Fragmento

Wenn, so wie heute, der heiße Wind aus Afrika bläst, dann versteht man, warum sie die Region einst die Levante nannten.

Als Bonus treibt er Tumbleweeds über den Vorplatz in die Schlucht und es wird einem dabei immer so johnwaynig.

Fragmento

Irgendwie habe ich eine ziemlich deutliche Vorstellung davon, was im Hirn des Küchenchefs vor sich gegangen sein muß, als er die Nachspeise Titamisu auf die Karte setzen ließ.

Genau. Der Mann ist wahrscheinlich Bergsteiger (s. voriges Fragmento).

“Soy ruidoso, así que estoy”*

Präambel: Meine kurze und möglicherweise nicht zu 100% repräsentative Untersuchung in den letzten paar Tagen hat ergeben, dass Spanier samt und sonders in der Krachmacherstraße auf die Welt kommen, ab dann lauter und im selben Maße geräuschresistenter werden.

Woher ich das weiß? Karins Häuschen liegt sehr einsam auf einem Hügel. Entschuldigung, Berg. Es gibt einen, vielleicht, wenn man ganz großzügig rechnet, zwei Nachbarn, also keinen Grund für Krach. Sollte man meinen. Eigentlich. Das stimmt auch, bis am Morgen der erste Lichtstreifen am Horizont wahrnehmbar ist. Dann krähen sich sämtliche Hähne der Gegend sofort heiser, Hunde bellen sich die Neuigkeiten seit gestern Abend über alle Gipfel zu, Schafe bimmeln, riesige Grillenkolonien setzen mit Donnerhall ein, der Nachtkauz und seine Kumpels schuhuen kurz auch noch mit, irgendwer heult sein Moped auf der steilen Straße den Berg hinauf und sobald er oben den Motor sehr böse abgewürgt hat, stellt er die Musik an und durch die Schluchten hallen Weisen, die von Amor, Dolor und Muerte künden. Im Refrain immer mit viel Trompete. Viel. Trompete. Und die Pferde wiehern sicherheitshalber auch, nicht, dass ausgerechnet heute ihr Frühstück vergessen wird. Da isses noch keine 5:00 Uhr,  ich hab Ferien und bin wach wie ein Glöckerl!

Ich weiß schon, man muss sich den Grundton eines neuen Ortes immer erst erhören. Wie hier nach jedem Mal Wasser aufdrehen oder Toilette spülen die Wasserdruckpumpe kurz anspringt, immer vormittags im Pool der Frischluftzufuhrschlauch gurgelt, der Wind sich an einem Felsen verhängt und kurz aufheult. Aber das muß doch nicht zu nachtschlafender Zeit sein – dafür hätte man doch den ganzen Tag Zeit. Mensch, Spanien, ey!

Nachtrag: Dass ich mich dem Morgen mit verquollenem Gesicht und Wuschelhaaren gestellt habe, ist ganz offensichtlich nicht ohne Wirkung geblieben: am nächsten Morgen waren die Hähne zwei Stunden später dran.

Vielleicht sind sie auch bloß gute Katholiken.

 

* “Ich lärme, also bin ich”

Fragmento

Vom Pool aus hat man einen wunderbaren Blick auf die beiden Berglein links, die die Andalusier der Form und Einfachheit halber Las Tetas (die “Titten”) nennen.

Ich krieg, wie bei gar so vielem hier, Heimweh nach Kalifornien, denn Wirklichkeit sehen sie aus wie die europäischen Miniaturversionen von El Capitan und dem Halfdome im Yosemite Nationalpark.

Andalou

Der Andalusier an sich hat es gerne mal eilig und wahrlich nicht die Zeit, immer jeden Buchstaben eines Wortes auszusprechen, wobei ihm vor allem das “S” und die mühseligen Zungen- und Lippenbeweǵungen, derer es für diesen Laut bedarf, so recht von Herzen zuwider sind. Drum läßt er es bleiben. No hay “S” en Andalou.

 

Karin lebt nun schon eine Weile hier und hat viele solchermaßen nützliche Dinge gelernt. Für die Zeit meines Aufenthalts, liebe Leserschaft, teile ich Frischgelerntes gerne und rufe ich hiermit die brandneue Andalou-Schnipsel-(Fragmento)-Kolumne ins Leben.

¡Observó!

Ui! Endlich Ferien!

Am Flughafen Memmigen ist nichts auszusetzen, außer, dass es sicher noch komfortabler wird, ihn zu erreichen, wenn die sehr sehr sehr lange Baustelle auf der A96 in einen superduper renovierten Autobahnabschnitt umgebaut worden sein wird. Der Flughafen liegt ansonsten landschaftlich sehr hübsch und wird nach den O’Leary’schen Sparvorgaben betrieben, d.h. die zusteigenden Passagiere stehen bereits, nachdem sie nach der Sicherheitskontrolle ihren Flugvorrat an überteuertem Trinkwasser erworben haben, in einer geordneten Schlange auf dem Rollfeld, als die Maschine ankommt und schauen den Heimkehrern beim Aussteigen zu, bevor sie selbst dran sind und noch kaum sitzen, wenn das Inflight-Entertainment beginnt. Ein stockschwulschwuchteliger Steward (Klischee, aber was wll man machen) tanzt ein Sicherheitshinweissolo mit Schleiern und Tüchern*, dass es nur so eine Art ist und dann geht die Kaffeefahrt auch schon los.

Kaffeefahrt? Aber hallo! Flugbegleiter bei Ryan Air werden neben ihrer Zugehörigkeit zur LGBT-Familie vor allem nach ihrem Verkaufstalent ausgewählt. Ein Dreieckssandwich mit weißem Matschbrot und undefinierbarer Sättigungsauflage plus Getränk (kalt ODER warm, die haben einfach alles) gerät denen leicht mal zur “Spezial Schbäschl Offer”. Außerdem Duftwässerchen, Alk, Sonstiges sowie Heizdecken und dann setzen wir auch schon zur Landung an.

Der Sevillaner Flughafen ist viel größer als der im Allgäu. Das wissen wir schon allein deswegen so genau, weil wir ihn in brüllender Mittagshitze zwei Mal in flugzeugklimaanlagenkompatibler  Kleidung mit Sack und Pack abmarschieren, in verzweifelter Suche nach dem Autoverleiher Centauro, bei dem es sich um eine mythische Figur zu handeln scheint. Die wenigen ortskundigen Menschen, die sich zur Siestahochzeit draußen aufhalten, schicken uns in jede Himmelsrichtung (mythisch, sag ich doch), allein der Zentaur ist nicht aufzufinden. Nicht hier, nicht dort, nicht nirgends. Und es ist heiß. Sauheiß. Und das Gepäck wird zunehmend schwerer. Und wir haben Durscht. Und wollen auch Siesta. Oder wenigstens einen Mietwagen. Nix is. Bevor wir jetzt noch miteinander zanken müssen, beschließen wir, beim Taxistand zu fragen. Doch, doch, Centauro sei bekannt, liege (unbestimmte, jedoch großräumige weit weit ausholende Handbewegung) weite, unendlich weite und heiße tres kilometros weit weit weg und die einfache Fahrt dorthin koste 25 Euro, getreu dem Motto, Flughafenfahrt ist Flughafenfahrt. Ja. Egal. Hauptsache dahin kommen, irgendwie.

Zeitgleich mit unserem Taxi fährt ein knatschgelber geräumiger Zentauren-Shuttlebus vor, dem ein einzelnes Touristenpärchen entsteigt. Dessen Hartnäckigkeit hatte eine Flughafenangestellte solchermaßen gedauert (oder beeindruckt), dass sie es hinter dem Security Bereich durch (eigentlich) streng versperrte “Authorized Personnel Only”-Türen bis zu einem Kämmerchen schleuste, in welchem ein alter Chinese saß. Und dieses weise Orakel aus dem fernen Osten war imstande, den Weg zur Shuttlebushaltestelle in einer Querstraße hinter dem Flughafengebäude in einer dem Touristen verständlichen Sprache zu beschreiben. Ich nehme an, das geschieht in einer Art Tombolaverfahren und es gibt nur einen Gewinner pro Flug. An das Anbringen von Hinweisschildern glaubt man bei diesem Zentaurengschwerl nicht. Bringt wahrscheinlich Unglück.

Aber egal. Wir sind da. Das pechschwarze Auto wartet schon seit Stunden in der Sonne, wir beladen und los. Halt, erst noch Beulen nachzählen. Wir finden noch ein paar mehr als der Zentauren-Señor von seinem klimatisierten Büro aus, lassen uns die abzeichnen und dann dirigiert uns das Navi zu den Koordinaten von Karins Algodonaler Berg. Durch Sanftaberdochhügel, zwischen abgemähten gelbausgedörrten Getreidefeldern hindurch, die entweder von andalusischen Bauern in einer Art Streifenmuster abgefackelt werden oder auf denen sich schwarze Krähenschwärme aussäen, was sehr hübsch aussieht. Über dem ganzen kreisen vereinzelte Geier, die Landschaft liegt still und hitzeschwer, ich kriege Heimwehwallungen nach Kalifornien und dann sind es nur noch 20, 10, 5 Kilometer, ich erkenne die Cooperativa, die Venta und die Mülltonnen wieder und jetzt, jehetzt! geht es hier rechts die arg unbefestigte Straße hoch.

Karins Tor erkenne ich nicht.

Nach einigen nicht sehr schönen Wendemanövern kommen wir aber trotzdem an. Überhitzt und durstig und sehr poolbedürftig. Karin freut sich. Der Hund freut sich. Die Pferde freuen sich. Und wir erst.

Und dann wurde es doch noch ein sehr schöner Abend.

 

Irgendwo und -wann zwischen Landung und Mietwagenübernahme muss ich mein Handy verloren haben. Das war erst schlimm, weil’s doch noch ganz neu und teuer war und ist inzwischen einem leicht bedauernden “Früher, als ich noch ein Handy hatte…” gewichen. Am schlimmsten ist eigentlich, dass ich mir all die Bilder merken muss, von denen ich sonst schnelle Schnappschüsse machen würde. Aber sonst kann ich das Digital Detox Programm eigentlich nur empfehlen.

* Andere mögen die Schleier als Sauerstoffmasken und Gurte wahrnehmen. Pfffhhh. Die haben wohl gar keine Phantasie…

Endlich gelöst

Beim Friseur hängen riesige Poster, die den neuen Haarfarbentrend “Shimmerpink” bewerben. Befragt, ob es auch erwachsene Frauen gibt, die sich sowas in die Haare schmieren, antwortet meine gerade Spitzen (und sonst nix!) schneidende Friseurin: “Ja, schon, aber die Älteren, so ab 30, nehmen eher ‘Engelblau’. Passt dann auch besser zu den ersten grauen, wissen’S?” Nach einem prüfenden Blick: “Bei Ihnen lassen wir das lieber. Das tät arg blau herauskommen.”

Und jetzt wissen wir endlich, woran es liegt, dass in München so viele Frauen mit blauem Schopf herumlaufen.

Vorhin, auf der IMDB

Ich dachte, ich hätte gestern in einer deutschen Fernsehproduktion Joachim Król erkannt, ließ mich aber vorhin von der Internet Movie Data Base belehren, dass es sich um Matthias Matschke gehandelt hatte. Außerdem festgestellt, dass die armen Menschen dort wohl nach der Methode “Schreiben nach Gehör” unterrichtet worden sein müssen.

Hesse