C-Schnipsel – Heute innerfamiliär

Mein alter Vater hat, wie wir das im Familienkreis nennen, nicht mehr alle Bücher im Regal. Manche Worte, die in diesen Büchern früher standen, sind aus seiner Sprache verschwunden, manche ersetzt er durch andere. “Schröder” zum Beispiel ist für ihn synonym mit Kanzler. Wenn man das weiß und sich auch sonst im selben kontextuellen Umfeld bewegt, sind sogar richtige Gespräche möglich. Schwierig wird es, wenn er ein neues Thema einführt und es nicht benennen kann.

Er ist der totale Nachrichtenjunkie geworden, und wenn ich abends anrufe, berichtet er mir immer als erstes, wie das mit “dera lumpiga Krankheit” gerade steht. “Deine Leut'”, sagt er dann und meint die Bayern, “deine Leut’ passad einfach ned uff! Die hend immer mehr Tote. Dabei sagt der Strauß (s.o.) dene doch, wie’s richtig geht.”

Ich pariere meistens damit, dass ich ja den ganzen Tag gearbeitet und noch keine Nachrichten gesehen habe. Er schon. Heute aber mußte ich die Tagesbotschaft so richtig aus ihm herauswinden, denn das Buch mit Namen und Titeln deutscher Regierungschefs muß akut vom Regalboden gerutscht sein. “Der…, der.., der…, die…” und dann kam nichts mehr. Ich habe es mit dem Naheliegendsten probiert (seit Trump verloren hat, ist das Corona) und er hat den Namen dankbar aufgegriffen. Ja, genau, Corona sitze noch mit ihren Kerlen zusammen und sie hätten nichts gesagt. Immer noch nicht. Obwohl es doch schon für 16:00 Uhr versprochen gewesen sei. Auf Pünktlichkeit legt er großen Wert, auch wenn er die Uhr nicht mehr so ganz genau lesen kann. (Wehe, das Essen kommt mal ein paar Minuten zu spät auf den Tisch. Dann kann er.)

Wir einigen uns schließlich darauf, dass man sich auf “Die da oben” sowieso nicht verlassen kann und ich mich heute halt mal selber informieren muss. Und auf keinen Fall ins Theater gehen.

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