Aus dem Vokabelheft

“Ui, ist das aber ein hübsches kleines Wort. Komm doch mal her, Nimby. Darf ich Nimby streicheln?”

Paß gut auf, du. Täusch dich mal nicht. An Nimby ist überhaupt nichts Nettes, Nimby ist die liebenswert klingende hiesige Version von ganz schlimmer Heuchelei nach dem St. Florians-Prinzip. Ein neuer Kindergarten / Asylantenwohnheim / Hospiz / Resozialisierungswohngruppe / etc. Superidee! Ganz super! Aber halt Nimby: Not in my Backyard!

Transgender

female ThorWenn sich die Gerüchte bewahrheiten sollten, daß Marvel Thor zur Hammerfrau machen will, dann hätte ich dazu eine Frage: heißt die dann Thora?

“Arrivals”

Bekanntermaßen mein Lieblingsziel am Flughafen. Da hole ich Toni ab, nach seinen Sommerferien in Sachsen… Man hört es kaum: “Üsch warde ganz hinden, zwüschen den Düren drei und vür”.

Happy Bastille Day!

Im Vereinnahmen von anderer Leute Feiertage sind sie hier ganz groß, zum Beispiel Cinco de Mayo, San Patrick’s Day oder Hanukkah und sie machen auch vor Exoten wie Diwali, Purim und Mardi Gras nicht Halt. Darum begehen wir heute den “Bastille Day”. Wobei sich der Herr im Radio schon sehr verwundert gibt, daß die Franzosen ihren Nationalfeiertag ausgerechnet nach einem Gefängnis benennen.

Aber andererseits, meint er, so sind sie, die Frenchies. Die essen auch Schnecken.

Friedfertiger Landbau

Wer glaubt, daß Löwinnen das Maß aller Dinge sind, wenn es um die Verteidigung ihrer Jungen geht, der muß nur mal versuchen, bei mir im Garten Brombeeren zu ernten. Ich bin von oben bis unten zerkratzt und zerstochen und das für ein winziges Schüsselchen voller Strauchbrut.

Wo ist Machete, wenn man ihn mal braucht?

SCHLAND!

Sam hats wirklich mit allen Mitteln versucht: wenn ich mit ihm Fußball schaue, dann kocht er mir was Feines und kauft auch extra noch Eis zum Nachtisch. Sogar zwei verschiedene Sorten. Wo wir Deutschlandfans doch zusammenhalten müssen gegen die Argentinos, die sind nämlich “mas prepotente” und drum mögen wir die nicht.

Ich habe ausgehandelt, daß er mich holt, wenn es Elfmeterschießen gibt und ich derweil bei mir aufräume, vorkoche und meine Übungen turne. Hat’s nicht gebraucht. Die deutsche Mannschaft hat schon in der Verlängerung gewonnen. Es ist aber ausgesprochen reizend, daß Sam sofort nach dem Spiel rüberkam. Zum Bescheidsagen und Gratulieren.

Ja, dann. Von mir auch herzlichen Glückwunsch. Wenn wir schon nicht mehr Papst sind.

Nimmer ganz neu im Kino: “Captain America: The Winter Soldier”

Captain America ist ein Soulbrother von Superman, edel, hilfreich und gut, ein Teil von jener Kraft, die stets das Gute will. Man weiß, wie das Zitat endet und so findet sich der Held auf einmal in unserer neuen heutigen Welt, in der der Zweck (der vermeintliche Schutz vor terroristischen Anschlägen) die Mittel (Totalüberwachung aller Menschen) heiligt. Das findet er voll uncool, ey. Da muß man als Held und aufrechter D-Day-Amerikaner doch was tun.

Dann Materialschlachten, Robert Redford als Schurke, Scarlett Johannson als Ex-KGB-Agentin Natasha*, mehr Materialschlachten, Samuel L. Jackson, mit Augenklappe und wieder einmal ungeschlagen im Tragen langer schwarzer Ledermäntel. The Falcon, ein Kriegsheld aus den aktuellen Auslandskriegen der USA, der jetzt bei Veterans Affairs traumatisierte Soldaten betreut, aber natürlich sofort seine Flügel anlegt, wenn Captain America ruft. Vorher, nachher, zwischendrin noch mehr Sachen kaputt. Und dann Bucky aka Winter Soldier, der Mann mit dem eisernen Arm mit dem lustigen roten Stern drauf. Bucky und der Captain waren von klein auf beste Freunde, eine Bromance** vom feinsten. Ende des Zweiten Weltkriegs ging Buck MIA (“missing in action”), wurden von ganz bäh-bösen Nazi-Wissenschaftlern in einem ganz bäh-bösen Experiment bionisch aufgerüstet, schockgefroren und zwecks Verüben von ganz bäh-bösen Taten gelegentlich aufgetaut. Aber unser Captain kommt noch aus der Zeit der “Drei von der Tankstelle” und glaubt ganz fest, daß auch der böseste Nazi es nicht schafft, den Freund, seinen guten alten Buddy Bucky völlig aus dem Inneren des Winter Soldiers zu löschen. Und? [Spoiler] Recht hatter, der Captain.

Ich kann der Kritik meines Cineasten-Freundes nur zustimmen: die erste Hälfte kann man gut anschauen. Das ist der Teil des Filmes mit Selbstironie und Comic-Action. Die zweite Hälfte sieht aus, als sei ihnen das Konzept abhanden gekommen. Hauptsache, es knallt. Dann werden noch zwei Enden draufgepackt. Das erste ist purer Hollywood-Süßkramkitsch, das zweite wirkt, als habe man “Pinky and The Brain” nachgestellt und soll wohl die Fortsetzung ankündigen. Noch mehr bäh-bösere Nazis, die nach der Weltherrschaft gieren.

Am besten nach einer Stunde das Kino verlassen, dann bleibt einem das schale “So nicht”-Gefühl erspart. Schade.

 

* Ehrlich, was besseres ist ihnen nicht eingefallen? Fürderhin war ich völlig willenlos und mußte jedes Mal, wenn sie auftrat, an MMW denken “Ihr Name war Natascha/sie kam aus Nowosibirsk/wir tranken Wodka aus Flaschen/sie hät mich beinah erwürgst”. (Kennt das noch wer? http://bit.ly/1sbmail)

** Bromance: eine echte Männerfreundschaft. Zwischen heterosexuellen Männern, latürnich. Daran ist nichts schwul. Gar nichts. Das ist gaanz wichtig. Im hiesigen Sprech: “Male BFFs”. Siehe hier: http://bit.ly/1gUDRO3

Was tun, wenn’s kribbelt?

Einfach draufhauen! Die Chance, dabei eine Ameise zu erwischen, liegt im 99,9%-Bereich, das bißchen Rest sind ihre Phantomgeschwister. Die Biester laufen inzwischen nicht mehr selbst, sondern lassen sich mit allem reintragen, was länger als zwei Minuten hinten im Garten war. Vollkommen wahllos springen sie auf trockene Wäsche, Sandalen, frischgepflücktes Obst, die ganze Sabine. Hut ab, Ameisen, eure Transportmittel habt ihr klug gewählt: auf nichts davon würde man blauen Giftsprüh applizieren. Diesen Sieg muß ich ihnen lassen.

Und morgen schauen, daß ich das Fallobst zusammengerecht und in die Grüne Tonne verbracht kriege.

I’m gonna read a book.

Kirchen sind irgendwann mein Untergang. Damit meine ich gar keine spezielle Glaubensrichtung. Es reicht eine irdische Zweigstelle in Geldnot (also jede außer dem Vatikan und dem Bistum Limburg) und wuppdich organisiert das Bodenpersonal schneller einen “Centennial Book&Bake-Sale” als man “New York Times Bestsellerliste” sagen kann.

Normalerweise komme ich an der Kirche des hiesigen Schutzheiligen nie vorbei, aber heute hat er wohl meine Wege in seine Richtung geführt und weil es sich unter den hiesigen Saints herumgesprochen hat, daß ich Lauffaulheit vorschütze, um Bücherkauf zu verweigern, hat mir der Bruno aus Kölle (!) wieder einen Parkplatz direkt am Eingang freigehalten. Ist ja gut, dann schau ich halt mal, was ihr anzubieten habt, sind ja bloß drei Tapeziertische voll. (Und vier Billies. Große Billies. Die sieht man aber erst, wenn man um den zweiten Tisch umrundet hat.) Erbauungsliteratur, Gebetsanleitungen, Ratgeber für alles, insbesondere Dinge mit kurzer Halbwertszeit wie Beziehungen, Schwangerschaft und Steuern; Home Improvement- und Kochbücher halten sich ungefähr die Waage. Alles ganz ungefährlich. Acht gezählte Exemplare von Deborah Tannens Anleitung zur Kommunikation zwischen XY- und XX-Chromosomenträgern “Männer vom Mars, Frauen von der Venus”; es hat sich scheints herumgesprochen, daß wir alle von der Erde stammen und Gemeinplätze uns nicht weiterbringen. Gut. Mögen die Dinger irgendwann als Zellstoffprodukt noch einmal nützen. Die Twilight Saga ist definitiv Geschichte, habe bei 15 kompletten Trilogien aufgehört zu zählen. Sehr gut und siehe oben. Daß jemand den ersten Band der unsäglichen Jungfern-Reihe “Divergent” schon aussortiert hat, habe ich wohlwollend zur Kenntnis genommen. Doch nicht alle doof.

Ein John Irving, ein Tom Wolfe und ein Experiment* schaffen es in meine Einkaufstüte – das geht eigentlich, wenn man bedenkt, daß ich nebenher den vom Arzt verschrieben täglichen Spaziergang absolviert und Sonne getankt habe.

Außerdem entdeckt:

anna karenina halb

(Nicht gekauft. Soweit geht’s dann doch nicht. Nicht mal für Sankt Bruno.)

* Dale McGowan “Calling Bernadette’s Bluff” – wie ich eben recherchiere, hat der Herr ebenfalls “Atheism For Dummies” verfaßt. Ich gehe davon aus, daß ich die 50 Cents nicht in einen totalen Mißgriff investiert habe.

S’ ist alles dunkel*… – Eine Geschichte aus dem Dienstleistungsparadies

Manuel hat einen Blackout. Nein, nicht die Art von Mist-gebaut-und-jetzt-Amnesie-vortäuschen-Politiker-Blackout, sondern die Variante kein Strom, kein Gas, kein warmes Wasser. Angefangen hatte es damit, daß USPS, die amerikanische Post, immer häufiger seinen Briefkasten nicht finden konnte. Das ist der Briefkasten, der sich seit dem Bau des Hauses vor ca. 50 Jahren nicht vom Fleck gerührt hat und Manuel ist auch nicht etwa neu zugezogen, sondern lebt dort seit seiner Geburt. Manchmal, an Samstagen, wurde dann doch ein mit Gummiband umschnürtes Bündel Wochenpost zugestellt, was darauf schließen läßt, daß der Samstagsbriefträger offensichtlich begabter war als sein Unterderwochekollege. Dann blieben mit Einstellen der Samstagspost (Sparmaßnahme) auch diese Bündel aus und alle Anrufe Manuels bei USPS waren ihnen unendlich wichtig und blieben fruchtlos.

Hat er eben alles auf “paperless” und online umgestellt und sich darauf eingerichtet, in Zukunft keine Geburtstags- und Weihnachtskarten mehr zu bekommen und fand das auch nicht weiter schlimm. Bis am Donnerstag das Haus dunkel blieb. Selbst dann blieb er ruhig, was ein bezeichnendes Licht auf den Umgang des hiesigen “Natives” mit der maroden Energieversorgungsinfrastruktur wirft. Ich hätte wahrscheinlich “schon” nach ein, zwei Stunden bei PG&E angerufen. Doch, eine Weile hätte ich auf jeden Fall gewartet, soweit bin ich auch schon, vor allem, weil PG&E ständig und in allen Medien unkt, daß uns wegen der Dürre ohnehin Stromausfälle ins Haus stehen. Das ist keine Frage des Ob, sondern nur des Wann. Er hat, was er brauchte, mit Batterien betrieben und als der Strom freitagfrüh immer noch nicht da war, eben kalt geduscht und sich vorgenommen, vom Büro aus anzurufen. “Things got busy” und bis er endlich dazukam, sich nach dem Status seiner Energieversorgung zu erkundigen, wars nach 15:00 Uhr. Nach geraumer Zeit in der Warteschleife hatte er wen dran und der fand nach einigem Herumklicken heraus, daß Manuel auf die schriftliche Mahnung, seine Rechnung zu bezahlen, nicht reagiert und man deswegen seine Energiezufuhr gekappt habe. PG&E ruft sonst wegen jedem Scheiß an, bei mir zum letzten Mal, als ich das Haus voller Besuch hatte und der Warmwasserverbrauch nach drei Tagen überproportional gestiegen war – Kunststück, wenn fünf Leute täglich duschen. Aber anzurufen, wenn man jemandem den Strom abzustellen gedenkt, das ist nicht vorgesehen. (Double-Faceplam!)

Manuel hat dem Customer Service Mitarbeiter und später auch dessen Supervisor ausführlich erklärt, wieso er weder Rechnung noch Mahnung erhalten hat. Fanden sie auch beide blöd und waren “very sorry”. Außerdem führt er aus, daß er sofort Maßnahmen ergriffen habe und nunmehr sowohl Rechnungszustellung wie -bezahlung elektronisch erfolgen. Ah! Nun komme man der Sache auf den Grund. Habe Manuel denn für die letzte Rechnung einen Scheck geschickt? Nein, hat er nicht, weil er doch auf Lastschrift umgestellt habe. Jaha, schon. Aber bis das bei PG&E “processed” werde, dauere es 6-8 Wochen und bis dahin sei der traditionelle Zahlungsweg einzuhalten. Das sei ihm so auch online angezeigt worden. Manuel schwört beim Leben seiner Mutter, daß nicht. Ich habe keinen Grund, an seiner Darstellung zu zweifeln und jeden, an der von PG&E. Wie er denn nun zu Strom komme, will er wissen. Easy peasy lemon squeezy: er brauche nur am Montagmorgen einen Scheck vorbeizubringen und innerhalb von vier Stunden habe man ihn wieder am Netz. Und man sei vollkommen flexibel, ganz egal bei welcher PG&E-Außenstelle er bezahlen werde, das sei alles voll computerisiert und würde nach Bestätigung des Geldeingangs sofort an die Freischaltstelle durchgeklickt.

Moooment! Jetzt ist es Freitag, gegen 16:oo Uhr. Ja, eben. Wie, ja eben? Freitags ab 16:00 Uhr beginne das Wochenende bei PG&E. Die Buchhaltung ist schon weg und im Außendienst seien nur noch “emergency crews” im Einsatz. Die könne man wegen sowas nicht behelligen. Das seien schließlich Lebensretter. Eine Ausnahme könne man nur machen, wenn in seinem Haushalt nachweislich ein Kind unter einem Jahr, ein Senior über 65 oder eine pflegebedürftige Person leben. Und? Tun sie das? Nein. Also, “Monday it is”. Und ob man sonst noch was für ihn tun könne?

Hat er mir alles vorhin erzählt, als er frisch geduscht darauf wartete, daß seine Ladung Wäsche durch die Maschine läuft**. Ein paar große Beutel Eis, um alles was verderblich ist draufzupacken, hatte er schon gestern Abend besorgt. Meine Steckdosen hängen voller Ladegeräte, überall blinken LEDs – ich bin gespannt, ob ich heute noch einen Anruf kriege, weil ich überproportional “charge”.

* s. http://bit.ly/1m5tLHl, vorspulen bis 0:56

** Amerikanische Waschmaschinen sind so konstruiert, daß das Wasser im Gasboiler erhitzt wird, bevor es in die Waschmaschine fließt. Deswegen kann man in meinem Haus entweder duschen oder Wäsche waschen, aber um Gottes Willen nicht beides gleichzeitig. Dann fliegt sofort die Sicherung raus.