Das neueste Phänomen auf dem Münchener Wohnungsmarkt sind bestgelegene Immobilien zu Preisen stark unter dem Mietspiegel. Nimmt die Mietinteressentin via Wohnungsbörse Kontakt auf, entpuppen sich die Vermieter in spe ausnahmslos als junge Männer, die via Google translate oder schlimmeren Programmen mitteilen, daß sie durchweg aus familiären Gründen sehr spontan in ihre angestammten Heimatländer zurückreisen mußten und die darum für eine Besichtigung des vermeintlichen Schnäppchens leiiider nicht zur Verfügung stehen können, wo sie doch gerade La Mámmas schweißige Hand an deren Kranken- wahlweise Sterbebett halten. Außerdem ist es ihnen sowieso in den nächsten fünf Jahren dummerweise nicht möglich, nach Deutschland zu reisen. (Es sind immer fünf Jahre, ich muß noch rausfinden, wo die Magie in dieser Zahl liegt.) Das sei aber kein Grund zur Sorge, denn erstens seien sie seriöse junge Männer und an Langfristmietverhältnissen interessiert und zweitens hätten sie zwar weder Freunde noch Verwandte im kalten Alemania, aber doch immerhin einen “agent” aufgetan, der sich um alles weitere kümmern werde. Leider, leider, leider sei es bei der Bank zu Problemen gekommen und deswegen wäre es voll nett, wenn der potentielle Mieter dem “agent” einen kleinen Vertrauensvorschuß in Höhe von ummara 1.000 Euro auf dessen Konto auf den Caymans überwiese. Dann stünde der mit Hausschlüssel und Mietvertrag aber sowas von auf der Matte und der Betrag werde selbstverständlich verrechnet, wobei weder Pasquale, noch Stephen, noch Simon sich mit so schmutzigen kleinen Details wie verrechnen? – womit? und wann? aufgehalten haben. Geiz ist zwar geil, ich bin aber auch nicht blöd: Wir, meine Herren, kommen nicht ins Geschäft und ich hoffe, die Plattform schmeißt euch bald raus.
Manchmal sind es auch die guten bayerisch-bodenständigen Besitzer von Wohnungen, die einem kalte Schauer über den Rücken jagen, zum Beispiel, wenn sie die Schönheit ihrer Immobilie mit den Worten hervorheben, daß es einmal jährlich im Garten hinter dem Haus zum Eigentümer-Mieter-Grillen komme. Langt es euch nicht, wenn ich euch jeden Monat einen erklecklichen Mietzins überweise? Wollt ihr tatsächlich ein Pfund von meinem Fleische? Wenn ihr mich stecht, dann blute ich doch…
Und wer darf bei den Unbillen der Wohnungssuche nie fehlen? Genau. Makler. Man fragt sich, was einen jungen Menschen zu dieser Berufswahl treibt – es hat sich seit der Titanic-Kampagne aus den Neunzigern (die Älteren werden sich vielleicht erinnern, den Jüngeren diene sie zur Mahnung) nichts, nichts und nichts geändert. Erst dieser Tage bin ich, nachdem ich mit einer auf 10 Interessenten anwachsenden Gruppe eine Dreiviertelstunde im Kalten gewartet hatte, im Stockdunkeln einer sehr aufgeräumten Dame hinterher gelaufen, die ein “echtes Schmuckstück” zu vermieten hatte. Leider war sie weder über das Stockwerk noch sonstige Details zur Lage informiert, aber sowas findet sich ja, wenn man alle drei Etagen absucht und einfach mal schaut, wo der Schlüssel paßt. Und wer braucht nachts um acht schon Licht, um eine Wohnung zu besichtigen? Immerhin hatte sie eine Taschenlampe mit, vollkommen hinreichend um über den Parkettboden (Ein Interessent: “Das ist doch Laminat?” Maklerin: “Wenn Sie meinen. Das ist sowieso haltbarer.”) und die frisch gestrichenen Wände zu wischen und darauf hinzuweisen, daß der Glückliche, der diese Wohnung bekommt, das Bad erstbenutzen dürfen werde. Wenn es den eingebaut sei. Supi! Als ihr dann diese Dummheit von den Lippen perlte: “Der Balkon geht nach Westen. Oder wars Osten? Aber es ist in jedem Fall recht hell. Aber da brauchen’S jetzt nicht rauszugehen, jetzt ist ja dunkel.” bin ich wortlos gegangen. Irgendwann langts.
Das Schlimmste an solchen Abenden ist, daß ich an jeder Menge Häuser mit hell erleuchterten Fenstern vorbei zu einem Punkt gehe, wo mich ein öffentliches Verkehrsmittel aufklaubt. Und hinter diesen Fenstern sind jede Menge Menschen, die wo wohnen. Mit ihren eigenen Möbeln und so. Und dann bin ich manchmal ganz arg neidisch.
Ein Wort des Dankes an euch da draußen, die ihr mit mir fühlt und mit blaugedrückten Daumen der positiven Entscheidung meines demnächst bald zukünftigen Vermieters entgegenfiebert. Das hilft. Genauso wie die guten Ratschläge und Warnungen vor den Neppern, Schleppern und Sabinenfängern auf dem Immobilienmarkt.
Die Betrüger gibt es scheint’s auch in weiblich.
Die Dame nennt sich Charlotte Marie und gibt vor, aus Dänemark zu kommen – wohin sie gerade eilends zurückreisen mußte, ans Krankenbett der Frau Moder. Aber gegen eine kleine Geldgabe vorab täte sie mir vertrauen und mir den Schlüssel zu ihrer Wohnung zukommen lassen.
Pack, elendes!