Allein, mir fehlt der Glaube

Nach dem entwürdigenden Wahlspektakel am ersten Jahrestag des Marsches auf das Kapitol kann man der amerikanischen Demokratie doch nur eine schnelle und umfassende Genesung wünschen.

Für mich klingt das wie Pfeifen im dunklen Wald…

Gelesen: Mark Millar – “King of Spies”

Neulich habe ich irgendwo gelesen, bei Mark Millar handele es sich um eine “Comic-Gelddruckmaschine”. Kann man so sagen. Aus seiner Feder stammt die “Kick Ass”-Reihe, die “Kingsmen”, “Wanted” und vieles mehr.

Nun also der “King of Spies”, ein, ach was, der britische Geheimagent im Dienste ihrer Majestät. Dummerweise gealtert, noch dümmererweise gleich zu Anfang des Comics mit einer letalen Krebsdiagnose überrumpelt.

Das Artwork von Matteo Scalera und Ozgur Yildirim ist solide gut, aber nichts besonderes, die Geschichte von Millar wieder einmal eine Gewaltorgie. Wenn einer, der alle Skelette in allen Schränken und sämtliche Leichen in sämtlichen Kellern kennt, nur noch drei aktive Monate zu leben hat, und nun, beseelt von dem Gedanken, all jene auszulöschen, die bisher aus politischen oder sonstigen Gründen off limits waren, dann hat er zu tun. Viel rote Farben auf den Seiten.

Ich glaube, sowas zu schreiben hat karthatische Wirkung und ein bißchen davon fließt beim Lesen aus den Seiten, wenn wieder ein Kinderschänder, Oligarch, Premierminister, Hollywoodproduzent, Industrieller recht phantasievoll sein vorzeitiges Ende findet.

Ob’s das braucht? Eher nicht. Millar hat / ist eine eigene Abteilung bei Netflix. Wird also wahrscheinlich eh verfilmt. Wetten für die Hauptrolle werden angenommen.

Fehlzündungen

Heute beschäftigt sich das “Streiflicht” der Süddeutschen mit Wintersport und zitiert wunderbare Synapsenblitze aus der Welt des Sports. Will ich euch nicht vorenthalten:

Also sagte einmal der Fußballer Philipp Lahm: “Man muss nicht immer das Salz in der Suppe suchen.” Und natürlich der frühere Werder-Trainer Viktor Skripnik: “Ich schmeiße nicht das weiße Handtuch.”

Mitten im Lesen: George Saunders – “A Swim in a Pond in the Rain: In Which Four Russians Give a Master Class on Writing, Reading, and Life”

Hach, Hach und Triple-Hach!

George Saunders, der seit 20 Jahren an der Universität Syracuse lehrt, hat diese lange Zeit des Lehrens und Lernens in einem Buch zusammengefaßt, das nichts anderes ist, als eine lange Vorlesung eines begeisterten Lesers und Schreibers.

Ich bin gerade erst mit der ersten Lektion zu einer Kurzgeschichte von Tschechow durch, rückhaltlos begeistert und freue mich schon jetzt auf die nächste literaturphilosophische Unterrichtseinheit.

Lesen! Lesen! Lesen!

Gelesen: N. K. Jemisin – “The World We Make”

Es war einmal, vor langer Zeit (also vor circa vier oder fünf Jahren), da plante die Autorin eine Trilogie “The Great Cities Series”, die in einem phantastischen Setting große Fragen behandeln sollte. Wie die, welchen Einfluss die Gründung von Siedlungen und deren Entwicklung zu Städten bis hin zu Megalopolen auf die Entwicklung der Menschheit hatte. (Der Begriff “Megalopolis” wurde von Oscar Spengler in seinem 1918 erschienenen Werk “Der Untergang des Abendlandes eingeführt. Schon das könnte ein Zeichen sein. Oder nicht?) Wie und welche Menschen warum zusammenleben. In welchem Zusammenhang Städtebau und Macht stehen. Und. Und. Und.

Der erste Band wurde 2020 veröffentlicht (Kritik s. hier: https://flockblog.de/?p=45358). Überholt von einer Welt und einer Zeit, in der Covid-19 in enger Zusammenarbeit mit Damalsnochpräsident Trump die Zeitgeschichte und den Hauptschauplatz New York in ihren eigenen dystopischen Albtraum umgemünzt hatten.

Im Nachwort zu diesem zweiten und letzten Band der nunmehr Duologie beschreibt Jemisin eindringlich, in welche Konflikte sie diese Etnwicklung gebracht und wie und warum sie sich dennoch zu dieser Fortsetzung entschlossen hat.

Man kann ihr für diesen Kraftakt nur danken. Dieses Buch ist unglaublich dicht und intensiv, es bleibt kaum Zeit, einmal durchzuatmen, so sehr treibt die drohende und real existierende Katastophe von außen die Geschichte voran. Hinzukommt, dass diese Situation von der politischen Rechten ausgenutzt wird, einen extrem schmutzigen Wahlkampf um die Position des neuen New Yorker Bürgermeisters und das zukünftige Schicksal dieser Stadt zu betreiben.

So sehr tagespolitisch war Jemisin noch nie. Ich traue mich dennoch vorherzusagen, dass auch dieses Buch Bestand haben wird, eben weil sie den Mut hat, Fiktion daraus zu machen. Wieder kämpfen die Avatare der Stadt für deren Überleben, mit- und gegeneinander, wieder ist die Sprache atemberaubend und ungeheuer präzise. Hinzukommt, dass Jemisin hochgebildet ist. Ich habe mich über jedes Zitat, jede Anspielung, jede Referenz, die ich erkannt habe, gefreut wie ein Kind. Bin aber sicher, dass mir mindestens ebenso viele entgangen sind. (Vielleicht beim nächsten Mal.)

Wie ich den online zu lesenden Zeitungen entnehme, ist es inzwischen üblich, die voraussichtliche Lesezeit anzugeben. Hier ist es ein Winterfeiertag, von früh bis spät, mit gelegentlichen Unterbrechungen zur Nahrungsaufnahme.

Unbedingt lesen! Lesen! Lesen! Lesen!

Gut, dass wir das geklärt haben

Ich brauche eine neue Schmutzfangmatte (vulgo “Teppich”) für den Flur und treibe mich auf Online-Basaren herum. Dabei heute folgendes gelernt:

Auf Schwäbisch ist das anders. Auf Schwäbisch bedeutet “Teppich” (sprich “Debbich”) Decke. So wie eine Wolldecke, die man auf dem Kanapee zu liegen hat.

Hab das Modell aber dann doch nicht genommen. Hättet ihr?

Aus dem Vokabelheft

Es habe, berichtet die vom Heimatbesuch zurückgekehrte Kollegin, bei den vielen Besuchen bei Freunden und Verwandten gar nicht so oft großartig gekochte Mahlzeiten gegeben. Man habe vielmehr “Knüsekes” zu sich genommen.

Egal, wie schlecht eines und einer jeden Sauerländisch auch sein mag: dass dieser Begriff nur für lecker Knabberzeug stehen kann, ist doch eindeutig.

Ein dreifaches Hoch auf die Onomatopoesie!