Herbstreise 2017

Am letzten Tag im Oktober wars,
die Tage wurden trüber,
da reist’ ich, wie jedes Jahr um die Zeit,
mal wieder nach Schwaben hinüber.

Und schon sind die an Heine angelehnten schönen Jamben perdu und bevor das noch peinlicher wird, dichte ich fortan lieber in Prosa weite.

Gestern morgen waren der Corolla und ich schon um 08:00 Uhr früh frisch betankt bzw. koffeiniert auf der Autobahn, unterwegs um die elterlichen Geburtstage zu begehen und die Fahrt schickte sich an, eine wundervolle Herbstreise zu werden, mit einer Sonne, die sich im Rahmen ihrer endoktoberlichen Fähigkeiten sehr bemühte, die morgendlichen Nebelschwaden von den Feldern im allgemeinen und den Reif von der Alb im besonderen zu brennen, letzten Blättern, die sich in allen Gelbtönen noch an Äste und Zweige klammerten und Lustigesimwindrauschen vorgaben, einem Sonnenblumenfeld am Wegesrand, in dem sich die happy few in egal welche Richtung streckten (von irgendwo kommt irgendwann ein Lichtlein her) – also alles in allem eine Art fröhlicher Endzeit, grade so recht passend zum 500-Jahre-Thesennageln-Sonderfeiertag.

Es ging flott und im wesentlichen anderautofrei dahin, bis ein Schild darauf hinwies, dass ich nicht an der übernächsten Ausfahrt abfahren solle, wie sonst immer, sondern wegen einer Straßensperrung und nachfolgender Umleitung, schon jetzt hier an der nächsten. “Kein Problem”, dachte ich mir noch, “mach ich glatt, die sind alle von hier, die wissen schon, was sie tun”, also den Schildern gefolgt und mich auf allerlei Irrwegen zu einem sehr surrealen Ausflug durch die Ostalb umleiten lassen. Durch Dörfle und Weilerle, durch Wädle und Feldle, über Stöckle und Steinle, auf Wegele und Pfädle, durch Schlatthölzle, Dollishäusle, Eichhorn, Kuderberg, Roßsumpf, Metzelgehren, Blümle, Reißenhöfle, Dauerwang, Schlangeleshalden, Lauchkling, Oberkolbenhof, Hugenbeckenreute, Käshöfle, Dinglesmad, Lix, Hasenhöfle, Saurenhof… und wenn sie nicht gestorben sind, dann verstecken sie heute noch die Umleitungsschilder und treiben Touristennavis in den Wahnsinn. (“Drehen Sie, wenn möglich, um. Nein, doch nicht. Ich glaube, da vorne ist eine Bundesstraße. Stürzen Sie sich mit Ihrem Fahrzeug in den Bach und überqueren anschließend die Stierwiese. Nein. Fahren Sie zuerst die Gänseherde um.” Usw, usf…) Und die ganze Zeit habe ich dabei zugesehen, wie mein bequemer Vorsprung, pünktlich zum Mittagessen um halb zwölf anzukommen, bitterlich schrumpft und dabei kontempliert, dass hier überall Menschen leben, die Gardinen häkeln und fette Frösche für den Vorgarten töpfern und ihren Hamster zur Haustierschau im Zuchthaus begleiten und ihren Kleister beim Klebtomanen mit den irren Sonderangeboten kaufen und ich hier wahrscheinlich nie mehr wegkomme und eines Tages aus purer Notwehr oder im Hungerwahn auch anfange, aus Pappmaché Nager zu basteln und da: ein Schild nach Rosenberg.

Rosenberg kenne ich. Das kommt nach Ellwangen. Und die Straße, an der Rosenberg liegt, führt in die richtige Richtung und ist fertig gebaut und nicht mehr gesperrt (da waren die Umleitungsschildfopper im Sommer zu Gange). Dem Navi den Strom genommen, alle anderen Schilder ignoriert und kaum ein Viertelstündchen später passiere ich das Schild, das mir ein “Wiedersehen im staatlich anerkannten Luftkurort Rosenheim” verheißt. Nix da. Von wegen! Rückzus nehme ich die A6.

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