Gut für den Teint

“Die Forschung” habe, jubelt der vermutlich teuer aus dem Marketingbudget bezahlte Artikel in einer ansonsten seriösen Zeitung, die Forschung also habe jetzt das ultimative Mittel zur Verjüngung alternder Haut entdeckt: Lachsperma.

Es zeugt von meiner eher mangelhaft entwickelte Beziehung zur Kosmetikindustrie, dass es eine Weile dauert, bis selbst ich verstehe, dass diese Creme nicht gut für die Population von Lachsen sein kann. Und gar kein bißchen lustig ist.

Überraschung!

Eigentlich wollte der Mann mir toten Fisch verkaufen. Was wird der sich wundern, wenn er stattdessen einen Zahlungsbefehl für die Schlechte-Wortspiel-Kasse bekommt…

Gelesen: Lea Ruckpaul – “Bye Bye Lolita”

Vorrede 1: Lea Ruckpaul, die ich als Schauspielerin sehr schätze, beschreibt die Auseinandersetzung einer fiktiven Figur mit der Lesart ihrer Rolle in einem Roman. Ernstzunehmende Literaturkritiker hätten nun wahrscheinlich Vladimir Nabokovs “Lolita” noch einmal gelesen. Ich nicht. Ich habe das Buch schon damals gehaßt und nur wegen Weltliteratur und Kanon usw. zu Ende gelesen. Meine Erinnerung ist also nur wikipediaaufgefrischt. Das muss reichen.

Vorrede 2: Der Verlag, Voland & Quist, schreibt im Klappentext nicht nur eine Inhaltsangabe, sondern gibt auch gleich die zu interpretierende Interpretation vor: “Dolores Haze – die Lolita aus Vladimir Nabokovs gleichnamigem Roman – ist vom Mädchen zur Frau geworden. Mit Ende dreißig blickt sie zurück auf ihr beschädigtes Leben und fragt sich, wie sie die geworden ist, die sie heute ist. Lea Ruckpaul erzählt in ihrem Debütroman von einer Überlebenden, die sich freischreibt und die um keinen Preis ein Opfer sein will. ‘Bye Bye Lolita’ ist der wütende Abgesang auf ein Klischee, welches das Bild von jungen Frauen bis heute prägt – und auf die Machtverhältnisse, die das ermöglichen. Ein Roman über das größte Missverständnis der Literaturgeschichte.” Danke, Verlag. Aber ich bilde mir meine Meinung gerne selber.

Vorrede 3: Dieser Verlag, der mir alles vorkauen will, hat nicht gerechnet. Die Dolores Haze, die sich hier mit ihrem Leben in all seinen Ambivalenzen auseinandersetzt, ist gerade mal 35. (Lolita ist 12, als ihre Mutter 1947 stirbt. Zwei Jahre später gelingt ihr die Flucht und 21 Jahre später, im Jahre 1970, beginnt sie mit ihren Aufzeichnungen.)

Vorrede 4: In Nabokovs Roman beschreibt ein Literaturdozent unter dem Pseudonym “Humbert Humbert” im Gefängnis von seiner “Eroberung” der 12-jährigen “Nymphette” Lolita über den Umweg der Eheschließung mit ihrer Mutter, deren Tod, den fast zweijährigen Roadtrip mit der “kindlichen Geliebten” und schließlich seine Verhaftung, wegen Mordes an einem vermeintlichen Nebenbuhler. Es mag ein Höhepunkt literarischen Schaffens sein, aber Nabokov verschwendet kein Wort über das mißbrauchte Mädchen und läßt seine Leser deren mögliche Gefühle nur aus den Schwülstigkeiten Humbert Humberts herausinterpretieren. AAAhhhrrrgg!

So, nun aber zu Ruckpaul. Ich glaube, ich habe verstanden, was sie mir ihrem Buch erreichen will. (Kunststück, hat mir der Verlag ja auch schon vorher geschrieben.) Ihre Dolores Haze arbeitet ihre Vergangenheit auf, indem sie im Wortsinne gegen Humbert Humbert anschreibt, nämlich auf die leeren Seiten seiner Tagebücher vom Ende der Bücher her. Im Gegensatz zu Nabokovs Lolita, der sie siebzehnjährig im Kindbett sterben läßt, ist Ruckpauls Dolores am Leben. Sie erkennt und erkennt an, dass Depression und Magersucht Folgen des Mißbrauchs sind, ihr Verhältnis zu Männern, Sexualität und Lust bestenfalls zweischneidig.

Wo es problematisch wird, ist, wenn Ruckpaul zwischen den Tonarten wechselt. Mal sehr rotziges, auf Provokation zielendes Kind, mal erwachsene Frau, die alle Feminismusdebatten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts internalisiert und reflektiert hat. Dieser Schiefklang zieht sich durch das gesamte Buch. Ich habe mir so viele Zitate rausgeschrieben, sehe aber, dass der blogpost viel zu lang werden würde, wenn ich sie alle aufführte. Ich beschränke mich auf eines, das zeigt, wo es sich Ruckpaul zu leicht macht: “Lange habe ich geglaubt, ich sei krank und davon besessen, mit Selbstverleugnung und -erniedrigung für Geliebtwerden bezahlen zu müssen, weil ich gestört bin durch den Mißbrauch, den ich erlebt habe. Nach vielen Gesprächen mit Freundinnen und Freundinnen von Freundinnen, die ihr Zusammenleben mit Männern ähnlich beschrieben, ging ich davon aus, dass auch diese Frauen eine Form von Mißbrauch erlebt haben. Gleichgesinnte, Gleichgestörte und Kranke freunden sich eben an, dachte ich. Irgendwann habe ich erkannt: Frauen sind es gewohnt, ihre Autonomie einzutauschen gegen ‘Beziehung mit einem Mann’. Das ist das System, in dem wir leben. Das wird von uns erwartet. Und mit ‘Wir’ meine ich uns alle.”

Ah, ja. Das “System”. Darauf läuft das Buch zum Schluß heraus. Dass auch ihre Mutter vermeintlich schon keine andere Wahl gehabt hatte, so wie keine Frau vor und nach ihr. Aber für eine bloße Schelte des Patriarchats hätte es nicht noch ein Buch gebraucht. Da gibt es andere und bessere. Aber immerhin, Dolores durchläuft ihre Katharsis, exorziert Lolita und schließt: “Ich bin zu allem fähig. Auch zum Glück.” Dann ist ja gut.

Habe ich für euch gelesen. Damit ihrs euch sparen könnt.

Weihnachten kommt

…oder, wie es die Autoren einer e-mail von Amazon, die mich vor Betrugsversuchen im Internet warnen will, nennen: “die nächste Hochsaison für Einkäufe”.

Früher hätte ich noch vermutet, dass die politisch korrekt sein wollen und niemanden kränken, der halt ums Jahresende herum was anderes mit Geschenken feiert. Aber nachdem Jeff Bezos nun auch zu den führenden Hofschranzen 47s gehört, dürfte das einfach nur die Angst des Kapitalisten vor irregeleiteten Profiten sein (also von ihm weg).

Verhörte Intelligenz

Ich veröffentliche ja lang nicht alle meine Funde (käme ja sonst zu gar nichts anderem mehr), aber dieser hier ist doch zu schön:

Aus dem dreiköpfigen (three-headed) Höllenhund Zerberus macht die VI einen dreimal behüteten (three hatted) und seitdem kriege ich das Bild eines Yorkshire Terriers mit drei Zylindern auf dem einen Kopf nicht mehr aus aus meinem. Da sage noch einmal einer, Künstliche Intelligenz töte menschliche Phantasie.

Au contraire.

Alle Vöglein sind…

…ich will es ja nicht beschreien, aber aktuell knarzen und krächzen in den fast schon kahlen Bäumen unter dem schweren Nebelhimmel nur noch schwarze Krähen. Wenn es überhaupt mal guru-guruht, dann in der Passage vor dem Haus, wo sich Tauben dick aufgeplustert vor der Bäckerei zusammenrotten, und den Passanten mit bösen Blicken zu verstehen geben, dass sie jetzt gerne deren Brötchen zum Fraß vorgeworfen bekämen.

“Vor der Bäckerei” bedeutet aber auch: nicht auf meinem Balkon. Wenn sich doch noch mal eine tollkühne Einzeltaube traut, heranzuflattern, bin ich sofort mit dem Scheuchwedelhandtuch zur Stelle und pfeife ihr, frei nach Florence Welch, “The Bird Days are OVER” (ja, in Großbuchstaben) hinterher.

Möge dieser Ärscher nun wirklich endlich vorbei sein.

Nicht zu Ende gelesen: Charles Dickens – “A Tale of Two Cities”

“A Tale of Two Cities” gehört zu Pflichtliteratur im Weltliteraturkanon. DAS Werk überhaupt zur Französischen Revolution, aus der Sicht eines viktorianischen Autors mit einem der berühmtesten Buchanfänge, die je geschrieben wurden: “It was the best of times, it was the worst of times, …”

Wiewohl ich mich nach Kräften bemüht habe, bin ich daran gescheitert. Hauptsächlich, weil nichts so schlecht altert wie Humor. Mir war ganz oft, als säße ich in einem Kabaratt, in dem der Vortragende gerade eine Kunstpause für einen zu erwartenden Lacher macht – und ich stumm bleibe, bleiben muss, weil ich keine Ahnung habe, was an seinen Ausführungen witzig gewesen sein könnte.

Elke Heidenreich hat dieser Tage in der Süddeutschen Zeitung* unter der Überschrift “Jemand findet, ich soll das lesen” sehr hübsch über die Neigung aktueller Autoren geschrieben, ihrer Leserschaft mit viel zu langen und überdies oft langweiligen Büchern zu quälen. Wisset Se, Frau Heidenreich: das kann einem selbst mit den Granden der Weltliteratur passieren. Ist es dann nicht schön, zu wissen, dass wir alt genug sind, ein Buch, mit dem wir nichts anfangen können, wegzulegen und dem nächsten eine Chance zu geben?

Wer meinen Band mit der schmucken Guillotine auf dem Titelbild haben will, gebe Bescheid. Sonst kommt er in den nächsten Bücherschank.

* Hier im Ganzen, falls jemand mehr wissen will: https://www.sueddeutsche.de/kultur/elke-heidenreich-zu-viele-neue-buecher-gastbeitrag-li.3334911

Gebühreneinzug

Vor lauter VI (Verhörte Intelligenz, neue flockblog-Kolumne), ist beinahe die Schlechte-Wortspiel-Kasse in eine Unterfinanzierungskrise (UFiKri) geraten. Zum Glück muß man nur einmal eine Zeitung aufschlagen bzw. anklicken und findet gleich wieder zahlungspflichtige Schätze: