Wassertherapie

An diesem Sonntagnachmittag ist der Passat das einzige Fahrzeug auf dem Skyline-Boulevard ohne ein Surfbrett auf der Ladefläche. Als wir im Konvoi in Pacifica einfahren, ist der Passat dafür der einzige Wagen, der schnell einen Parkplatz findet, weil seine Fahrerin nicht Brett, Wetsuit und sonstiges Zubehör elendsweit schleppen muß, sondern nur sich selbst und ihren Sonnenhut. Auf ans Wasser!

Der Pazifik schlabbert mir die Füße naß wie ein großer Tolpatschwelpe, Wellen schlagen zu “I hob di lang scho nimmer g’seng” an den Strand, meine Fußsohlen verbrennen im schwarzen Sand und ich lasse sie mir wieder kühlen. Hach! Sonne, Wasser, Weite, Möwengebrüll – es gibt einfach nix besseres für die Seele. Oder? Doch! Erstens, die häßlichen Schlabberquallen verweisen wir des Strandes direkt ins Aquarium nach Monterey, wo sie dann wunderschön hinter Glas tanzen und abgelichtet werden können und zweitens, ein gekühltes Getränk.

Jetzad! Sonne, Wasser, Weite, Möwengebrüll, Blended Green Tea Chai Latte in der einen, einen alten Haas in der anderen Hand und den Hintern schön auf einen backengerecht ausgewaschenen warmen Felsen gebettet. So muß es sich anfühlen, “Das Ewige Leben”.

Aus dem Vokabelheft

Nach und nach hören mehr und mehr Bundesstaaten auf Altvater Tosh und “Legalize it”. Marihuana, kurz Pot, ist in allen Formen zu haben und die Welt geht trotzdem nicht unter. Für die neuen Unternehmer, die mit der Legalisierung dicke Kohle machen, gibt es in der wunderbar versatilen englischen Sprache bereits einen Namen: “Potpreneur”, ein Kompositum aus “pot” und “entrepreneur”, der hiesigen Bezeichung für Unternehmer. Ja, richtig, die haben sie auch woanders “entlehnt”. Aber wer kehrt?

Born to be wild

Lieber Governor Jerry Brown,

nachfolgend mein Beitrag zum Wassersparen angesichts der Dürre in Kalifornien. Wie wäre es denn zukünftig mit “Steppengolf”? Ich stelle mir dabei einen 18-Loch-Sandbunker vor, Wasserbedarf gleich Null.

Nichts zu danken,

Eine Zugereiste

Übertragungsfehler

Ich weiß ganz bestimmt, daß ich bei der Frage “Wollen Sie den totalen Streß inklusive langer Arbeitszeiten und Anderenhinterherarbeiten?” mit besonders fest aufgedrücktem Stift “Nein” angekreuzt habe. Daß ich trotzdem nicht mehr zum Schreiben oder Donnerstagabend-Wasserspratzeln oder irgendeiner anderen vergnüglichen Freizeitbeschäftigung komme, kann ich mir nur damit erklären, daß bei der Auswertung die Stimmenzähler aus Florida am Werk waren.

Bei denen sind seinerzeit auch aus den Löchern für Al Gore Stimmen für Dubya geworden. Dammit!

Wakeup Call

“Weckruf” hat Governor Jerry Brown seine 25%-Wassereinspar-Verordnung genannt, und die, die sich beschwerten, daß er nur urbane Gegenden in die Pflicht und Bauern davon ausgenommen hat, damit abgekanzelt, daß die Farmer Wasser schließlich nicht für “frivole” Zwecke wie zu langes Duschen oder Vorgarten gießen benützten.

So wie’s aussieht, hat er auch die Wind-und-Wettergötter aufgeweckt, für heute Nacht und Morgen sind “heavy rains” mit allem und Hagel vorhergesagt und dazu ordentlich Windböen (“gusty winds”). Auf dem Mount Hamilton (stolze knapp 1300 Meter hoch) soll sogar Schnee fallen. (Das sieht übrigens so aus: http://bit.ly/1FhdatS.)

Hmmm. Wo habe ich eigentlich beim letzten großen Aufräumen meine Regensachen hingepackt?

Digital Cookie

Digital Cookie?? Ist das sowas wie Diät??? schreibt mir heute die CEO der “Girl Scouts of the USA” mit in der Anzahl korrekt zitierten Fragezeichen, um mich gleich darauf zu beruhigen. No!!! ist es nicht. Ganz anders. Der alljährliche Keksverkauf der Pfadfinderinnnen, eine genauso uramerikanisches Ikone* wie Apple-Pie und Barbecue** hat einen ganz großen Sprung nach vorne gemacht und betreibt jetzt auch Online-Handel. Tatsach! Im Internet gibts Cookies… Hahaha.

Ich habe bis heute keinen Amerikaner getroffen, der Girl Scout Cookies mag. Man kauft sie, weil einem die unformierten Mädchen mit ihren Klapptischen und Sammelbüchsen in den zugigen Supermarkteingängen leid tun und sieht zu, daß man die Schachteln anschließend irgendwie weiterbringt und nicht jeder weiß sich dieser guten Gaben so geschickt zu erwehren wie damals der Obdachlose in San Francisco, der in der “Girl Scout Cookie Season” vor seiner Sammelbüchse ein Schild angebracht hatte: “Keine Kekse bitte. Ich bin Diabetiker.” (War gar nicht wahr, hat er mir selbst gesagt.)

Mir schmecken sie auch nicht und ich werde den Teufel tun und meine armen Kollegen mit einer Sammelbestellung quälen. Nix da!

Dennoch möchte ich mich bei den onlinenen Girl Scouts für die äußerst lehrreiche Lektion in Soziologie bedanken; quasi “Was Sie schon immer über Amerikaner wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten” – siehe die FAQ: http://bit.ly/11OirwB. An ihren Fragen sollt ihr sie erkennen!

* Die Ikone ist nicht von mir, das sagen die über sich selbst.

** Barbecue. Wird grundsätzlich mit BBQ abkürzt, weil keiner das aus dem Französischen entlehnte Wort richtig schreiben kann. (Ich habs nachgeschlagen.)

Aus dem Vokabelheft

Obwohl die Heuchelei es nicht ganz bis in die Riege der Todsünden geschafft hat, steht sie ständig in der Bibel. Kleine Auswahl gefällig? “Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge, und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge?”, “Der Pharisäer stand und betete bei sich selbst also: Ich danke dir, Gott, daß ich nicht bin wie die anderen Leute.” “Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet.” und “Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.” usw. usf.

Der angelsächsische Volksmund ist bei seiner Idiomfindung näher am heimischen Herd geblieben und sagt in solchen Fällen “it’s the pot calling the kettle black”. Frei übersetzt: “Sagt der rußige Topf zum rußigen Wasserkessel: Mann, bist du aber schwarz!” oder richtig ordentlich lokalisiert: “Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.”

Und weil alle so brav aufgepaßt haben, gibt es zur Belohnung ein Lehrgedicht:

“Oho!” said the pot to the kettle;
“You are dirty and ugly and black!
Sure no one would think you were metal,
Except when you’re given a crack.”

“Not so! not so!” kettle said to the pot;
“‘Tis your own dirty image you see;
For I am so clean – without blemish or blot –
That your blackness is mirrored in me.”

Maxwell’s Elementary Grammar, 1904

Lumpenpack

Ein PAC (Political Action Committee) ist eine Interessengruppe zum Zwecke des Sammelns von Spenden für Politiker und deren Wahlkämpfe. Sie haben in den Augen von Parteien allerdings ganz ekelhafte Nachteile, denn nicht nur ist die Höhe der Einzelspenden streng gedeckelt, nein, der Politiker muß auch noch öffentlich angeben, wann er wieviel von wem bekommen hat. So kann sich eine politische Fachkraft doch nicht erfolgreich an den Meistbietenden verkaufen! Da muß man doch was tun?

Ganz richtig. Im Jahre 2010 stimmten Demokraten und Republikaner in einer Eintracht, wie man sie sonst nur bei der Erhöhung von Diäten sieht, für die Einführung sogenannter “Super PACs”. Ein Zusammenhang mit der zwei Jahre später anstehenden Präsidentschaftswahl bestand zu keiner Zeit. Sagen sie, ebenfalls einträchtig. Ein Super PAC darf alles, was einem Einfachnurso-PAC streng verboten ist: unbegrenzte Geldmengen von jedem einsammeln – “the sky is the limit” – und, das ist eine wirklich geniale Volte, selbst festlegen, wann er die Namen seiner Spender offenlegt (“file a report”), monatlich oder quartalsweise. Das heißt, daß das Stimmvieh irgendwann nach den Wahlen möglicherweise erfährt, wer sich den neuen Präsidenten gekauft hat. Wer das für übertrieben hält, sehe sich die Zahlen aus dem 2012er-Wahlkampf an: die mit den allerdicksten Spendierhosen waren nicht, wie man annehmen könnte, Unternehmen, sondern reiche Privatleute. 80% der Gesamtspendensumme kam von gerade mal 100 Very Richie Riches. Das meiste Geld floß damals übrigens nicht in Werbung für den eigenen Kandidaten, sondern in Schmutzkampagnen gegen alle anderen.

Irgendein Feigenblättchen wollten sie dem freien Handel mit politischer Macht im Jahre 2010 wohl doch noch umhängen, darum ist es Super PACs verboten, Wahlkampspenden- und kampagnen direkt mit dem Kandidaten zu “koordinieren”. Ui je, und jetzt? Alles Augenwischerei. Wie man eine kleine Koordinationszwischenholding zum Zwecke der Verschleierung von Kapitalflüssen gründet, ist dieser Klientel doch nun nicht fremd. Es ist im weiteren übrigens legal, die Kampagne und weitere Maßnahmen über die Medien zu diskutieren. WTF?

Amerika steht zum Verkauf. Noch verstecken sich die Superreichen des Landes hinter den patriotisch-wohlklingenden Namen ihrer Super PACs wie “Stand For Principle” (Ted Cruz), “Right To Rise” (Jeb Bush), “We The People Not Washington” (George Pataki), “Ready for Hillary” (okay, der ist selbsterklärend), “Opportunity And Freedom” (Rick Perry), “Priorities USA Action” (Barack Obama). Ich bin gespannt, ob’s das bei der 2020-Wahl überhaupt noch braucht.

Fred Wertheimer, Präsident der unabhängigen Gruppe “Democracy 21” macht sich keine Illusionen mehr: “It’s open season” (die Jagd ist eröffnet).

Für Joseph Beuys

Ganz früher mal gab es blütenlose Landschaften, da hatten die Bewohner fürzisch Jahre lang nüscht. Sowas prägt, auch die dem real existierenden Sozialismus nachfolgenden Generationen. Ich zum Beispiel kenne wen, der Butterpanikkäufe tätigt. Bei jedem Lebensmitteleinkauf. Hat Vorteile, unbestritten. Wenn hier wegen der Apokalypse wirklich mal alle Läden und von mir aus auch noch Tankstellen geschlossen sind, weiß ich immerhin, wo noch viel Butter zu holen ist.

Neu war mir, daß Sonnenblumenöl ein ähnliches Nimm-was-du-kriegen-kannst-Phänomen hervorzurufen scheint. Und zwar bei mir. Ich habe vorhin entdeckt, daß ich inzwischen drei volle Flaschen in meinem Vorratsschrank habe. Zugegeben, der Lebensmittelhändler unseres Vertrauens betreibt eine recht volatile Nachschubpolitik, aber trotzdem.

Warnung: Fettverlustängste sind offensichtlich nach längerer Inkubationszeit ansteckend.

ALOR*

Es regnet. Und zwar *A Lot Of Rain. Ich bin umgeben von ungewohnten Klängen, Reifen schwallen durch Pfützen, es trommelt aufs Blechdach, Querschlägertropfen spritzen auf Fenster. Paßt!