Angekommen

Gut angekommen. Mußte nur kurz die Schrecksekunde verarbeiten, als sich der Herr am Boardingschalter einen Sombrero aufsetzte und quer durch die Abflughalle brüllte: „Are you ready to paaarrrrttyyyyy????“ und fast alle Mitwartenden begeistert (und lauthals) bejahten. Inzwischen weiß ich, die fahren alle weiter nach Cabo San Lucas, da ist Stimmung, da geht es heiß her, es sollen sogar Päpste im Kettenhemd gesehen worden sein – die Langweiler unter den Gästen bleiben hier in San José del Cabo und lassen es ruhiger angehen. Es gibt zwei Cabos, das bedeutet „Kap“ (genau, so wie in Kap der Guten Hoffnung) und zwei Ozeane, den Pazifik und das „Mar de Cortez“, was wieder einmal beweist, daß Völkermord zu nachhaltiger Prominenz führt.

Das weiß ich alles, weil Axel mich vom Flughafen abgeholt hat. Dort hatte er geduldig ausgeharrt, während ich mich zweieinhalb Stunden lang in einer Schlange mit ca. 1000 anderen Menschen in Richtung Immigrationsschalter gestanden habe. Das haben die Mexikaner bei den Amis abgeguckt, sie sind nur freundlicher und wollen weder Retinascans noch Fingerabdrücke. (Sonst stände ich da jetzt noch.) Axel hat mich in der Masse der ankommenden Touristen sofort an meinen „pink glasses“ erkannt. Axel ist definitiv farbenblind. Der Farbton ist ganz klar „Aubergine“. Manno.

Er verlädt mich und meinen Krempel ins Auto und wir kommen ins Plaudern. Axels Lebensgeschichte, von der mir nur noch ganz unwesentliche Details nicht bekannt sind, fängt in Pasadena, Kalifornien an, führt nach Abbruch seiner schulischen Bildung zu Ölfeldern in Dallas („talking about hard work here, Sweetie“) zu einer freundschaftlichen Beziehung zum Management der Dallas Cowboys („y’know, Honey, people meet, people like each other, people help each other“) und von da zu einer Karriere als Reiseleiter für Sportteams, Organisator für Incentive-Trips für Versicherungsmitarbeiter und Eigentumswohnungsanlagenverwalter in Mexiko („couldn’t stay in Cancun after I stopped drinking, Baby“). Den richtigen Zeitpunkt für Weib, Kinder und Seßhaftigkeit habe es entweder nie gegeben oder er war gerade besoffen oder sonst wo. Darum weiß Axel heute mehr über Los Cabos als beide Kaps miteinander und Axel teilt sein Wissen sehr gern. Über den Hurricane dieses Jahr im September („what’s worse than 9/11? I tell you, Honey-pie. For us folks here it’s 9/14.”) und über die unglaublichen Leistungen beim Wiederaufbau. Hier, die Straßenbeleuchtung, kommt wahrscheinlich Anfang Januar wieder – wichtiger sei es gewesen, erst mal wieder Streifen und Leuchtstopper auf der Straße neu zu machen. In meinem Appartment sei die Klimaanlage noch nicht wieder funktionsfähig, aber das sei eigentlich alles. Dabei war soviel zerstört: Alle Fenster zur Meerseite hin zerschlagen, die Eisentür, hinter der auf dem Balkon Waschmaschinen und Trockner versteckt sind, aus den Angeln gerissen und hoch oben auf den Berg geblasen. Manche Steckdosen seien noch mit Vorsicht zu genießen („you’ll find out – avoid the ones with free fireworks“), aber seit heute früh kühle der Kühlschrank wieder und wenn die Klospülung nicht beim ersten Mal tue wie geheißen, dann bestimmt beim dritten Mal. Ich bin noch nicht ganz da, aber ich fühle mich schon wie daheim. (Habe schließlich Carmen heute früh nicht umsonst auf dem Weg zum Flughafen nach einem Klempner ihre Vertrauens befragt – der muß ran, wenn ich wieder zurück bin.)

Was ich denn sonst so vorhätte, will Axel wissen, und wobei er helfen kann. Hmmm… Nahziel ist ein Abendessen – gibts in der Nähe des Condo einen Supermarkt? Nein, direkt nahe dabei nicht, aber wir können auf dem Weg einen Stop bei „MEGA“ machen, da kann ich schnell das nötigste besorgen. Das machen wir! MEGA ist mega und statt der geplanten 10 Minuten brauche ich drei Mal so lange, bis ich meine Siebensachen beieinander habe. Das macht aber nichts, sagt Axel, er parkt und holt schon mal den Wagen und ich soll mir die Zeit nehmen, die ich brauche. Ich hätte da noch viel länger bleiben können; obwohl ich schon so viel Training bei meinem mexikanischen Supermarkt in San Bruno habe, kenne ich hier so vieles noch nicht und täte gerne. Der Einkaufsvorgang wird auch nicht gerade beschleunigt, als ich beim Spanisch-Radebrechen die Wörter „manzanilla“ (Kamille) und „mantequilla“ (Butter) verwechsle – spurte ich halt in Begleitung einer reizenden Mitarbeiterin nochmal durch den ganzen MEGA.

Nach 10 Minuten stehen wir vor meinem Zuhause für die nächsten sechs Tage. Es geht einen steilen Abhang hinauf, von dem steile Treppen nach oben führen. Sehr hübsch, ich werde sehr viel Gelegenheit haben, meine müden Muskeln zu trainieren… (Sowas muß man sich schön reden, sonst käme ich aus dem Fluchen gar nicht mehr heraus.) Axel, der Gute, gibt mir die leichten Sachen und schleppt nicht nur den Koffer, sondern auch die Wasserkiste nach oben und dann bin ich da.

Ich weiß, daß ich vom Balkon aus eine wunderbare Aussicht habe (kenne ich von Photos), jetzt ist aber dunkel; Mexiko macht die Spassetteln mit der Winterzeit nicht mit. Geduscht und mit einem ersten Gläschen Cabo Wabo gerüstet, versuche ich auf der viel befahrenen Straße unten die Brücke auszumachen, über die man gefahrlos zum Strand kommt. Geht nicht. Zu dunkel. Dann begnüge ich mich für heute Abend mit einem Schüsselchen frittierter Camerones als Meerersatz und dem Umstand, daß ich dies in einem ärmellosen Hemmadle auf dem Balkon schreibe.

Apropos Schreiben: die Internetverbindung hier ist so, wie an ganz ganz ganz schlechten Tagen in San Bruno. Bestenfalls „flaky“, wobei es so aussieht, als wäre die Regel, daß das W-Lan Signal besser wird, wenn es Nacht ist. Es mag auch daran liegen, daß Axel fertig ist mit Ballspielgucken, der wohnt nämlich direkt unter mir und hat mehrfach sehr heftig gejubelt. Seit bei ihm Licht aus ist, könnte ich geradezu life bloggen… (Ich habe diesen Post komplett in .word verfaßt und dann copy/pasted. Layout-Schwächen möge man bitte verzeihen.)

Ready to go

Koffer gepackt, Schnorchel und Flossen nicht vergessen, Lektürenauswahl abgeschlossen. Obwohl? Jawohl. Ist abgeschlossen. Nur noch einmal schlafen und morgen früh um 10:00 bringt mich Carmen zum Flughafen. Mexico, ya voy!

Holla!

Kaum zwei Monate nach Bestehen der theoretischen Prüfung, ohne irgendwem wieder was vorzufahren und rechtzeitig vor den Ferien ist er endlich heute angekommen: mein neuer Führerschein! Freut mich ganz besonders, weil ich nun nicht mehr bei irgendwelchen mexikanischen Autoverleihern mit abgelaufener License und temporärem Papierwisch um ein Fahrzeug ersuchen muß, wenn ich mir einbildete, eines zu wollen.

Bravo, Department of Motor Vehicles!Und irgendwann in einer ganz stillen Stunde müßt ihr mir erklären, warum keinem von euch aufgefallen ist, daß mein deutscher Paß dann längst abgelaufen ist – oder warum euch das einen feuchten Kehricht schert.

“Synchronize your Mistletoes”*

Frau hat ja zu tun in der Restwoche vor Weihnachten. Weihnachtsfeier planen und abfeiern lassen, anschließend Restemitgabe organisieren und die Leftover-Lunches für die nächsten beiden Tage. Das Fest scheint ein Erfolg gewesen zu sein; ein Kollege von einem anderen Kontinent meinte, es sei zu erfreulich interessanten politischen und intellektuellen Gesprächen gekommen, “obwohl so viele Amerikaner da waren”. Wir haben uns zum einen darauf geeinigt, daß wir uns natürlich die gescheiteren Amis ausgesucht haben, zum anderen, daß wir diese Beobachtung selbst mit denen nicht teilen werden. Zum dritten muß ich zugeben, daß wir manchmal ganz schön überheblich sind.

Heute flugs meine neue Brille abgeholt, damit ich dann nix mehr muß und den Abend mit den wirklich wichtigen Fragen verbringen kann. (Der Führerschein ist natürlich immer noch nicht angekommen, aber das ist mir inzwischen auch schon wurscht.) Einen Badeanzug oder zwei – oder besser drei, falls die beiden anderen noch nicht trocken sind? Sonnenhut und -creme nicht vergessen. Ladegeräte, ganz wichtig. Was haben die in Mexiko für einen Strom? Ah, der ist wie hier. Und was für Wetter? Ah, gut, warme Tage, kühle Nächte. Umschlagtuch einpacken. Der Bücherstapel ist schon zum dritten Mal umorganisiert – ich habe bloß sechs Tage, und selbst wenn ich zwei Bücher gleichzeitig lese, eines in der rechten, eines in der linken Hand und dabei simultan noch zwei vorgelesen bekomme, komme ich noch nicht einmal viertelt auf das Quantum, das ich gerne einsaugen würde. Und dann habe ich Land und Leute und Wale anzugucken und zu fotografieren. Und zu essen. Und zu trinken. Und zu… überhaupt. Und zu shoppen. Und zu bloggen. Und zu entspannen. Alles in sechs Tagen. Am siebten werde ich in San Bruno ruhen.

Gaaanz langsam, junge Frau. Et kütt, wie et kütt. Und das ist gut so.

* Überschrift in einem der Umsonstblättchen heute im Zeitungskasten (kommt vom Militär, da macht man das mit Uhren).

24°C und sonnig*

Leichte Schauer, die zu Regen werden, der zu einem ausgewachsenen Regensturm wird, hatte der Wettermann heute früh angekündigt, als ich in einem blendend hellen Morgenrot** sonnenbebrillt zur Arbeit fuhr. Nicht erwähnt hatte er, daß diese Niederschlagswechsel fließend (hihi, Wortspiel) innerhalb der einen Dreiviertelstunde stattfinden, in der ich wieder nach Hause unterwegs bin. Mit Scheibenwischer auf 0,3 (doch, das geht beim Passat) über 1 auf Höchststufe und Wasserskifahren. Und ich mußte zwischendrin noch zwei Mal aussteigen, um Zeugs für unsere morgige Weihnachtsfeier zu besorgen, die bei unserem sonst recht zuverlässigen Lieferanten “out of stock” waren.

Ich, der größte Weihnachtsfan von allen, renne im strömenden Regen zum Supermarkt und besorge Candy Canes (rot-weiß-gestreifte Zuckerstangen mit künstlichem Pfefferminzaroma), Hershey’s Holiday Kisses in den Geschmacksnoten besonders widerlich sowie Lebkuchen, plombenziehende Hard-Toffees in saisonal gefärbten Einwickelpapierchen und eklige Russel Stover Boxes of Chocolate und bezahle bei einer Frau mit Elfenhütchen und Leichenbittermiene. Ich hasse Frosty! (Ich wäre nie auf die Idee gekommen, für dieses allenfalls grenzwertig eßbare Zuckerwerk Geld auszugeben, wenn meine amerikanische Gewährskollegin nicht darauf bestanden hätte, daß es sich um integrale Bestandteile von Weihnachten an sich handelt. Sie muß das wissen, ihr hat man von klein auf den Strumpf mit sowas vollgestopft.)

Weiter zum Mexikaner. Der Parkplatz ist eine einzige Pfütze mit vereinzelten sehr tiefen Stellen. Der Regen kommt aus allen Richtungen. Hrrrggnn! Wer ist denn bloß auf die saublöde Idee gekommen, zum Nachtisch als Gegengewicht zu den vielen Potluck-Desserts, auch einen großen Obstteller mit gesunden saisonalen Früchten anzubieten? Ach, ich war das? Saublöd ist die Idee trotzdem. Ich plantsche zur Viktualienabteilung, und suche die besten Mangos, Melonen, Mandarinen und kleine rotbackige Äpfelchen und Birnchen aus. Geht mir doch weiter mit “Feliz Navidad”!

Daheim. Pumpi jodelt und sprudelt Wasserfontänen auf die Straße. Brav! Eigentlich will ich erst mal was Trockenes anziehen, aber vorher muß ich wischen. Die große Pfütze in der Garage, ein paar kleinere im Bad. Kurz überlegt, ob ich mal die Klospülung betätigen soll, immer in der Hoffnung, daß wenigstens die inzwischen wundergeheilt ist? Nein, so mutig bin ich dann doch nicht. Da repariere ich doch lieber schnell wieder das Internet. Das ist in den letzten 10 Minuten drei Mal ausgefallen.

Oder noch besser: ich mache Brotpudding. (Weil bei uns in der Firma so viele gerne kochen und backen, habe ich den Nachtisch beim Caterer wieder abbstellt und stattdessen ein Potluck ausgerufen. Es freuen sich alle. Die, die mit ihren kulinarischen Talenten angeben können und die, die nur essen. Hauptsache, sie loben recht.)

* So ist das Wetter heute da, wo ich am Montag hinreise.

** Genau. Toni ist heute in die Weihnachtsferien abgereist und ich fahre früher los. (Weniger Stau, schöneres Morgenrot.) Gute Reise, Toni und gute Zeit!

Arriba! Arriba!

Nachdem ich meine Kreditkartenfirma überzeugen konnte, daß eine Hotel- und eine Flugbuchung nicht “Fraud” sind, sondern Ferien, steht meiner Abreise nichts mehr im Weg. Außer dem Kalender. Aber so lange isses nicht mehr hin bis zum 22. Dezember.

hola

Mehr Wassergeschichten

Wasser findet ja nicht nur außerhalb des Hauses statt, sondern auch drinnen und zwar idealerweise nach dem Prinzip: Mensch dreht Wasser auf, Wasser fließt nach Benutzung in die Kanalisation ab, fertig.

Wenn die Toilettenspülung statt des zufrieden-satten Nachfüllgurglers nur einen schlammig-schleimigen Rülpser ohne nennenswerten Ablaufeffekt von sich gibt, denkt der schlaftrunkene Nachtpinkler nur oh-oh und geht wieder ins Bett. Etwas wacher sieht er am nächsten Morgen, daß in der Badewanne (!) Restbrühe herumdümpelt, statt wie vorgesehen längst brav durch die Kanalisation in die Bay abgeflossen zu sein. Denke ich mir: “Heiß duschen hilft bestimmt, dann spült das heiße Wasser den Baatz weg und alles gut.” Das, stellt sich heraus, ist ein Trugschluß. Heiß duschen führt nämlich nur dazu, daß die Plörre verdünnt wird. Bleibt nur heftiges Pümpeln. Im Klo, dann steigt der Wasserspiegel in der Badewanne. Im Badewannenabfluß, das erzeugt eine Pfütze vor der Toilette. Hrrrrgggn. Es ist Sonntag. Ich will nicht klempnern.

Brauch ich auch nicht. Der Drugstore oben am Berg führt flüssigen Klempner (“Liquid Plumper”). Das ist ungefähr dasselbe wie Rohrfrei, verzichtet aber auf das Spiel 2 Verschlußkappen Pulver in den Ausguß zu geben und dann den Heimwerkklempner selbst Wasser nachgießen zu lassen. Im Land der ich-habe-mich-an-heißem-Kaffee-verbrannt-und-will-für-meine-Doofheit-Schadensersatz-Haftungsklagen gibt es das Zeug schon fertig verdünnt und die empfohlene Menge ist die ganze Flasche. Vielleicht sollte ich sicherheitshalber gleich zwei mitnehmen.

Der lange Weg zur Kasse führt vorbei an Regalen voller “Wie?-Unser-Gastgeber-hat-Kinder?-Muß-man-denen-was-mitbrigen?”-Instantgeschenkscheußlichkeiten für $5  und Strumpfstopfern (“Stocking Stuffers”), das sind die übrigen Süßigkeiten von Halloween, nunmehr in Rotweißgrün verpackt. Ganz vorne steht ein Sonderverkaufsstand mit Mittelchen gegen Sodbrennen, Völlegefühl und Verstopfung – zum “Holiday”-Preis: beim Kauf einer 200-Pillen-Packung gibt es eine weitere 200-Pillen-Packung zum halben Preis. “Mix and Match”, man könnte sich also ein Schnäppchen zusammenstellen, bestehend aus einer Flasche für die Großen (weiße Tabletten) und einer für die Kleinen (sehr bunte Tabletten). Man könnte sich auch einfach nicht hemmungslos vollstopfen.

Es gelingt mir, den Laden in unter zwei Weihnachtsliedern zu verlassen. Daheim begrüßt mich Pumpi mit einem freundlichen Schwall in den See – so, Plumber, jetzt bist du dran! Und ihr anderen nehmt euch ein Beispiel an Pumpi.

antler car

Wie bei denen erst der Vorgarten aussehen mag? Solche Menschen haben bestimmt auch passende Holiday-PJs. (http://bit.ly/1zSK0SE)

Mikrokosmos

Weil ich beim Mittagessen gerade den Äquivalenzbetrag für ein Mal Brauenschön gespart habe und der Salon einen Steinwurf vom Lunch-Japaner entfernt liegt, springe ich auf einen Zupf bei meinen vietnamesischen Schönheitsspezialistinnen rein. Vor dem Salon ein Wäscheständer voller Scheuerlappen, drinnen drei feudelnde Damen – denen scheint es am Donnerstag ziemlich naß reingegangen zu sein. Eine ist schneller von Begriff als ihre Kolleginnen und pellt die Gummihandschuhe von den zarten Händchen, sobald sie mich an der Tür sieht. Lieber Wachsen und Zupfen als weiter Wischen und Wringen. Ich genieße noch für einen Moment die Aussicht auf den trockenen Camino Real, das liebevoll gestaltete “Get-your-Jingle-Glock”-Banner vom Waffenladen nebenan und das Leuchtschild des Drugstores gegenüber. Ein “Beer and Wine Sale” wird beworben und “20 Jingle Dollars” obendrauf pro halbem Dutzend Weinflaschen.

Während sie zupft, bürstelt und schneidet, denke ich mir eine Geschichte aus. Vom Redneck, der kistenweise Wein heimschleppen und sich die Hucke vollsaufen muß, bis er endlich genug Jingle Dollars für die Jingle Glock zusammenhat, damit er im Frühjahr zum Amoklaufen gehen kann. “Plagiat!” höre ich aufmerksame Leser rufen. Stimmt, solche Geschichten schreibt hier das Leben zu Hauf. Bis auf die wunderbare Währungsumwandlung – die ist von mir.

Aufgehübscht mache ich noch einen Abstecher in den Heilsarmeeladen drei Häuser weiter und da ist sie nun, die richtige Weihnachtsgeschichte, die ganz ohne bösartige Phantasien und Active Shooter auskommt. Die Hauptperson ist ein Hunderl, das im wesentlichen aus Riesenohren und Großglupschaugen zusammengesetzt ist. Sein “Daddy” hatte ihm gleich zwei Geweihe aufgesetzt, eines in Karo, eines in Elch, dazu einen roten Pullover mit weißen Bordüren, ein grünes Mäntelchen und ein Halsband mit Glöckchen dran. Der ganze Laden überschlägt sich in Kieksstimmenkomplimenten. “Doggie, doggie, doggie!” und Herrchen setzt die Töle zum Bewundertwerden in einem Einkaufswagen ab. Denke ich. Da habe ich mich aber getäuscht. Während nämlich das Hunderl vollgesülzt wird – “Doggie, doggie, doggie!” – und abgelenkt ist, kauft sein Daddy die Weihnachtsgeschenke für Fifi. Einen Stoffhund, größer als der Lebende, Spielzeug und einen Holiday-Napf mit Spieluhr und Blinkelicht.

Mit dieser zu Herzen gehenden Geschichte beschließe ich den Vorabend des dritten Advent und gehe mir nun einen Film mit ordentlich Gewalt anschauen. Zu viel süß ist ungesund.

Birthday Lunch

Mein Dicker-Damen-Plantsch-Zirkel hat der Einfachheit halber seine Geburtstage auf Anfang Dezember konzentriert und weil ich die Benjamina in unserem Haufen bin, durfte ich heute beim Nachspratzellunch meinen Anteil nicht bezahlen – “Let’s take the baby out!”

Gruppen-“Baby” bin ich schon lange nicht mehr gewesen; hätt’ ich auch nicht gedacht, daß mir das auf meine alten Tage noch mal passiert.