Ready – Set – Go!*

Nur noch zwei Mal schlafen und dann ist es endlich soweit: Superbowl Sunday. Die amerikanischen Kollegen haben wenig andere Themen, als wer wo zu wessen Superbowl Party eingeladen ist und für welche Mannschaft man jubelt. (Die meisten für die Patriots, nicht, weil sie Boston-Fans wären, sondern weil die gegnerischen Seahawks aus Seattle letztes Jahr unsere “Niners” geschlagen haben.) Wir Ausländer erzählen einander von unseren ganz anderen Plänen und verstehen wieder einmal nicht, was an diesem Gehirnerschütterungssport dran ist.

Das Angebot in den Supermärkten ist auf den Event zugeschnitten; müllbeutelgroße Chipstüten BOGO**, Dips in Pfundeimerchen, Halbmeter-Ribs von extra vielrippig gezüchteten Schweinen, Monsterflügel von den Müttern aller Chlorhühner in Monsterpacks (keiner unter 20 Wings), Würstlbudennachschubpackungen (keine unter 20 Bratwürsten) und “Trays”. Tray bedeutet eigentlich Tablett, in diesem Fall handelt es sich jedoch um eine schwarze Plastikplatte mit durchsichtiger Haube auf der allerlei bißfertig Geschnittenes liegt. Rohes Gemüse, Käse, Wurst, Salami, Wraps in Scheibchen, Obst, DimSum-Häppchen, mexikanische Amüsos Gueulos, Törtchen, Plätzchen (also “Cookies” mit einem Durchmesser von 10 und mehr Zentimetern), Cupcakes (die nennen wir in Deutschland Muffins) usw.usf. Auf dem Süßzeug kleben dicke Schichten “Frosting” (Zuckerguß) in allen Farben. Allen! Sowie noch mehr Zucker in Form von Streusels, Flöckchen, “Sprinkles”. Dazu Getränke, auch in allen Farben, alkoholisch und nicht, in kühlschrankzugeschnittenen Kartons, sogenannte “Fridge Packs”. (Klappt nur bei US-Kühlschränken.) Außerdem säckeweise Eiswürfel, Grillkohlen und Einweggeschirr. Und “Wonderbread” BOGO, diese aufgeschnittene Beleidigung für jedes Brot, das man stauchen und drücken kann, wie man will, weil es immer wieder in die Ursprungsform zurückflappt. Das ist für die Kreativen unter den Gastgebern, die entweder selbst Sandwiches schmieren wollen oder klug genug sind, um zu wissen, daß ihre Gäste nach all den vorgesoßten Rippen und Flügeln was brauchen, um sich die Finger abzuwischen.

Das ekligste, was ich dieses Jahr gesehen habe, lag in der Kühlung und sollte noch bis 12. Februar haltbar sein: ein Tray mit einem in dünne Scheibchen aufgeschnittenen (!) Baguette um einen Spinatmayonnaisedip drapiert. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie grausig staubig trocken das Brot nach ein paar Tagen in diesem Plastikbehälter schmeckt – für einen Franzosen muß das doch Grund genug sein, wieder eine Revolution anzuzetteln, spätestens, wenn er sehen muß, daß die Mayo eifrei hergestellt wurden. Von wegen Kuchen essen!

ScampiEs wurde dann aber doch noch schlimmer. Hinten in der Fischabteilung. Da lagen sie zu Hauf, übereinandergestapelt – Prawn Party Trays. Die Scampi in einer Farbe zwischen Giftgasangriff und Mehlwurm und mittig ein Pampenkübelchen in Agent Orange, haltbar bis Ende März. Mir haben sie alle miteinander leidgetan, die Krustentiere und jedes Carotinoid, von Alpha bis Omega. Mehr will ich vom Essen gar nicht erzählen, freut euch, euch bleibt die Schilderung der kiloschweren Käseziegel in allen Farben und Marmorierungen und viele weitere Grausligkeiten erspart.

Nachtrag: Wie bei jedem gesellschaftlichen Ereignis, wirbt die CHP (California Highway Patrol) wieder um Denunzianten: “Report Drunk Drivers – Call 911” leuchtet es von jedem Blinkeschild am Highway und sinnvolle Hinweise, wie die voraussichtliche Fahrzeit nach San Francisco oder Wegen-Dürre-Wasser-Sparen fallen in den nächsten Tagen aus.

Macht ihr nur alle.

Ich habe mir das große Fernsehereignis letztes Jahr angetan und mich fürchterlich gelangweilt. Für dieses Jahr bin ich mit dem Superbowl schon durch; ich habe den Budweiser-Werbespot gesehen (http://bit.ly/18ullKs – der Welpe ist keinen Tag älter geworden…) und für den Nachmittag andere Pläne.

* Auf die Plätze – Fertig – Los!

** BOGO: Buy one, get one free = Zwei zum Preis von einem.

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