Kontrastprogramm

War viel los gestern; man möchte gar nicht glauben, wieviele Möglichkeiten es gegeben hätte, mal so richtig ordentlich abzufeiern.

Mit Super Olga zum Beispiel, die nach ihrem Absturz aus höchsten Höhen zu Jesus gefunden hat, und nun nur noch für ihn singt. Und auch für mich, wenn ich zu ihr in die “Church of the Highlands” komme.

Olga

Oder mitlaufen. Mit der für diese Jahreszeit und Wetterlage doch ausgesprochen sparsam bekleideten Crowd beim “Santa Skivvies* Run” in der City. Konnte mich nicht entscheiden, drum links das Plakat 2014, rechts das aus dem letzten Jahr.

santa skivvies run santa skivvies run2

 

 

Mir war weder nach Gospel noch nach Goosebumps**. Mich haben dafür meine Dicken Damen im Pool recht schön angesungen.

 

*”Skivvies” sind Unterhosen; die Sprachforschung ist sich nicht sicher, woher der Begriff so ganz genau stammt. Die Herren auf den Plakaten sind für San Franziskaner Verhältnisse extrem züchtig bekleidet.

** “Goosebumps”. Wörtlich Gänseknubbel, übertragen “eine Gänsehaut haben”, frieren.

#Neuland

Und wo ich gerade beim Aufregen bin: Gestern war das Internet für die Bundeskanzlerin noch “Neuland”, heute will sie die Netzneutralität abschaffen, zugunsten einer Kombi aus “freiem Internet und qualitätssicherem Internet für Spezialdienste”. Dafür, sagt sie, “drückt Deutschland [in Brüssel] … sehr auf das Tempo”. Was im Umkehrschluß bedeutet, daß ihr die Qualität im “freien” Internet am Arsch vorbeigeht.

Um in Ihrem Bild zu bleiben, Frau Dr. Merkel, wäre das ungefähr so, wie wenn Sie neben jede Straße und Autobahn noch eine private Paralleltrasse für “Spezialdienste” legen lassen würden – statt sinnvoll in den Ausbau der bestehenden Infrastruktur zu investieren.

Bleiben lassen. Und in Brüssel bitte einen vernünftigen Standpunkt vertreten.

Man spricht deutsh

Jetzt muß ich mich aber schon auch mal über Deutschland aufregen, im spezielleren Bayern und im ganz speziellen die CSU und diesen Passus aus dem Deutsche-Leitkultur-Leitantragsentwurf für den CSU-Parteitag.”Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie Deutsch zu sprechen”.

Darf ich bitte noch einmal daran erinnern, daß es nicht um Assimilation – dafür sind traditionell die Borg zuständig – sondern um Integration geht? Integration bedeutet, Menschen, die bisher nicht dabei waren, in eine Gesellschaft einzuschließen und anzunehmen. Das kann und darf nicht heißen, daß von ihnen verlangt wird, ihre Identität aufzugeben, deren integraler Bestandteil die Sprache ist.

Im Umkehrschluß würde das nämlich bedeuten, daß ich dazu “angehalten” würde (von wem eigentlich?), den flockblog auf englisch zu schreiben. Humbug.

Twilight Zone

Das Auto vor mir im Stau verkündet mit einem gut dreihandtellergroßen Aufkleber in Seltsamblau auf Puderquastenrosa “I granted A Senior A Wish”. Für mich ist sofort klar, daß der Aufkleberaufklebende einem alten Menschen zu sozialverträglichem Ableben geholfen hat und nun damit angibt. Weil frau aber ihre Chronistinnenpflicht ernst nimmt, habe ich dann zu Hause doch lieber nachgesehen und herausgefunden, daß die Zwielichtstiftung ganz andere Sachen macht.

Twilightwish

Wortspielchen spielen

Kollegin Jenny hat sich neulich mit ihren Freunden einen Jux gemacht und Markennamen verhunzt. Sie war sehr stolz auf ihre Neuschöpfungen und hat heute beim Mittagessen davon erzählt; nachfolgend meine drei Favoriten.

Home Despot

A Home Depot

Cross Dress for Less

A Ross Dress for Less1

Blood Bath and Beyond

A Bed Bath and Beyond

Bonustrack: sie, wie auch viele andere Silicon Valley Wordsmithes, war recht traurig, als Facebook die ehemaligen Büroräume von Sun Microsystems bezog und damit der ausgesprochen häßliche Bürokomplex der treffenden Bezeichnung “Sun Quentin” verlustig ging.

Kampf dem Skorbut!

Heute stand vor meiner Haustür eine riesige Kiste “Lone Star”-Orangen aus Texas – bessere gibt es gar nicht. Ich kann nur annehmen, daß Sam sich gedacht hat, daß 25 Pfund Persimmons + 40 Pfund Orangen besser sind, als lumpige 25 Pfund Persimmons alleine. Ich werde pressen, Smoothies machen, backen, braten, einkochen und einen Riesenspaß an den vielen Vitaminen haben.

Mann, geht es mir mit diesem Nachbarn gut!

5. Tag

Bevor ich zur Arbeit losfahre, setze ich die Sonnenbrille auf. Wie immer. Da war doch was? Richtig geraten: kein Regen. Prompt ist gerade mal nur noch halb so viel Verkehr. Sehr schön.

Kein Wasser vom Himmel? Das nimmt die Hausverwaltung zum Anlaß, unser Büro sofort wieder ordentlich herunterzukühlen – wie bei den Temperaturen der Teppichboden je trocken werden soll, ist mir schleierhaft. Ich werde nie verstehen, warum Amerikanern als einzige Antwort auf ein paar Sonnenstrahlen immer nur extrakalte Klimaanlagenluft einfällt. Nicht schön. Haa-aaptschi!

Gegen Abend müssen wir auf dem Parkplatz nicht mehr Pfützenspringen und die Straßen sind schon fast alle abgetrocknet, nur an den Rändern und in den tieferen Schlaglöchern stehen noch dicke Lachen. Geht doch.

Die dicken Wolken, der Hof um den Mond und die Narbe an meinem linken Oberarm unken jedoch alle gleichermaßen: Das wars noch nicht. Der Regen macht nur Pause. Von mir aus.

Mehr als zwei sind eine Gruppe

Ich hab überhaupt kein Talent für so Dinge wie Camp- & Pfadfinding und mach mein Ding gern für mich und ganz allein. Zum Beispiel Duschen.

Nicht heute: geschätzte 628 Fetischisten (mas o menos) glotzen. Wuseln durch meine Wanne, balancieren am Duschschlauch, nippen vom Seifenschaum und sind überhaupt überall. Ich bin genervt!

Nun bin ich sauber und sie nicht mehr. Und nachgegelt ist ebenfalls.

Brehms unvollständiges Tierleben

Brehm beschreibt in seiner “Allgemeinen Kunde des Thierreichs” seitenlang die Totenrituale der Krabbelviecher und da sind wir uns schon uneins – ich kenne Ameisentod in den Versionen Totgelen bzw. Dusche draufhalten und “Wasser marsch”. Im weiteren äußert er sich geradezu enthusiastisch über ihre Tugenden, als da wären Freundschaft, Taperkeit, Mut, Loyalität, geradezu soldatische Disziplin, Gastfreundschaft und Fleiß, Fleiß, Fleiß.

Nirgends im ganzen Kapitel “Vielfüssler, Insekten und Spinnenkerle”, findet sich auch nur ein Wort darüber, daß Ameisen sich zum maritimen Leben hingezogen fühlen und gerne in Gruppen Formationsschwimmwettbewerbe austragen, vorzugsweise im Wasserfilter oder im Zahnputzbecher. Und warum er nicht ausführt, daß sie die ausgeprägtesten Fetischisten des Tierreichs sind, mit einer besonderen Vorliebe für Badezimmerzellstoff (Toilettenpapier, Papiertaschentücher, Wattebäusche), Zahnpasta und Rasierschaum, ist möglicherweise der strikten Sexualmoral seiner Zeit geschuldet. Trotzdem, als Forscher hätte er sich überwinden müssen. Nun bleibt es mir überlassen, jedes Blatt Klopapier vor der Verwendung auf kleine schwarze Wuselfetischisten abzusuchen.

Nichts zu danken, Herr Brehm. Wenn Ihnen an der Vollständigkeit Ihres Werkes gelegen ist, seien Sie bitte so freundlich und tragen meine Erkenntnisse in der nächsten Auflage nach.

Vier Tage Regen

Gestern ging der Transformator auf dem Parkplatz hinterm Büro mit Finkelfunkelblitz in Flammen auf und wir hatten für ein paar Minuten keinen Strom. Heute ist das Internet ein paar mal naß geworden und war dann mal kurz weg. Wahrscheinlich zum Abtrocknen. Kennt man ja, schließlich fällt Wasser vom Himmel. Seit gestern Nacht tappen die hippen Einwohner von Mission District und SOMA (zwei schwer gentrifizierte San Franziskaner Stadtviertel) im Dunkeln, kein Strom, keine Ampeln und – ganz schlimm – kein Pappbecherkaffee vom Barista. PG&E hat wieder Leitungstrockentupfer geschickt und heute Abend müssen sich dem Vernehmen nach nur noch ein paar hundert Haushalte mit Kerzen behelfen. Kennt man auch, schließlich fällt Wasser vom Himmel. Gottlob gibts bei Starbucks schon wieder Elektrizität.

Die Straßen sind noch überfluteter und gesperrter als gestern, man möchte am liebsten daheim bleiben und sich beim Kampf um das bißchen Reststraße raushalten dürfen, ist aber stattdessen länger und mit noch mehr Kamikazefahrern unterwegs als sonst. Im dicken Scheibenwischer-auf-Stufe-Drei-und-mehr-hammwer-nicht-Schauer heute früh hätte ich dem Passat gerne Wasserski untergeschnallt, wir sind von einem Aquaplaning (auf englisch Hydroplaning) ins andere geschliddert und Abstand halten wegen verlängertem Bremsweg wurde uns von anderen Straßenteilnehmern als Schwäche ausgelegt und allenfalls als Lücke zum Reingequetschen interpretiert. Kennt man auch, schließlich fällt Wasser vom Himmel.

Der Hausmeister beschwert sich in der Zigarettenpause, daß die Wassermassen, die in den letzten Tagen vom Himmel gefallen sind, ziemlich genau der Hälfte der in normalen Jahren üblichen Jahresmenge entsprächen – “that’s not right”. Wird schon stimmen, der Mann ist der Typ, der stundenlang den “Weather Channel” guckt und seine Freude an anderer Leute Schneestürmen, Hurrikanen und anderen Unbillen hat. Daß extreme Wettersituationen wie diese irgendeinen Zusammenhang mit “Global Warming” haben könnten, streitet er auf meinen schüchternen Einwurf hin jedoch ab. Dann hätten sie in den Nachrichten doch was dazu gesagt. Ich tippe auf Fox News. Kennt man auch, dafür brauchts kein Wasser vom Himmel.

Ich habe es in München so sehr genossen, einfach abends in der Stadt herumzulaufen, ohne die Augen ständig auf dem nächsten Meter Gehweg haben zu müssen. Hierzulande neigt man nur zu allerhöchstens funzeligster Straßen- oder Parkplatzbeleuchtung, dafür aber ausgedehnten Schlaglöchern. (Der neugebaute Teil der Bay Bridge, offensichtlich ein Dürrebau, war heute für zwei Stunden gesperrt, da hatte der Regen ganz frische aufgetan.) Die Schlaglöcher sind jetzt alle tiefe Pfützen und weil man nicht sieht, wo man hintritt, hat die kluge Frau ein Paar trockene Socken im Rucksack und ist damit die einzige im Büro, die nicht ständig niesen muß. Kennt man auch, schließlich fällt Wasser vom Himmel.

Bei mir zu Hause ist es wie immer, wenn Wasser vom Himmel fällt: vor dem Haus Pilze, im Bad Ameisen, hinterm Haus Frösche. Wobei erstere ihrer Vermehrung erfreulich geräuscharm nachkommen, letztere hingegen nicht so. Die Heizung rauscht und die Pumpe pumpt.

Kein Grund zur Panik, wenns genug geregnet hat, dann hörts auch wieder auf.