Kaum hält das Mithaargummisirgendwieamrohrfestmachprovisorium für den Waschmaschinenschlauch gute fünf Jahre, schon ermüdet das Material und platzt an einer Sowasvonnichtsollbruchstelle. Ein einstündiger Einsatz zur Entflutung der Garage, mit Schrubber, Wischlappen und Flüchen führt zu folgender Bilanz: Auf der Plusseite: intensiver Ganzkörper-Workout und Garage auch mal wieder gewischt. Auf der Minusseite: Ein Sack Reis ist umgefallen. Außerdem hatte Innerer 60 Leseminuten weniger und ist grantig. “Hättest du mal besser gleich auf Wiltrud gehört und die Sachen zur Heilsarmee gefahren, dann hättest du heute die Säcke nicht schon wieder umlagern müssen…” Recht hat er. Nur noch einmal Schleppen, am Donnerstag wird das Zeug geholt.
It pours, man. It pours.
“Tropical Rains”. Alles grau und alles naß und noch nässer. Innerer schlüpft in Rumlümmelklamotten und Wollsocken sucht das Buch für den heutigen Tag aus, als er hört, wie der kleine Sportsgeist im Hintergrund telefoniert: “Oh really? Rain or Shine? Awesome! I’ll be there.” Was hat der Zwerg jetzt wieder angestellt? Wenn man einmal nicht aufpaßt. Innerer wirds ganz anders, als die Bequemjogginghosen fallen. Sabine wurschtelt sich in die engen Swim-Tights, 3mm-Neoprenjacke, statt Wollsocken barfuß in Croqs, Kapperl auf und durch einen dichten Regenvorhang mit einigen Unterbodenwäschen ins Freibad. Damit unsere Desha nicht wegschwimmt, organisieren wir ein Kanopi und dann hampeln die Drei Tapferen Dicken rum. Rain or Shine, da kennen wir nix. Erst unter der heißen Dusche erwacht Innerer aus seinem Schock und besteht für den Nachmittag auf Lesen statt Putzen. Kann er haben.
“Saga”, Band 3 – ein bißchen schwächer als die ersten beiden, aber immer noch mein Favorit unter den neuen Graphic Novels und “Calculating God”, dazu mehr, wenn ichs ausgelesen haben werde.
Not yet there
Meine Überzeugung, daß ich inzwischen ganz ordentlich mexikanisch kochen kann, ist heute erheblich ins Wanken gekommen. Wegen Sam. Bringt mir meine Tupperschüsseln zurück und bedankt sich artig für die wohlschmeckende Suppe aus zweierlei Bohnen, mit Chorizos, reichlich Jalapeños, Shrimps, gerösteten Kartoffeln, Knoblauch, Karotten, dies und das an scharf und Semillas. Das sei wohl ein Rezept meiner Mama?
Ganz bestimmt. Alles klassische Zutaten der rheinischen Küche.
Dicke Brummer
Man sieht hier schon sehr oft sehr teure Autos (und fragt sich ebenso oft, ob das Ferrari-, Porsche-, Maseratifahren bei den hiesigen Geschwindkeitesbegrenzungen eigentlich wirklich Spaß macht). Der Anblick gerade, auf der Abfahrt zum Flughafen, hat aber doch Seltenheitswert: ein Konvoi aus drei fetten knallpinken Hummer-Stretch-Limos.
Da war wohl Prominenz aus dem Süden (hier: Los Angeles) zu Besuch im Silicon Valley.
Es werde Licht
Meine Küche mutete zuletzt an wie ein eher schummriges Bistro. Die Art, wo der Arzt aus der Nachbarschaft auf einer schlechtgewischten Tafel mit einem viel zu kurzen Kreidestümpchen das abendliche Menü hinkrakelt, man auf wackeligen Stühlchen an viel zu kleinen Tischen winzige Portiönchen serviert bekommt, die wesentlich schöner aussehen als sie schmecken und man sich aber nicht traut, das laut zu sagen. Nicht bei den Preisen!
Wo war ich? Genau. Licht in der Küche kaputt. Glühbirnen austauschen erfolglos, es blieben einfach zwei neue Birnen dunkel. Hmmmm. Wen kenne ich, der einen Elektriker kennt? Hah! Meine Allzweckwaffennachbarin Carmen. Der fällt denn auch gleich ihr Cousin ein, der ist Elektriker. Aber auf der anderen Bay-Seite. Macht nichts, “I just have to get him down here.” Das ist mir schon wieder peinlich, meine Mutter hat mir nicht umsonst die heilige Verpflichtung auferlegt, nur ja keine Umstände zu machen, nirgends und niemandem. Carmen kennt meine Frau Mama nicht und läßt das a) nicht gelten und hat b) einen Gatten. Der kommt denn auch ein paar Minuten später angedackelt, sieht sich die Sache an und diagnostiziert: “Schalter kaputt”. Das kann er selbst, für sowas braucht man doch Carmens Vetter aus Dingsda nicht zu bemühen. Vorhin war er hier, und seitdem ist es wieder hell. Wenn ich wieder zurück nach Deutschland gehe, dann suche ich mir da auch ein mexikanisches Wohnviertel mit solchen Nachbarn!
Gracias! Muchas Gracias! Muchissimas Gracissimas!
Disaster Training
Wenn man Katastrophenschützern glauben wil, leben wir hier in einer saugefährlichen Gegend.
1. Es brennt. “Fire drills” sind an der Tagesordnung (in Schulen, Gemeinden, Office Parks, überall), was nicht zuletzt an der Bauweise der Gebäude – Holzlatten und Tyvek Housewrap – und den abenteuerlich darüber montierten Stromtrassen liegen mag. Außerdem dokumentiert der Energieversorger PG&E bis heute nicht ordentlich, wo genau er seine Erdgasleitungen verlegt und weniger Waldbrände sind durch die Dürre auch nicht gerade zu erwarten.
2. Es wackelt. Der San Andreas Graben war für Siedlungsgründer, egal ob Indiander, tschuldigung “Native Americans”, Missionare, Gold- oder Totengräber offensichtlich die allererste Wahl – und drum üben wir in diesem viel zu dicht besiedelten Flecken Land regelmäßig Erdbeben, denn “The Big One” steht uns innerhalb der nächsten 40 Jahre ins Haus. Empfohlen werden stabile Türrahmen sowie Wasservorräte und Taschenlampen, Bargeld und dann “Duck&Cover”.
3. Wasser wallt. Heute ist die “Tsunami Prepardness Week” angelaufen. Ja, Tsunamis haben wir auch noch, kein Wunder, wenn man sich auf einer Halbinsel zwischen einer riesigen Bucht und einem noch viel riesigeren Ozean niederläßt. Sollte das Meer sich erheben, “here’s what you need to do to stay safe: keep calm; walk or run to higher ground, 100 feet above sea level or 1 mile inland“.
Dann schauen wir mal, wer zuerst kommt. Wahrscheinlich ist, daß es eine Kettenreaktion geben wird. Ob da die “Disaster-Kits”, die man gerade wieder überall günstig kaufen kann, in allen Größen, für Erwachsene, Kinder, Haustiere, wirklich nützen? Vermutlich hilft einfach nur umziehen. Oder, und das scheint die allgemeine Maxime zu sein, sich mit dem heiligen Florian gutzustellen. Muß mal schauen, ob der Mexikaner für den auch ein Kerzerl hat.
Frühling an der Bay
Jetzt hat der Frühling wirklich begonnen: Meine Steuererklärung ist noch reichlich vor Tax Day am 15. April e-gefiled und durch San Bruno pfeift wieder der kalte Märzenwind, der zwar Wäsche turboschnell trocknet, mir aber das Draußenlesen vergällt. Wie war das gleich gestern im Schwimmbad? Genau. Asiatinnen in Tiger-Mom-Burkas (in die Stiefelchen gesteckte Skinny Jeans, langärmliges T-Shirt, Schal, weiße Handschuhchen, Puck-die-Stubenfliege-Sonnenbrille und ein Sonnenschild, größer als der gemeine Biergartensonnenschirm) betteln vom Beckenrand aus die Schwimmlehrer ihrer winzigen Kinder um Hausaufgaben an. Halt a mal. Das kann ich auch. Also ersteres. Flugs den neuen roten Tüpfelschal* und ein Hoodie an, Buch geschnappt und eine Decke über die Beine. Besser als Davos. Alles gut.
Wer jetzt noch nicht blüht, ist ein Loser.
* Überhaupt Schals: ich trage ja nur noch Handgemachtes von Müncher Freundinnen. Einen warmwollenen gedeckten Möbius für den Winter und einen in rotem Flies und vielen Tupfen für die andere Jahreszeit. Danke dafür!
Praise the Lord!
Da ist man über Mittag zwecks Wassersport eine Weile weg und wupps, schleichen sich die Zeugen doch schnell zum Haus und hinterlassen eine Einladung” zu einem “Special Bible Talk” mit dem Thema “Why Would a Loving God Permit Wickedness?” (Warum würde ein liebender Gott Schlechtes zulassen?) – “Millions will be coming. Will you?”
So wie ich euch kenne, lautet die Antwort: Er täte es nicht. Es liegt nur an den dummen Menschen mit ihrer unreifen Wahrnehmung, die das Gute in SEinem Werke nicht erkennen und dagegen hilft beten und spenden.
Toll, wie ich das weiß, gell? Und das als bekennende Atheistin.
PS: Ich komme dann mal nicht zum Event der “Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania”.
Every drop counts
Fünf Menschen in Businesskleidung mit Klemmbrettern klopfen an meiner Tür. Erster Gedanke: “Die Zeugen Jehovas können es nicht sein. Die haben mich als nicht ordentliche spanisch sprechende Unbekehrbare inzwischen abgeschrieben. Die draußen vor der Tür können keine Türklingel bedienen. Sind das womöglich die Bullen? Oha und Obacht!” Ich öffne vorsichtig, man tauscht ein paar Begrüßungsfloskeln, dann räuspert sich der Senior-Krawattenmann und lobhudelt: da hätte ich aber mal ein wunderhübsches Anwesen und sein Vize sekundiert umgehend und preist meinen Vorgarten. Was sie wollen, weiß ich immer noch nicht, doch ich bin sicher, daß die Herrschaften ganz offensichtlich an schwerem Realitätsverlust erkrankt sind. Mein Häuschen wäre seinerzeit in Wandlitz noch nicht einmal als Anbau zum Geräteschuppen durchgegangen und daß die Wiese vor dem Haus irgendeinem Schönheitsideal entspricht, glaube ich erst, wenn Naomi Campbell in einem Kurzmäntelchen aus dem räudigen Fell einer nach langer schwerer Hautkrankheit entschlafenen Hyäne läuft.
Man sei, räuspert sich der Älteste wieder in den Vordergrund, die “City of San Bruno”, also vielmehr deren Repräsentanten. Und man sei abgeordnet, um mit mir über Jahrhundertdürre in Kalifornien zu sprechen. Auf dieses Stichwort hin wechseln alle den Gesichtsausdruck von Begrüßungsgrinsefreundlich zu Abersowasvonbetroffen. “Schlimm, gell?”, versuche ich mich ins Gespräch einzubringen. Habe aber keine Chance, im Drehbuch ist an dieser Stelle kein Dialog vorgesehen. Krawattenheinzi wedelt mit dem Klemmbrett zur Ordnung, was bei seinen Adlaten La Ola auslöst, und spricht pastoral getragen von Gemeinwesen und Wassersparen und Opfern, die wir alle bringen müssen. Hilfskraft I, Kostümchen, rosa Rüschenbluse, Haarreif, löst die Liste “What YOU can do to conserve WATER” von ihrem Klemmbrett und überreicht sie mir mit einem ebensolchen Lächeln. Ich bin fast überrascht, daß sie keinen Knicks macht. Hilfskraft II, Kostümchen, hellblaue Rüschenbluse, Haarreif tritt vor und beginnt, mir eben diese Liste vorzulesen: “Nicht täglich duschen!” [Mache ich eh nicht, ist schlecht für die Haut.] “Replace your shower with a washcloth.” [Waschlappen statt Dusche. Klingt gut. Vielleicht das nächste Mal dazuschreiben, daß das nur mit einem feuchten Tuch geht. Nicht daß die Leute am Ende den Duschkopf rausreißen und sich wundern.] “Strom sparen. Wäsche draußen aufhängen.” [Mache ich eh, mein Haushalt ist trocknerfrei.] “Nicht jedes Wochenende das Auto waschen.” [Wahh? Der Passat kann sich glücklich schätzen, wenn das einmal im Jahr passiert. Noch nicht einmal in der Werkstatt duscht man ihn nach dem Service wg. Wassersparens mehr.] “Die alte Toilette gegen ein Energiesparmodell austauschen.” [Mein Vermieter ist so geizig, der überläßt mir allenfalls einen alten Eimer zum Spülen.] Und so weiter, alles Selbstverständlichkeiten. Ich hätte auch alle diese Eckig-Klammer-Anworten gegeben, wenn Blaublüschen ein einziges Mal zum Luftholen unterbrochen hätte. Tut sie aber nicht. Dann räuspert sich der Alte wieder und stellt den letzten Krawattenträger vor. Das sei der “Garden Counsellor”. Der legt auch gleich los, erzählt mir von den Vorteilen eines pflegeleichten Steingartens und drückt mir einen Stapel Prospekte in die Hand. Seine Landscaping-Firma sei im Re-Modelling von Gärten das allererste Haus am Platze und wenn ich mich gleich heute jetzt sofort entscheide gibt’s einen Coupon UND noch einen Tausender von der City of San Bruno. Naaaa?
Wie? Ach so, bin ich jetzt dran? Ja dann. Das klingt alles super und ich mache auch gerne bei der freiwilligen Selbstverpflichtung 10% Wasser einzusparen mit. Bloß, hier im und am Haus kann ich nichts ändern, da müßten sie mit meinem Landlord sprechen und der wohnt in San Diego. Soll ich Ihnen vielleicht die Adresse…? Nein, wollen sie nicht. Sie müßten jetzt leider wirklich gleich weiter und die Prospekte hätten sie auch gerne zurück. Bye!
Von mir aus. Ich muß eh los, zum Dicke-Damen-Turnen und anschließend im Schwimmbad duschen.
