Zum Glück habe ich meinen alten US-Amazon-Account nie gekündigt und da heute diese Kleinod ausgegraben.
Die Handlung basiert wohl auf einer “wahren Geschichte” (sowas mag ich eigentlich nicht) und geht wie folgt: Nach dem Tod ihrer Mutter beschließt die Tochter (Lena Dunham) eines Holocaust-Survivor-Elternpaares gleich nach Öffnung des Eisernen Vorhangs in den frühen Neunzigern nach Polen zu reisen, um dort mehr über ihre Herkunftsfamilie zu erfahren. Ihr alter Vater (Stephen Fry) entscheidet sich, auch mitzukommen.
Die beiden geraten ständig aneinander. Sie hat einen genauen Zeit- und Reiseplan, schon alle Zugfahrkarten im Voraus erstanden. Er hat einen (mehr als verständlichen) Aber vor polnischen Zügen, wobei es dauert, bis ihr klar wird, warum. Es gelingt diesen beiden Ausnahmeschauspielern, dass man sie beide versteht und fast physisch mitleidet, wenn sie aneinander verzweifeln, weil so vieles nie gesagt wurde. Dennoch ist der alte Herr nicht nur Überlebender, sondern auch und vor allem Lebender, ein Bonvivant, der tanzt und singt und trinkt und “The Sex” hat – etwas, womit sie, die sich selbst unter ein Diktat von gesunder Ernährung sowie sehr amerikanischer Besserwisserei gestellt hat (bespielsweise erklärt sie dem sehr verblüfften Hotelrezeptionisten, dass Auschwitz eben kein Museum, sondern ein Todeslager sei), einfach nicht zu Rande kommt. Dunham ist die ideale Besetzung für diese Rolle!
Regisseurin und Autorin Julia von Heinz ist da ein sehr guter Film gelungen und ihre beiden Hauptdarsteller sind wunderbar besetzt. Unbedingt ansehen! Ansehen! Ansehen.
Nachbemerkung: Gar nicht gut ist, dass man bei Stephen Frys Akzent so sehr geschlampt hat. Seine Figur Edek soll amerikanisches Englisch mit osteuropäischem Akzent sprechen. Tut er auch. Manchmal. Dabei kommt dann sowas raus: “I do not speak in such a way. My English is much more good.” Und man hört und sieht Fry an, wieviel Spaß er am Sprache verbiegen hat. Aber dann rutscht ihm doch wieder britisches Queen’s English dazwischen (seine privatschulgeprägte Muttersprache) oder irgendein schlampiger amerikanischer Akzent. Und weil keiner aufpasst, wirkt ausgerechnet der große Stephen Fry gelegentlich wie eine Knallcharge. Da musste ich mich sehr ärgern.