Annäherung

Seit ich hier in Andalusien bin, habe ich ein Déjà vu am nächsten.

Die halbdreiviertelhügelige Landschaft, die Vegetation und ihre Farben (Blauhimmel über Schattierungen von Sattgrün bis Verbranntgelb)? Wie Nordkalifornien im Spätfrühling.

Die Werbebanner und Aufschriften auf Straßenschildern? Wie Südkalifornien.

Orangenbäume? Zitronenbäume? Nachbarn, die untereinander die Früchte ihrer Bäume, Sträucher, Böden tauschen? Eine überwältigende Gastfreundschaft, Offen- und Herzlichkeit? Die Sprache, die die Menschen sprechen? Wie früher daheim in San Bruno.

Von der leidigen Angewohnheit der Andalusier abgesehen, den letzten Buchstaben eines Wortes ersatzlos wegzulassen. (Und wupp wird aus “adiós” “addio” und man wähnt sich kurz im falschen Land…; wer herausfindet, was “Wóthá”* bedeutet, ist auf seinem Weg zur Integration schon sehr weit fortgeschritten.)

Was meine alten und Karins neue Nachbarn weit über die Kontinente hinaus eint, ist “Fiesta”. 1. Regel: man braucht keinen Grund, um zu feiern. 2. Regel: wenn man doch einen Grund haben möchte, ist jeder recht. Und darum führt Spanien auch keinen verbindlichen Feiertagskalender. Es gibt wohl ein paar zentrale Feiertage, sollten die jedoch auf ein Wochenende fallen, so ist es den jeweiligen Provinzregierungen überlassen, zu entscheiden, ob sie vor- oder nachgefeiert werden sollen / können / dürfen / müssen. Der Region Malaga hat es zum Beispiel gestern gefallen, den 1. Mai nachzufeiern, was zwar im doch schon gut mit Touristen befüllten Stadtzentrum von Ronda nicht sehr zu spüren war, mich aber bedauerlicherweise um das Einkaufserlebnis im andalusischen Aldi gebracht hat. “Unserer” Provinz Cadiz hingegen geht der 1. Mai am Ortsschild vorbei. Nachgefeiert wird nicht, was aber auch daran liegen mag, dass es wegen der “Dos-de-Mayo”-Festivitäten zu Doppelbelegungen gekommen wäre. Ein Grund pro Fest langt, zum Beispiel ein/e Schutzheilige/r – und davon hat man reichlich. Jede Kirche hat eine/n, jeder Flecken, jedes Dorf, jede Region, jede… ich denke, man sieht worauf es hinausläuft.

Jedem/Jeder Heiligen stehen wenigstens 2 (dos) Fiestas zu. Beim ersten besucht man sie in ihren Kirchen und feiert anschließend recht, beim zweiten nimmt man sie mit raus aufs Land und tanzt, trinkt und singt an der frischen Luft. Letzteres heißt “Romeria”, was wörtlich eigentlich “Pilgerfahrt” bedeutet, mir aber von einer freundlichen Dame mit “wir machen mit dem Santo ein Picknick” übersetzt wurde und viel viel hübscher ist. Falls grade mal keine Santa Picknicka zur Hand sein sollte, werden auch Jahrestage zum Anlaß für ein Fest genommen oder Künstler, selbst Ex-Bürgermeister. Oder man spart sich das Gedöns und befolgt Regel 1. Darauf ein munteres Ole**, allesamt!

 

* “Wóthá” = Whatsapp – wer nicht wazzapt, gehört nicht dazu.

** In Andalusien klingt der spanischste aller Ausrufe übrigens wie “ÓÓÓHHHLE!”

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