Fünf Menschen in Businesskleidung mit Klemmbrettern klopfen an meiner Tür. Erster Gedanke: “Die Zeugen Jehovas können es nicht sein. Die haben mich als nicht ordentliche spanisch sprechende Unbekehrbare inzwischen abgeschrieben. Die draußen vor der Tür können keine Türklingel bedienen. Sind das womöglich die Bullen? Oha und Obacht!” Ich öffne vorsichtig, man tauscht ein paar Begrüßungsfloskeln, dann räuspert sich der Senior-Krawattenmann und lobhudelt: da hätte ich aber mal ein wunderhübsches Anwesen und sein Vize sekundiert umgehend und preist meinen Vorgarten. Was sie wollen, weiß ich immer noch nicht, doch ich bin sicher, daß die Herrschaften ganz offensichtlich an schwerem Realitätsverlust erkrankt sind. Mein Häuschen wäre seinerzeit in Wandlitz noch nicht einmal als Anbau zum Geräteschuppen durchgegangen und daß die Wiese vor dem Haus irgendeinem Schönheitsideal entspricht, glaube ich erst, wenn Naomi Campbell in einem Kurzmäntelchen aus dem räudigen Fell einer nach langer schwerer Hautkrankheit entschlafenen Hyäne läuft.
Man sei, räuspert sich der Älteste wieder in den Vordergrund, die “City of San Bruno”, also vielmehr deren Repräsentanten. Und man sei abgeordnet, um mit mir über Jahrhundertdürre in Kalifornien zu sprechen. Auf dieses Stichwort hin wechseln alle den Gesichtsausdruck von Begrüßungsgrinsefreundlich zu Abersowasvonbetroffen. “Schlimm, gell?”, versuche ich mich ins Gespräch einzubringen. Habe aber keine Chance, im Drehbuch ist an dieser Stelle kein Dialog vorgesehen. Krawattenheinzi wedelt mit dem Klemmbrett zur Ordnung, was bei seinen Adlaten La Ola auslöst, und spricht pastoral getragen von Gemeinwesen und Wassersparen und Opfern, die wir alle bringen müssen. Hilfskraft I, Kostümchen, rosa Rüschenbluse, Haarreif, löst die Liste “What YOU can do to conserve WATER” von ihrem Klemmbrett und überreicht sie mir mit einem ebensolchen Lächeln. Ich bin fast überrascht, daß sie keinen Knicks macht. Hilfskraft II, Kostümchen, hellblaue Rüschenbluse, Haarreif tritt vor und beginnt, mir eben diese Liste vorzulesen: “Nicht täglich duschen!” [Mache ich eh nicht, ist schlecht für die Haut.] “Replace your shower with a washcloth.” [Waschlappen statt Dusche. Klingt gut. Vielleicht das nächste Mal dazuschreiben, daß das nur mit einem feuchten Tuch geht. Nicht daß die Leute am Ende den Duschkopf rausreißen und sich wundern.] “Strom sparen. Wäsche draußen aufhängen.” [Mache ich eh, mein Haushalt ist trocknerfrei.] “Nicht jedes Wochenende das Auto waschen.” [Wahh? Der Passat kann sich glücklich schätzen, wenn das einmal im Jahr passiert. Noch nicht einmal in der Werkstatt duscht man ihn nach dem Service wg. Wassersparens mehr.] “Die alte Toilette gegen ein Energiesparmodell austauschen.” [Mein Vermieter ist so geizig, der überläßt mir allenfalls einen alten Eimer zum Spülen.] Und so weiter, alles Selbstverständlichkeiten. Ich hätte auch alle diese Eckig-Klammer-Anworten gegeben, wenn Blaublüschen ein einziges Mal zum Luftholen unterbrochen hätte. Tut sie aber nicht. Dann räuspert sich der Alte wieder und stellt den letzten Krawattenträger vor. Das sei der “Garden Counsellor”. Der legt auch gleich los, erzählt mir von den Vorteilen eines pflegeleichten Steingartens und drückt mir einen Stapel Prospekte in die Hand. Seine Landscaping-Firma sei im Re-Modelling von Gärten das allererste Haus am Platze und wenn ich mich gleich heute jetzt sofort entscheide gibt’s einen Coupon UND noch einen Tausender von der City of San Bruno. Naaaa?
Wie? Ach so, bin ich jetzt dran? Ja dann. Das klingt alles super und ich mache auch gerne bei der freiwilligen Selbstverpflichtung 10% Wasser einzusparen mit. Bloß, hier im und am Haus kann ich nichts ändern, da müßten sie mit meinem Landlord sprechen und der wohnt in San Diego. Soll ich Ihnen vielleicht die Adresse…? Nein, wollen sie nicht. Sie müßten jetzt leider wirklich gleich weiter und die Prospekte hätten sie auch gerne zurück. Bye!
Von mir aus. Ich muß eh los, zum Dicke-Damen-Turnen und anschließend im Schwimmbad duschen.