In einem Fly-Over-State in bildungsfernen Haushalten aufgewachsen, gilt beiden der erstmögliche Schulabschluß als der ersehnte Schlüssel zu einem Erwachsenenleben mit selber Geld verdienen und eigenem Auto; nicht geplant (aber vorhersehbar in einem Land, wo zwar nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel wie Kamelle verteilt werden, Geburtenplanung und – Gott behüte – Verhütungsmittel jedoch des Teufels sind) ist die frühe Elternschaft. Es folgen drei weitere Kinder, und weil zur Erfüllung des Amerikanischen Traums ein Eigenheim gehört, Hypothekenschulden und Arbeitslosigkeit und Wiederaufrappeln, noch ein schlechter Job zu noch einem schlechteren Job, alles, um die Blagen irgendwie großzuziehen und “to make ends meet”*. Dann sind die Kinder groß und bekommen Stipendien für Ivy League Universitäten und tun alles, um den geliebten Eltern die Opfer der früheren Jahre zu entgelten und they lived happily ever after.
Wie, hat das irgendwer geglaubt? Quatsch, nicht einmal Hollywood dreht mehr solche Schnulzen. Vielmehr sind die Kinder inzwischen erwachsen, beide Söhne bei der Army, wo man, speziell bei Auslandseinsätzen, wesentlich mehr Kohle macht als zu Hause im Heartland, wo es kaum mehr Arbeitsplätze gibt, egal wie gut oder schlecht qualifiziert jemand ist. Man kann natürlich dabei totgeschossen werden, aber das unterscheidet den Irak so gesehen auch nicht wirklich von daheim. Tochter 1 hat es nicht einmal zu einem Highschool-Abschluß gebracht und fristet ihr Jungwitwendasein irgendwo als Kellnerin in einem Billiglokal und Bezahlung unter dem Mindestlohn, die andere hat keinen Job, keinen Mann und ist dazu gezwungen, mit ihren beiden Kindern wieder bei ihren Eltern einzuziehen – unter dem Vorwand, sie müsse sich um die beiden Alten kümmern, deren Gesundheit stark gelitten hat und deren Krankenversicherung nicht einmal für die nötigsten Medikamente ausreicht.
Soweit zur Vorgeschichte von “Roseanne”, 10. Staffel, die 20 Jahre nach dem Ende der letzten ansetzt. Im Leben der Underdog-Familie Conner hat sich auch vier Präsidenten später nichts geändert; egal, wieviel sie schuften, Geld ist nach wie vor knapp, Rücklagen nicht existent (“living from paycheck to paycheck”), das hart erkämpfte Eigenheim immer noch kurz davor, wieder von der Bank geschluckt zu werden (“foreclosure”) und den Kindern geht es kein Stück besser als den Eltern davor. Roseanne Barr, Serienerfinderin, Autorin und Akteurin der Hauptrolle, hat Trump gewählt in echt und in der Rollenfigur, weil er Jobs versprochen hat und ein besseres Leben für die “Deplorables” – und das schlimmste daran ist: man kann die Leute verstehen.
Das heißt jetzt aber zum Glück nicht, dass Trump auf eine unkritische Unterstützerin mehr bauen darf. Nein, Ms. Barr und ihr Muttertier Roseanne gehen andere umstrittene Themen mit Verve an: eine der Töchter plant, sich als Leihmutter zu verdingen, um wenigstens einmal im Leben nicht ständig über die nächsten fälligen Rechnungen nachdenken zu müssen; ihr Enkelsohn ist dabei, seine Genderidentität zu suchen und trägt Mädchenklamotten, ihr Gatte bemüht, jetzt, wo wieder Kinder im Haus sind, sich dringend daran zu erinnern, wo man seinerzeit die hauseigene Schußwaffe versteckt hat, die Enkeltochter ist schwarz, der eine Sohn seit drei Monaten aus dem Irak zurück und arbeitslos, die Schwiegertochter noch dort im Einsatz, usw. usf. – man darf auf die nächsten fünf Folgen gespannt sein.
* Am nächsten dran an “to make ends meet” wäre im Deutschen ein “irgendwie über die Runden kommen”, triffts aber nicht ganz.