Mehr Besuch

Man wünscht sich ja immer, dass ein Gast sich fern der Heimat wohlfühlt, die Gesellschaft, die Gespräche, die eigens zubereiteten lokalen Speisen und Getränke (zugegebenermaßen nicht selbst gebraut) genießt und vielleicht auch noch was nach Hause mitnimmt, das nicht nur Hairibou, Tschocklett, Merssipain und Whitewörst in Dosen ist.

Bei Pauls letztem Besuch, an einem schönen Frühsommerwochenende, wars einfach: öfter mal in den Biergarten, eine große walking tour in downtown Munich sowie eine geruhsame Fahrt über die “scenic route” zum Starnberger See, dann durch Buchheims Museum der Phantasie schlendern und sich immer wieder auf einer der vielen Terassen auf Liegestühlen lümmeln mit Blick auf den blauen See im Sonnenschein sowie Bergpanorama. Einfach schön, a bisserl Kultur und a bisserl verrückt und Neuschwanstein und das Drängeln durch die dortigen Touristenmassen hatte ich mir in einem Aufwasch auch erspart.

Dieses Mal sind wir am Freitagabend ausgegangen und haben am Samstag gute Lebensmittel gekauft und nach einem langen Frühstück angefangen, Vorbereitungen fürs Abendessen zu treffen. Schwammerl wollten geputzt und geschnitten sein, ein paar Stangen sehr reifen Lauchs und ein Handvoll Schalotten unter Tränen gehackt werden und dann waren da noch die Laugenstangen aka FBK* in feinste Scheibchen zu zerlegen und – seit er beim Atzinger seine erste Dampfnudel gegessen hatte und der Mehlspeise verfallen war – ein Hefeteig (mit lebendiger Hefe, uiuiui) zu kneten, mit Vorteig und aufgehen lassen und wieder kneten und dazu die Eier für Pauls Spezialcustard zu trennen und zu schlagen und und und – also der Samstag war echt pickepackevoll, wir mußten all die guten Dinge irgendwann ja auch noch essen.

Was aber tun an naß-grauen Sehrnovembersonntag, an dem als Bonus nacheinander noch ein paar Stürme heulen und der Regen wie aus Kübeln fällt? Paul ist ein an Literatur, Geschichte und Politik interessierter Mensch, so einem hat München viel zu bieten, allein… Ich hatte mir schon Wochen vorher Gedanken gemacht, ob es opportun ist, einen Besuch in der KZ-Gedenkstätte in Dachau vorzuschlagen. Habe mich dann, wie gesagt, der Mann ist an Literatur, Geschichte und Politik interessiert, doch getraut und war nicht wenig erstaunt, dass ihn dieselben Überlegungen umgetrieben hatten, nämlich, ob es angemessen sei, dergleichen als Freizeitgestaltung als Gast in einem deutschen Haushalt vorzuschlagen.

Wir waren etliche Stunden auf dem Gelände und in den Ausstellungen unterwegs und haben, wie immer, lange nicht alles geschafft, aber irgendwann schließen die und wir mußten auch noch mal kurz nach Hause und in einen Satz trockene Kleidung wechseln, für die Jam Session in der Unterfahrt. Und Montagfrüh um 7:00 Uhr schon ging der Flieger zurück nach SFO.

Thanks for being here, Paul, even though we ran out of time again for all the things that haven’t been said and done this time. Looking forward to you coming back next summer. And yes, bring the family.

 

* FBK = Future Breznknödl 

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