Ich komme ja vom Wort, also habe ich in meiner seinerzeit aus der Altpapierkiste vor St. Ursula geborgene Bibel nachgelesen, ob das, was ich mir gestern beim Schauen und Hören zusammengereimt hat, auch soweit richtig war.
Im Anfang erschuf Gott Himmel und Erde. Die Erde war wüst und wirr und Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem Wasser. Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht. Gott sah, dass das Licht gut war. Und Gott schied das Licht von der Finsternis. Und Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht. Es wurde Abend und es wurde Morgen: erster Tag.
Ja, passt. Wir hatten Sitzplätze auf Stühlen gewählt und damit auch einen guten Blick auf die drei hohen Fenster hinter dem Altar – im Gegensatz zu den Love-In-Lümmelpolstern auf dem Boden mitten im Kirchenschiff. In dieser ersten Phase schwirren zu Musik von Mahler abstrakte monochrome Formen, mehr noch Linien, über den “Himmel”.
Dann sprach Gott: Es werde ein Gewölbe mitten im Wasser und scheide Wasser von Wasser. Gott machte das Gewölbe und schied das Wasser unterhalb des Gewölbes vom Wasser oberhalb des Gewölbes. Und so geschah es. Und Gott nannte das Gewölbe Himmel. Es wurde Abend und es wurde Morgen: zweiter Tag.
Das geschieht sehr passend zu Inertia “Carbon Based Life Forms”. Die vorherrschende Farbe ist nun Blau und man meint, die ersten Einzeller blubbern zu sehen.
Dann sprach Gott: Es sammle sich das Wasser unterhalb des Himmels an einem Ort und das Trockene werde sichtbar. Und so geschah es. Und Gott nannte das Trockene Land und die Ansammlung des Wassers nannte er Meer. Gott sah, dass es gut war.
Es ist den Veranstaltern gelungen, das Werden unseres blauen Planeten zu visualiseren – dieser Abschnitt war für mich der schönste. Weil aber der Herrgott offensichtlich noch Zeit hatte…
Dann sprach Gott: Die Erde lasse junges Grün sprießen, Gewächs, das Samen bildet, Fruchtbäume, die nach ihrer Art Früchte tragen mit Samen darin auf der Erde. Und so geschah es. Die Erde brachte junges Grün hervor, Gewächs, das Samen nach seiner Art bildet, und Bäume, die Früchte tragen mit Samen darin nach ihrer Art. Gott sah, dass es gut war. Es wurde Abend und es wurde Morgen: dritter Tag.
… füllte sich der Raum mit Gingko-Blättern, allerlei anderem Blattwerk und dann kamen die bunten bunten Blumen. Imposant. Mächtig. Brausende Orgel, stimmgewaltige Chöre. Haydns Schöpfung.


Dann sprach Gott: Lichter sollen am Himmelsgewölbe sein, um Tag und Nacht zu scheiden. Sie sollen als Zeichen für Festzeiten, für Tage und Jahre dienen. Sie sollen Lichter am Himmelsgewölbe sein, um über die Erde hin zu leuchten. Und so geschah es. Gott machte die beiden großen Lichter, das große zur Herrschaft über den Tag, das kleine zur Herrschaft über die Nacht, und die Sterne. Gott setzte sie an das Himmelsgewölbe, damit sie über die Erde leuchten, über Tag und Nacht herrschen und das Licht von der Finsternis scheiden. Gott sah, dass es gut war. Es wurde Abend und es wurde Morgen: vierter Tag.
Es wurde wahrhaftig Licht. Unzählige Laternen stiegen gen Himmel. Sehr schön. Ich hätte jetzt erwartet, dass als nächstes Tiere kreuchen und fleuchen und aus Adams Rippe die Krone der Schöpfung geschaffen wird. War aber nicht – und das ist dann auch der einzige Vorwurf, der dem Veranstalter zu machen ist: es wäre schön gewesen, wenn die Information zu allem früher zur Verfügung gestanden hätte und nicht verschämt in einem Kasterl in einer dunklen Ecke am Ausgang.
Sonst? Hach! Schade, dass die Freundin, deren Geburtstagsgeschenk es gewesen wäre, krank geworden ist. Wir probieren es noch mal, beim nächsten Mal. Versprochen.