Nachtkritik: Vorhin im Prinzregententheater – “Die letzten Tage der Menschlichkeit?”

Im Rahmen der Münchner Opernfestspiele 2025 recht unspektakulär als “Liederabend” angekündigt, dürfte es den meisten Menschen im Publikum gegangen sein wie mir, nämlich, dass man dem ansonsten sehr unsäglichen Egbert Tholl von der Süddeutschen zu Dank verpflichtet ist, weil der vor ein paar Tagen ein Interview mit den Künstlern Georg Nigl (Bariton), Nicholas Ofczarek (Sprech- und Sprachkünstler) und dem Pianisten Vladimir Jurowski geführt und damit Aufmerksamkeit für diesen Abend geweckt hat. Also, ausnahmsweise, Herr Tholl: Besten Dank.

Drei absolute Ausnahmekünstler präsentieren im ausverkauften Prinzregentheater die Erkenntnis: “Wir werden nicht gescheiter, wir sind einfach gleich blöd wie immer”. Ofczarek spielt (nur lesen kann man das, was er da tut, nicht nennen) Szenen aus “Die letzten Tage der Menschheit” von Karl Kraus, Nigl singt, kongenial von Jurowski begleitet, Lieder von Mahler und Eisler, mit Texten aus des Knaben Wunderhorn, Brecht und Tucholsky. Alles eigentlich eine Auseinandersetzung mit dem “Großen Krieg”, dem ersten der nummerierten Weltkriege, dennoch verstehen die heute und hier Anwesenden, dass die Menschheit nichts gelernt hat. Nicht aus dem ersten, nicht aus dem zweiten Weltkrieg und auch nichts aus allen nachfolgenden. Krieg ist Krieg ist Krieg und findet immer aus den dümmsten Gründen statt.

Die vorletzte Nummer ist Pete Seegers “Sag mir, wo die Blumen sind”. Eigentlich schon ganz und gar ausgelutscht, niedergeklampft in den hinteren Busreihen beim Schulausflug. Dennoch gelingt es Nigl und Ofczarek beim gemeinsamen Vortrag, das Lied klingen zu lassen, als wäre es gestern und da für die Ewigkeit geschrieben worden.

Meine Fresse! Ich habe den Mund erst beim langanhaltenden Schlußapplaus wieder zugekriegt. Was für Könner! Danke!

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