Für Bill Murray

Als Deutscher bezieht man seine Langfristwettervorhersagen vom Siebenschläfer, als Amerikaner vom Murmeltier. Beide sind puschelige kleine Pelztiere und verwenden eher unorthodoxe Methoden zur Wettermessung, der eine den Jetstream, der andere seinen eigenen Schatten. So weit, so bekannt. Was aber die wenigsten wissen dürften, ist, daß es sich dabei um das erste globale Nagetiermeteorologie-Job-Sharing-Modell handelt: der Europäer ist zuständig für das Sommerwetter, der Ami für den Winter.

Unser hiesiger Groundhog “Punxsutawney Phil” hat heute noch mindestens sechs weitere Wochen Winter prognostiziert. Das läßt mich total kalt (hihi Wortspiel). Solange ich nur weiter in Sandalen und T-Shirt Bäumen beim Treiben, Blüten beim Blühen und den Vögelein beim Hochzeitmachen im  grü-hünen Walde zuschauen kann, ist mir doch wurscht, wie der die Jahreszeit nennt.

Neu im Kino: The Imitation Game

Ein Muß für alle Cumberbitches und wer darüber hinaus ein Nerd ist oder eine Neigung zu dieser Spezies hat und Spaß an Kryptographie, Computern, politischen Ränkespielen, dem englischen Schulsystem, Verschwörungstheorien und der Mode der vierziger Jahre hat, der mag diesen Film. Manchmal lösen sie Probleme ein wenig zu billig (nein, keine Spoiler), aber wenn man schon mal Keira Knightley am Set hat, dann muß sie auch was beitragen dürfen. Cumberbatch ist gut, wie immer, wenn er einen intellektuellen Außenseiter spielt; ich würde ihn gerne demnächst mal gegen seinen Typ besetzt sehen.

Es liegt in der Natur der Biographie, daß man weiß wie’s ausgeht und daß eine Historienverfilmung es mit der Wahrheit nicht immer ganz genau nimmt. Ich habe “The Imitation Game” trotzdem gerne angeschaut.

Nimmer ganz neuer Kino-Skandal: The Interview

Das ist ein ganz schlechter Film und soll und muß und darf nicht gesehen werden!

Ob Sony absichtlich geleakt oder Kim Jong-un bösartig gehackt hat, ist vollkommen nebensächlich – mit einem solchen Schrott darf man sein Publikum nicht belästigen. Da haben sechs Stunden Testbild einen höheren Unterhaltungs- und Bildungswert und verschwenden weniger Lebenszeit.

Motto des Tages

“Wo man grillt, da laß dich ruhig nieder. Böse Menschen schauen nicht Superbowl.”

Meine Straße ist mit dicken Autos (dh Klaubaufs und Vans) so dicht vollgeparkt wie sonst nur zu Thanksgiving und ständig kommt noch eins dazu. Aus jedem Fahrzeug quellen Kleingruppen, jeder Ankömmling schleppt Kühltaschen, Getränkepaletten, Trays und Schüsseln ins Gastgeberhaus und statt Nebel verdunkeln Grillschwaden die Sonne.

Allerhöchste Zeit, daß ich zum Alternativprogramm aufbreche. (Vorher noch Wäsche von draußen reinholen – die riecht jetzt schon nach Frittenbude.)

Rant end

Aus der Leserschaft ist zu hören, daß ich zur Zeit besonders viel über mein Gastland schimpfe. Hab ich gar nicht gemerkt – und wenn’s stimmt, dann haben sie es verdient. Vielleicht fällts bloß auf, weil es geschrieben steht? Denn ich würde das daheim genauso machen, wenn irgendein Depp so schief parkt, daß ich nicht in die Lücke daneben passe oder die Mortadella-Prinzessin an der Wursttheke mir nichts mehr aufschneidet, weil die Maschine schon geputzt ist oder wenn der BR dem Söder einen CSU-Propaganda-Gastauftritt in “Dahoam is Dahoam” spendiert.*

Man nennt so einen Luftablaß-Schimpf hier “Rant”. Ein paar Minuten zetern und dann mit den Worten “rant end” zu einem netteren Thema wechseln. Tut gut und keinem weh und ist so nah am bayerischen Grant, daß man ein Heimweh bekommen möcht.

* Sehr nette Glosse dazu in der SZ: http://bit.ly/16dQr8v. Sehr nett.

Rekord

Angeblich, so wird mir aus Deutschland berichtet, war der Januar 2015 der bisher trockenste Monat in Kalifornien seit Beginn der Wettermessung und ohne jeden Regen.

Einspruch, Euer Ehren: Meine sehr glaubwürdige Kollegin Jenny berichtete jüngst beim Mittagessen, daß sie auf dem Weg zur Arbeit einen Regentropfen verspürt zu haben glaubte. War aber auf Nachfrage bereit, das Phänomen dem durchradelten Tiefnebelfeld zuzuschreiben.

Einspruch zurückgenommen. Es ist trocken und warm und sonnig. Dürre ist ein so häßliches Wort für einen so schönen Zustand.

Ready – Set – Go!*

Nur noch zwei Mal schlafen und dann ist es endlich soweit: Superbowl Sunday. Die amerikanischen Kollegen haben wenig andere Themen, als wer wo zu wessen Superbowl Party eingeladen ist und für welche Mannschaft man jubelt. (Die meisten für die Patriots, nicht, weil sie Boston-Fans wären, sondern weil die gegnerischen Seahawks aus Seattle letztes Jahr unsere “Niners” geschlagen haben.) Wir Ausländer erzählen einander von unseren ganz anderen Plänen und verstehen wieder einmal nicht, was an diesem Gehirnerschütterungssport dran ist.

Das Angebot in den Supermärkten ist auf den Event zugeschnitten; müllbeutelgroße Chipstüten BOGO**, Dips in Pfundeimerchen, Halbmeter-Ribs von extra vielrippig gezüchteten Schweinen, Monsterflügel von den Müttern aller Chlorhühner in Monsterpacks (keiner unter 20 Wings), Würstlbudennachschubpackungen (keine unter 20 Bratwürsten) und “Trays”. Tray bedeutet eigentlich Tablett, in diesem Fall handelt es sich jedoch um eine schwarze Plastikplatte mit durchsichtiger Haube auf der allerlei bißfertig Geschnittenes liegt. Rohes Gemüse, Käse, Wurst, Salami, Wraps in Scheibchen, Obst, DimSum-Häppchen, mexikanische Amüsos Gueulos, Törtchen, Plätzchen (also “Cookies” mit einem Durchmesser von 10 und mehr Zentimetern), Cupcakes (die nennen wir in Deutschland Muffins) usw.usf. Auf dem Süßzeug kleben dicke Schichten “Frosting” (Zuckerguß) in allen Farben. Allen! Sowie noch mehr Zucker in Form von Streusels, Flöckchen, “Sprinkles”. Dazu Getränke, auch in allen Farben, alkoholisch und nicht, in kühlschrankzugeschnittenen Kartons, sogenannte “Fridge Packs”. (Klappt nur bei US-Kühlschränken.) Außerdem säckeweise Eiswürfel, Grillkohlen und Einweggeschirr. Und “Wonderbread” BOGO, diese aufgeschnittene Beleidigung für jedes Brot, das man stauchen und drücken kann, wie man will, weil es immer wieder in die Ursprungsform zurückflappt. Das ist für die Kreativen unter den Gastgebern, die entweder selbst Sandwiches schmieren wollen oder klug genug sind, um zu wissen, daß ihre Gäste nach all den vorgesoßten Rippen und Flügeln was brauchen, um sich die Finger abzuwischen.

Das ekligste, was ich dieses Jahr gesehen habe, lag in der Kühlung und sollte noch bis 12. Februar haltbar sein: ein Tray mit einem in dünne Scheibchen aufgeschnittenen (!) Baguette um einen Spinatmayonnaisedip drapiert. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie grausig staubig trocken das Brot nach ein paar Tagen in diesem Plastikbehälter schmeckt – für einen Franzosen muß das doch Grund genug sein, wieder eine Revolution anzuzetteln, spätestens, wenn er sehen muß, daß die Mayo eifrei hergestellt wurden. Von wegen Kuchen essen!

ScampiEs wurde dann aber doch noch schlimmer. Hinten in der Fischabteilung. Da lagen sie zu Hauf, übereinandergestapelt – Prawn Party Trays. Die Scampi in einer Farbe zwischen Giftgasangriff und Mehlwurm und mittig ein Pampenkübelchen in Agent Orange, haltbar bis Ende März. Mir haben sie alle miteinander leidgetan, die Krustentiere und jedes Carotinoid, von Alpha bis Omega. Mehr will ich vom Essen gar nicht erzählen, freut euch, euch bleibt die Schilderung der kiloschweren Käseziegel in allen Farben und Marmorierungen und viele weitere Grausligkeiten erspart.

Nachtrag: Wie bei jedem gesellschaftlichen Ereignis, wirbt die CHP (California Highway Patrol) wieder um Denunzianten: “Report Drunk Drivers – Call 911” leuchtet es von jedem Blinkeschild am Highway und sinnvolle Hinweise, wie die voraussichtliche Fahrzeit nach San Francisco oder Wegen-Dürre-Wasser-Sparen fallen in den nächsten Tagen aus.

Macht ihr nur alle.

Ich habe mir das große Fernsehereignis letztes Jahr angetan und mich fürchterlich gelangweilt. Für dieses Jahr bin ich mit dem Superbowl schon durch; ich habe den Budweiser-Werbespot gesehen (http://bit.ly/18ullKs – der Welpe ist keinen Tag älter geworden…) und für den Nachmittag andere Pläne.

* Auf die Plätze – Fertig – Los!

** BOGO: Buy one, get one free = Zwei zum Preis von einem.

Betrifft: Verbesserungsvorschlag

Sehr geehrte Drogenhändler in meiner Straße,

mir scheint, die Geschäfte haben in der letzten Zeit angezogen. Das liegt vermutlich an Ihren großzügigen Ladenöffnungszeiten bis in die späten Abendstunden. Womöglich auch an Ihrem neueröffneten Drive-Through. Aber wissen Sie was? Seit Ihre Kundschaft mit dicken Geländewagen und noch dickeren Klaubaufs mit laufenden Motoren in zweiter und dritter Reihe auf die Erfüllung ihrer Wünsche wartet, kommen wir anderen Nachbarn abends nur noch mit großer Verzögerung und unter umständlichen Fahr-Ausweich-Hup-Zurücksetzmanövern heim.

Ich schlage daher vor, daß Sie zum Erhalt guter Nachbarschaft ein einfaches Parkleitsystem installieren – es muß ja nix Großartiges mit viel teurer Technologie sein. Ein Walkie-Talkie-Set, ein paar Pelonen, ein Einweiser vorne an der Straße, einer am Verkaufsfenster – schauen Sie sich das einmal beim hiesigen Straßenbauamt an, die machen das schon immer so und es funktioniert glänzend.

Nichts zu danken. Aber bitte bald umsetzen, damit wir nicht wieder jeden zweiten Abend die offiziellen Parkwächter in den schwarzen Uniformen mit den Blinkeautos bestellen müssen.

Mit freundlichen Grüßen,

Eine, die es gut mit Ihnen meint

Reality sucks

Ein Cabrio überholt mich röhrend rechts und ich kann gerade noch den Stoßstangenaufkleber “Texas Exes” erkennen, bevor es aus meinem Sichtfeld rast. Was habe ich mir nicht alles zusammenphantasiert: die blondierte Homecoming Queen aus Kenefick, TX heiratet den Ölerben Gavin J. Russell III, gebiert ihm drei Söhne und wird nach mehreren Face- und Boobjobs gegen eine jüngere Schönheitskönigin ausgetauscht. Ihr bleiben der Zweitgeborene (schwul), eine Abfindungszahlung, die kleiner ausfällt, als erwartet – sie hätte sich damals nicht überreden lassen sollen, diesen Wisch zu unterschreiben, nochmal passiert ihr das nicht – und sein Lieblingsauto, das er dummerweise damals nach der fünften Alkoholfahrt auf sie übertragen hat. Und jedes Mal Gasgeben fühlt sich an wie den fetten Ex treten!

texas exes

Manchmal, Leben, schreibe ich die besseren Geschichten. Ist dir wirklich nicht besseres eingefallen, als die “Ex-Students’ Association of The University of Texas”? Pah!