicht Madame Mathilde Girard wäre, die in der Wohnung lebt. Und vorhat, das bis zu ihrem Tode zu tun, denn sie ist “viagère” und als solche erwartet sie von Kevin, dem Wohnungseigentümer, monatliche Unterhaltszahlungen. Ein rechter Clash of Cultures, wenn ein Amerikaner auf das seiner Mentalität vollkommen unverständliche Konzept einer Erbpacht stößt: das Ding gehört mir, und ich bezahle jemandem, den ich gar nicht kenne, dafür, daß er/sie mein Eigentum nutzt und mir ein Zimmer in MEINER Wohnung zur Untermiete (!) anbietet?

Aber das war nur der Anfang. Madame wohnt dort nicht alleine, sondern mit ihrer Tochter und Kevin und Kristin sind vom ersten Moment an schlimmer als Hund und Katz’! Später, als sie herausfinden, daß sie die einzigen in dieser Geschichte vorkommenden im Alter passenden Menschen unterschiedlichen Geschlechts und – per Gentest von der verständnisvollen Hausärztin bestätigt – keine Geschwister sind, werden sie natürlich ein Liebespaar. Klar. Aber ich greife vor – Schnelldurchlauf ist nicht, da müssen wir jetzt gemeinsam durch.

Bevor das Glück ihn findet, muß Kevin noch lange durch die Straßen von Paris streifen und schlitzohrige Pariser treffen, die alle gerne mit ihm Englisch sprechen. Doch, so ist er, der Franzose! Weniger Baguette, Baskenmütze und gestreifte Hemden als früher, doch selbst die kleine Gamine, die ihn ausraubt, als er vom Weine (!) trunken (!) am Ufer der Seine (!) ein Nickerchen macht, steckt ihm im Austausch für Brieftasche und Mobiltelefon immerhin eine rote Rose zu. Ah, Paris!

Wir erfahren, daß Kevins Vater Kevins Mutter betrogen hat. Ein Leben lang. Und mit wem? Naaaa? Mit Madame Mathilde. Und diese Pariserin findet gar nichts dabei. War doch ein glänzendes Arrangement, sie mit gutsituiertem Großwildjäger-Mann und Tochter auf dem einen Kontinent, er mit Hausfrau-Frau und Sohn auf dem anderen und zwischendrin immer mal ein Schäferstündchen. Tut doch keinem weh. Außer natürlich, daß Kevins Mutter sich deswegen erschossen hat, Kevin deswegen traumatisiert (und eine gescheiterte Existenz) ist und Tochter Kristin sich das so zu Herzen nimmt, daß sie gleich ihr Verhältnis mit einem verheirateten Familienvater abbricht und außerdem ihren Beruf aufgibt. Nun steht sie voll und ganz für Kevin zur Verfügung und das gildet auch als Happy End fürs amerikanische Publikum, da ein schriftlicher Nachweis erbracht wurde, daß kein Inzest vorliegt. Madame lächelt dazu milde aus dem Wintergarten. Ist doch alles gut ausgegangen…

Meine Fresse! Wieviel Klischee man in einen einzigen Film packen kann, un-glaub-lich. Ach ja, eins noch. Am Ufer der Seine übt immer, wenn Kevin da langgeht, auf der anderen Seite eine Opernsängerin ihre Arien. Grad, als er vom Arzt kommt und Kristin nun legal zu der Seinen machen kann, singt sie Mozart und Kevin fällt – in fließendem Italienisch – in “Reich mir die Hand, mein Leben” ein. Sowas von Dampfhammersymbolik gehört verbottttennn!

Platt! Platt! Platt! Gute Schauspieler und meine Zeit vergeudet!

 

PS: Mir ging während des Schreibens ununterbrochen der Refraim “Je suis été à Pariiihhh” im Kopf herum. Das ist, glaube ich, aus einem Gedicht von Kurt Tucholsky; werd’s nachtragen, sobald ich es gefunden habe.