Gelesen: Susanne Saygin – “Crash”

Wie ich schon in meiner Rezension des Sayginschen Erstlings “Feinde” angekündigt (https://flockblog.de/?p=45666), wollte ich mir bei Gelegenheit auch diesen zweiten Band vornehmen, und welche bessere Gelegenheit fürs Dicke-Wälzer-Weglesen gibt es, als 2 x über vier Stunden Zugfahrt?

Hmmm. Ja. In den ersten hundertfuffzig Seiten läßt sich die Story an sich gut an. Frau Saygin trennt ihre Helden voneinander und läßt Isa allein, ja, weiß nicht, “ermitteln” irgendwie; nicht länger mehr in Köln, sondern undercover in Berlin. Wegen Atmo und so. Sie kennt sich im psychotherapeutischen und im Drogenslang (dit is Bahlin!) aus und hat offensichtlich auch schon einmal in einer namhaften Kanzlei das dortige Gockelmachomachtgehabe mitbekommen. Soweit, so Atmo, so cool geschrieben. Fein.

Doch dann geschehen Sätze wie diese anatomische Unmöglichkeit “…während sie auf unfassbar obszöne Art übergroße, fleischrote Erdbeeren zwischen die leicht geöffneten Lippen gleiten ließ” und gleich auf der Seite nach der Hommage an den ollen Kinski wird das Wesen der Maßschusterei erklärt “…diese beiden alten weißen Männer in ihren Maßanzügen aus London und den auf individuellen Leisten gefertigten Schuhen” und mir steigt langsam die Galle hoch. Haben die bei Heyne den Lektor noch in der Probezeit rausgeschmissen?

Die Inhalte bewegen sich zwischen Wirtschaftsverbrechen, (faschistischer) Weltverschwörung und Werbung und interessieren mich zunehmend weniger. Der vor kurzem noch hoffnungsfrohe Lektor meldet sich zwischenzeitlich arbeitslos und dieser Satz geht in den Druck: “Etwas in Isa verschob sich. Moralische Glaubenssätze rammten gegeneinander und verkanteten sich wie tektonische Platten.”

Und dann habe ich diesen mit dem Deutschen Krimipreis 2021 ausgezeichneten Schund nur noch ausgelesen, weil der Zug erst in Aschaffenburg und es draußen schon dunkel war.

Nicht lesen. Lieber die Wand anstarren.

Add a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *

three × two =