Ab jetzt ist alles langsamer.
Gemächlich purzeln nacheinander die Koffer auf das sich ruhig drehende Gepäckband und obwohl viele der Fluggäste Deutsche sind, schubst und drängelt keiner. Vielmehr freut man sich, dass nach geraumer Zeit die Habe, die man in München “aufgegeben” hatte, doch wieder zum Vorschein kommt. Gemütlich vor den Flughafen rollern, ein Zigarettchen, und da eilt sie auch schon herbei, die abholende Freundin. Mensch und Gepäck werden ins Auto verbracht und wir sind auf dem Weg zur Venta zwischen hier und daheim. Weil Hunger.
Ventas sind eine sehr feine Einrichtung. Meist ziemlich schmucklos am Wegesrand gelegen, mit großem Parkplatz, schattiger Terasse und schwer kalt klimatisiertem Innenraum kann man dort kleine und große Mahlzeiten bekommen und alles einkaufen, womit die Region an Leckereien aufzuwarten hat. Vale. Wir nehmen vom Herrn neben uns mit dem Kofferraum voller Melonen erst mal Pröbchen und dann zwei dicke große Melonen (die eigene Ernte, erfahre ich, war dieses Jahr nicht zufriedenstellend). Wie? Ja, doch, wir wollen trotz der vom Kellner sehr bestöhnten “Calor” draußen sitzen bleiben. Nein, nicht drin im Kalten. Wir bestellen viel Wasser wg. Calor und außerdem vier halbe Portionen dies und das, die wir dann – draußen unter milder Sonne und umspielt von einem milden Lüftchen, mit Mühe aufgegessen bekommen. Verstehen kann er diese Frischluftobsession nicht. Nicht mal, als er uns Kaffee bringt. Dabei ist es doch sooooo schön! Hach!
Die Landschaft, durch die wir gefahren sind, hat diese wunderschöne sonnengilbe Bleiche, die mich so sehr an die kalifornischen Nachsommer erinnert. Hach! Und hat sich dennoch verändert: EU-Subventionen sind auch in Andalusien angekommen: viele der alten Olivenhaine sind verschwunden, an ihre Stelle sind neu gepflanzte Obstplantagen getreten, in Reih und Glied, von Lebensmittelkonzernen betrieben. Wo früher Sonnenblumen und Baumwolle oder einfach nichts fast wie wild wucherten, wächst jetzt bewässerungsbedürftiges anderes Gut. Der einst mächtig blaustrahlende Stausee am Fuße von Karins Berg ist zu einem lumpigen Stautümpel verkommen.
Angekommen, begrüße ich Pferde, Katze, Boyfriend, Hunde, Haus, packe meinen Koffer aus und wechsle ins leichte Flattergewand, das ich in nächster Zukunft nicht mehr abzulegen gedenke. Hallo Pool. Mein alter Freund. Wir werden viel Zeit miteinander verbringen und ich werde bestimmt auch nicht mehr frieren, sobald ich es raus habe, wie man nah an der Oberfläche schwimmt, wo die leichte Pool-Sommerdecke das Wasser warmgehalten hat. So verwirble ich mit meinem aktiven Stil erst mal kalte und warme Wasserschichten bin bald stärker abgekühlt, als geplant. Nun ja, ich bin ja auch noch neu hier.
Zur Zeit weht hier aus dem Westen “El Poniente”, der sich tagsüber als stetes erfrischendes Windchen zeigt. Wenn es dunkel wird: Kuschelhoodie.
Des Abends ist alles wie immer, Zahara von gegenüber schmeißt sich ins hübsche Lichtgewand, die Schafe nebenan gehen laut mähend zur Ruhe (ich schätze, die zählen durch und fallen dabei in ihren Schafschlaf), die Hunde von den Hügeln gegenüber geben ihre Lagemeldungen durch (alles in Ordnung, wie es scheint) und die Dorfjugend dreht die Bässe auf. Bei uns gibt es unter sternenklarem Himmel Nachspeisen, Melone, natürlich, und feinsten Quittencrumble und dann gehen selbst wir rein und schlafen.
Und jetzt ist die erste Nacht schon vorbei, die Sonne lacht, die Hunde und Schafe rundrum sind auch schon wach und mich hat das Geräusch scheppernder Blechnäpfe auf Fliesenboden aus dem Bett geholt. Wenn wir uns ranhalten, schaffen wir es sicher noch, vor Mittag zu frühstücken. Wenn nicht, dann nicht.
Ich bin jetzt auf andalusischer Zeit.